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Oster-Gate

Die Staatsanwaltschaft prüft, ob Oliver Welke mit dieser Osterhasen-Parodie gegen das Gesetz verstößt

Ein Christ hat den ZDF-Satiriker angezeigt, weil er sich in seinen religiösen Gefühlen verletzt fühlte.
Collage bestehend aus: Screenshot heute show: ZDF Mediathek || Oliver Welke: imago | VIADATA

Es sind dornige Zeiten, durch die sich deutsche Christen gerade kämpfen müssen. Fast eine halbe Million Menschen sind 2016 aus der Kirche ausgetreten, eine rechte Partei nutzt die Religion für ihre politische Agenda – und die Medien unterstützen die Gotteslästerung auch noch damit, dass sie den Messias ausgerechnet zu Ostern durch ein braunes Plüschungetüm ersetzen: Weil der ZDF-Satiriker Oliver Welke sich in der heute-show über die Passionsgeschichte lustig gemacht und aus dem Abendmahl ein "Hasenmahl" gemacht hatte, erzürnte er einen gläubigen Christen so, dass nun sogar die Staatsanwaltschaft prüft, ob der Moderator gegen das Gesetz verstoßen haben könnte.

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Als Oliver Welke am 6. April eine Collage des gekreuzigten Osterhasen "H.A.S.I." zeigte, wollte er sich damit eigentlich über die Rechten lustig machen, die kurz vor Ostern in einem Schokohasen die Inkarnation des sterbenden christlichen Abendlandes gesehen hatten. Zuvor hatte ein Kaufhaus den Lindt-Goldhasen als "Traditionshasen" auf der Rechnung aufgeführt – nicht, weil dieser "islamisiert" wurde, sondern weil der Hase so bereits seit über 50 Jahren produziert wird.

"Ich kann die Aufregung ein bisschen verstehen", sagte Oliver Welke in der Sendung, "schließlich ist der Osterhase die zentrale Figur der christlichen Mythologie." Dann zeigt er Bilder des Osterhasen beim "Letzten Hasenmahl", beim Judas-Verrat ("für 30 Möhrchen!") und ans Holzkreuz genagelt. "Nach drei Tagen ist er aus dem Osterei auferstanden. Das ist bekannt", so Welke grinsend, Zuschauer-Lachen rundet die Szene ab. Zu viel für einen Sozialarbeiter aus Bad Kreuznach. Der gläubige Christ – auf seinem Facebook-Profil bezeichnet er sich als "linker Konservativer" – fühlte sich von Welke so sehr in seinen religiösen Gefühlen verletzt, dass er ihn anzeigte.

Ob Welke sich der Blasphemie schuldig gemacht hat, prüft nun die Staatsanwaltschaft

Der Mann habe am 12. April eine Strafanzeige eingereicht, bestätigte die Mainzer Oberstaatsanwältin Andrea Keller gegenüber VICE. Er berufe sich dabei auf den Paragrafen 166 des Strafgesetzbuches – den sogenannten "Blasphemie-Paragrafen", der die Beschimpfung von Religionsgemeinschaften bestraft. Seit im Zuge der Schmähgedicht-Affäre zwischen Jan Böhmermann und dem türkischen Präsidenten Erdoğan der Paragraf 103 ("Majestäts-Beleidigung") abgeschafft wurde, fordert die Schriftstellervereinigung PEN, dass auch der Blasphemie-Paragraf gestrichen wird. Bislang allerdings ohne Erfolg: Verstöße gegen das Gesetz können nach wie vor mit einer Geldstrafe oder einer bis zu dreijährigen Freiheitsstrafe sanktioniert werden.

Ob es im Falle von Oliver Welke überhaupt zu einer Anklage kommen könnte, prüft aktuell die Mainzer Staatsanwaltschaft. Vermeintlich Geschädigte scheint es aber zur Genüge zu geben: "Inzwischen gibt es mehrere gleichsinnige Strafanzeigen von Privatpersonen", sagt die Oberstaatsanwältin Keller. Diese schließen sich allerdings größtenteils den Ausführungen des "links-konservativen" Sozialarbeiters an.

Der Bad Kreuznacher war für eine Stellungnahme leider nicht zu erreichen. Einer Mainzer Regionalzeitung sagte er, der Beitrag versuche, den Glauben vieler Millionen deutscher Christen lächerlich zu machen. Er möge sich nicht vorstellen, "was bei uns los wäre, wenn man den Propheten Mohammed als Hase lächerlich machen würde". Mit der Anzeige wolle er Grenzen setzen, damit auch Ungläubige wie Oliver Welke verstehen würden, wann Christen verletzbar seien.

Beim ZDF scheint diese tiefgründige Botschaft allerdings noch nicht angekommen zu sein. Ein Sprecher des Senders erklärte gegenüber VICE, dem Sender läge noch keine Strafanzeige gegen Welke vor. "Ansonsten gehen wir davon aus, dass durch den Beitrag die Grenzen der Satirefreiheit nicht überschritten wurden." Ein Ende des Osterhasen-Gate ist also momentan nicht absehbar. Immerhin: Bis zum nächsten Mal jemand auf die fürchterliche Idee kommen könnte, einen Hasen an ein Kreuz zu nageln, sind es noch mehr als zwölf Monate.

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