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WTF

Dieser Typ hat Tacos aus seinem amputierten Fuß gemacht

"Einer meiner Freunde musste mich in eine Serviette ausspucken."
Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von ncrediblyShinyShart 

Würdest du menschliches Fleisch probieren, wenn es eine ethisch vertretbare Möglichkeit dazu gäbe? Es ist eine dieser Fragen, die man sich normalerweise stellt, nachdem man bekifft Das Schweigen der Lämmer geschaut hat – und die man gleich danach wieder ad acta legt.

Anders als der Reddit-User IncrediblyShinyShart, der in einem sehr ausführlichen und äußerst verstörenden Posting davon erzählt, wie diese hypothetische Frage für ihn nach einem Verkehrsunfall plötzlich sehr konkret wurde. Ein Auto hatte sein Motorrad erfasst, ihn quer durch den Wald geschleudert und seinen Fuß derart zertrümmert, dass er nie wieder darauf gehen können würde. Als der Arzt ihn fragte, ob er ihn amputiert haben wollte, lautete seine Gegenfrage nur: "Darf ich ihn behalten?"

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Der Arzt sagte ja. Und so begab es sich, dass Mr. Shart am Sonntag, dem 10. Juli 2016 – drei Wochen nach seinem Unfall – zehn seiner Freundinnen und Freunde zu einem sehr speziellen Brunch einlud. Er kredenzte Apfelstrudel, Quiche-Häppchen, Fruchttörtchen und Schokoladenkuchen. Zu trinken gab es Gin-Limonade-Punsch und Sekt Orange. Und schließlich folgten als Hauptgang Fajita-Tacos gefüllt mit Shinys abgetrennter Gliedmaße.

Strenggenommen gibt es in den USA kein Gesetz gegen Kannibalismus. Idaho ist der einzige Staat, in dem der Verzehr von menschlichem Fleisch zu Haftstrafen führen kann – und ein Netz aus Gesetzen gegen Mord, Verkauf und Ankauf von Menschenfleisch und Leichenschändung machen Kannibalismus zugegeben etwas schwierig. Aber technisch gesehen ist es dennoch in 49 von 50 Staaten legal, sich selbst (oder einander) zu essen, wenn man es schafft, durch dieses Laser-Labyrinth aus Hindernissen zu manövrieren. Natürlich ist es eher selten, dass jemand, der (stückchenweise) gegessen werden möchte, auf jemanden trifft, der diese Person auch essen will – aber selbst wenn, wirft dieses Szenario einen ganzen Kochtopf an ethischen Fragen auf. Ein Belgier namens Detlev Gunzel wurde etwa zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, nachdem er einen polnischen Geschäftsmann mit dessen Zustimmung geschlachtet und gegessen hatte.

Im Fall von IncrediblyShinyShart, der lieber anonym bleiben möchte, war Kannibalismus aber nicht nur legal, sondern auch ethisch vertretbar. Ein Vorkommnis, das in etwa so selten ist wie ein kluger Satz von Andreas Gabalier oder ein Tag, an dem Sebastian Kurz nicht mit irgendwelchen Routenschließungssagern von seiner Regierungsarbeit abzulenken versucht.

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Mr. Shart hat den gesamten Vorgang minutiös mit Fotos dokumentiert, aber aufgrund ihrer doch eher drastischen Natur haben wir hier einige davon ausgespart. Das gesamte Fotoalbum könnt ihr euch bei Interesse allerdings hier ansehen. Wir haben den 38-Jährigen gefragt, warum er seinem Freundeskreis seinen Fuß servieren wollte, wie er selbst eigentlich so schmeckt und inwiefern ihn das Erlebnis verändert hat.

VICE: Warum?
Shiny: Ursprünglich wollte ich meinen Fuß ja ausstopfen oder schockgefrieren. Wie cool wäre es gewesen, einen ausgestopften oder schockgefrorenen Fuß in seinem Haus herumstehen zu haben, als Lampe oder Türstopper oder sowas in der Art? Diese ganzen Überlegungen kamen daher, dass es mein eben mein eigener Fuß war und ich ihn nicht einfach entsorgen wollte. Er ist ein Teil von mir und ich wollte ihn behalten.

Wie hast du den Arzt davon überzeugt, dass er ihn dich behalten ließ?
Die meisten Krankenhäuser in den USA haben bestimmte Richtlinien dafür, abgetrennte Körperteile auszuhändigen – weil manche Religionen vorschreiben, dass man als Ganzes begraben werden muss –, also habe ich einfach die nötigen Formulare ausgefüllt und konnte ihn mir dann abholen. Meine Mutter, die mir dabei geholfen hatte, nach dem Unfall wieder auf den Füßen zu landen, sozusagen, fuhr mich zum Krankenhaus. Dort bekam ich meinen Fuß in einem roten Biomüll-Plastikbeutel überreicht. Es war ziemlich bizarr.

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Wie hast du ihn für das Festmahl erhalten?
Als ich zurückkam, habe ich ihn sofort eingefroren. Leider fand ich keinen Präparator, der mich ernst nehmen wollte und schockgefrieren war zu teuer. Es hätte mich 1200 Dollar gekostet. Ich beschloss stattdessen, einen Gipsabdruck machen zu lassen, um ihn als Türstopper zu verwenden und daraus ein 3D-Modell zu erstellen; für kleine Schlüsselanhänger in Fußform.

Als ich ihn zuhause aus dem Beutel nahm, war mein Fuß voller Blut und Jod – es war richtig widerlich. Nachdem ich ihn gesäubert hatte, war ich angenehm überrascht, wie gut er erhalten war. Immerhin hatten sie ihn nicht in Formaldehyd eingelegt oder so. Allerdings, wenn man an "dry aged" Steak denkt, ergibt das alles schon wieder Sinn, denke ich.

Ich hatte zu dem Zeitpunkt vier Freunde bei mir. Es war surreal. Wir haben ihn hochgenommen und damit herumgespielt. Für mich wirkte es nicht mal mehr wie ein echter Fuß, eher wie ein Gegenstand. Es gab auch keinerlei emotionale Verbindung mehr. Ich dachte mir zwar "Jap, das ist mein Fuß", aber ich fühlte keine tiefe innere Verbundenheit, die es komisch machte, dass ich damit herumspielte. Genau genommen war das Komischste daran, dass es nicht wirklich komisch war.

Wie hast du den Fuß dann genau für den Verzehr vorbereitet?
Bevor wir den Abguss machten, holte ich schnell noch ein Messer aus der Küche und schnitt ein Stück Schienbein herunter. Die Haut war von der Operation bereits zum Teil abgelöst, sodass ein großes Stück Muskel freigelegt war. Ich nahm den Muskel, packte ihn in einen weiteren Plastikbeutel und stellte das Ganze in den Tiefkühler. Kennst du die Szene in National Lampoon’s Vacation, wo Chevy Chase einfach nur sagt: "This is crazy, this is crazy, this is crazy"? Genau so war's. Ich dachte mir nur: "Das hier ist wahrscheinlich das Komischste, das in meinem Leben passieren wird. Ich hoffe, es passiert nichts noch Komischeres." Danach machte ich ein paar Fotos, legte den restlichen Fuß in eine Schachtel mit Blumen und verbrannte ihn.

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Wie hast du zehn Leute dazu gebracht, ihn mit dir zu verspeisen?
Eigentlich habe ich ja elf Leute eingeladen. Ich habe sowas gesagt wie: "Wisst ihr noch, als wir darüber geredet haben, ob und wie wir Menschenfleisch essen würden, wenn es eine ethisch vertretbare Möglichkeit dazu gäbe? Ha! Tun wir's jetzt oder was?" Zehn haben ja gesagt. Ich schätze, wir sind einfach eine komische Truppe.

Eigentlich waren es mehrere Freundeskreise. Eine Gruppe war sofort dabei. Wie oft bekommt man schon so eine Chance? Eine Freundin fragte gleich ihren Freund, der Koch war, ob er ihn für uns alle zubereiten würde. Es war perfekt.

Die finale Gesellschaft bestand aus dem Koch, seiner Freundin, die auch meine Ex-Freundin war, einem Studienkollegen, zwei Freunden, die ich erst ein paar Jahre in meinem Leben hatte, zwei andere, mit denen ich seit über zehn Jahren befreundet war, und ihre Tochter, die mir auch beim Eingipsen geholfen hatte. Es war eine enge Gruppe.

Wie genau lief die Zubereitung ab?
Ich habe dem Koch von meinem Plan erzählt und er meinte nach kurzem Nachdenken: "Passt, machen wir. Kommt einfach morgen vorbei." Er hat meinen Fuß über Nacht mariniert und mit Zwiebeln, Pfeffer, Chilis, Salz und Limettensaft angebraten. Serviert wurde das Ganze dann mit Mais-Tortillas und Tomatensaft. [Hier könnt ihr das Rezept nachlesen.]

Und jetzt die vielleicht offensichtlichste, aber trotzdem wichtige Frage: Wie hat es geschmeckt?
Leute denken, es schmeckt nach Schwein, aber das Stück, das wir hatten, schmeckte extrem nach Rind. Es hatte einen sehr ausgereiften Geschmack. Der Muskel war eher zäh; er hat zwar gut geschmeckt, aber die Konsistenz war nicht die beste.

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Du sagst auf Reddit: "Einer meiner Freunde musste mich in eine Serviette ausspucken." Wie war der Rest eures Mahls so?
Wir hatten dieses flaue Gefühl im Magen vor lauter Vorfreude. Wir haben uns alle mit diesem Blick angesehen, der sagte: Wir machen das wirklich, oder? Wir machen's!

Wir haben auch alle wirklich schwarzen Humor. Deshalb lief es auch so gut, denke ich. Die ganze Zeit über wurden Witze gemacht. Ich sagte an einer Stelle: "Heute war ich in zehn meiner besten Freunde gleichzeitig", und am nächsten Tag bekam ich einen Anruf von einem von ihnen, der nur sagte: "Nur damit du's weißt, heute hab ich dich ausgeschissen. Sorry."

Es hatte auch etwas Verbindendes. Wir teilten diese einzigartige Erfahrung miteinander – und ich konnte dieses Kapitel meines Lebens ein für alle Mal abschließen.

Du hast geschrieben, dass diese Mahlzeit dir geholfen hat, mit deinem Unfall abzuschließen. Was meinst du damit?
Es war scheiße. Ich erinnere mich daran, wie ich durch die Luft flog. Ich erinnere mich daran, wie das Auto mich rammte. Ich weiß noch, wie ich im Wald saß, den Helm abnahm und diesen stechenden Schmerz spürte. Ich habe an mir runtergesehen und da baumelte mein Fuß: gebrochen, entstellt, dreckig.

Aber ich hatte großes Glück, nicht in einer verlassenen Gegend zu sein. Eine Schülerin, die gerade ihren Abschluss macht, kam zufällig vorbei und half mir, mein Bein abzubinden. Sie hatte zufällig gerade einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert. Ein Rettungssanitäter, der eigentlich keinen Dienst hatte, war innerhalb von 15 Minuten zur Stelle.

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Viele Dinge sind wirklich auf die bestmögliche Art passiert. Bis auf meinen Fuß hatte ich keine Verletzungen. Ich hatte noch einen kleinen Schnitt am Nacken, aber sonst war ich völlig unversehrt! Ich bin nachher noch mal an die Unfallstellen gefahren, um mich umzuschauen. Ich bin durch mehrere Bäume geflogen und hätte locker sterben können.

Ich weiß noch, als ich im Krankenhaus weinend aufgewacht bin und mich gefragt habe, wie mein Leben jetzt bloß weitergehen würde. Nach zirka einer Woche beschloss ich, meinen Fuß abtrennen zu lassen. Es war wirklich ein Wendepunkt in meinem Leben. Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich nie echte Probleme gehabt; ich bin ein weißer Mann aus der Mittelschicht, ohne wirkliche Prüfungen im Leben. Ich hatte es immer einfach und das weiß ich auch. Aber so blöd es klingt, bis zu meinem Unfall wusste ich mein Leben und die Menschen um mich herum nicht wirklich zu schätzen.

Das viele Mitgefühl hat mich wirklich verändert. Umso wichtiger war es mir, auf den Körperteil Acht zu geben, der all das ausgelöst hatte. Ich wollte ihm einen würdigen Abschied bescheren. Die Asche meines restlichen Fußes steht auf einem Altar in der Wohnung meiner Freundin. Ich werde mich auf jeden Fall damit begraben lassen.

Danach lief alles so viel besser. Mein ganzes Leben verbesserte sich. Ich verließ mein Zuhause und kündigte meinen Job, der mich seit 10 Jahren ausgesaugt hatte. Ich bin in einen anderen Bundesstaat gezogen, habe einen neuen Job bekommen, den ich wirklich genieße, und bin seit eineinhalb Jahren mit einer wunderbaren Frau zusammen, die das Beste in meinem Leben ist. Ich bin so viel glücklicher als jemals zuvor und das alles habe ich dieser lebensbedrohlichen Situation und dem einen Körperteil, den ich dabei verloren habe, zu verdanken. Meinen Fuß zu essen war ein komischer und auch lustiger Weg, um meinen neuen Lebensabschitt zu beginnen.

Das alles ist jetzt zwei Jahre her. Warum hast du dich jetzt entschlossen, deine Geschichte zu erzählen?
Es ist eine Geschichte, die man normalerweise eher Leuten erzählt, die man relativ gut kennt. Es dauerte einige Zeit, bis ich mich selbst wohl genug damit fühlte, um sie anonym auch mit Fremden zu teilen. Außerdem mag ich die abwegigen Dinge, die einige Leute auf Reddit posten und ich hatte das Gefühl, mit dieser Geschichte angemessen zur Community beitragen zu können. Was ich gemacht habe, ist technisch gesehen völlig legal. Ich habe meinen Fuß nicht verkauft. Ich habe es niemandem ohne Einwilligung verabreicht. Und er gehörte mir. Über den rechtlichen Aspekt mache ich mir also keine Sorgen – ich wollte nur einfach nicht als der weirde Kannibale bekannt sein. Deshalb das anonyme Posting. Kannibalismus repräsentiert einfach nicht, wer ich bin.

Inwiefern hat dieses Unterfangen deine Sicht auf Kannibalismus verändert?
Kannibalismus ist eindeutig ein Stigma. Man assoziiert Kannibalismus mit Kulturen, die wenig entwickelt sind oder mit Menschen, die für ihr Überleben dazu gezwungen waren. Menschen halten es für barbarisch und fragen sich, wie ich sowas nur machen konnte. Aber gleichzeitig essen Mütter ihre Plazenta. Das ist genauso Kannibalismus.

Ich denke, es gibt ethisch vertretbare Formen von Kannibalismus, wie in meinem Fall. Ich verspüre keinen Hunger nach Menschenfleisch. Ich begebe mich nicht auf die Jagd, um anderen ihre Gesichter abzunagen. Ich hatte ganz einfach die Chance, diese einzigartige Erfahrung auf ethisch und gesundheitlich vertretbare Weise zu machen. Ich hab's getan, es war cool und jetzt habe ich eine ziemlich großartige Geschichte zu erzählen.

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