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Rechtsrock-Festivals drohen Strafen – und das Ende ihrer miesen Finanztricks

Ermittlungen in Thüringen könnten Konsequenzen für die ganze Neonazi-Szene haben.
Besucher des rechten "Rock gegen Überfremdung"-Festivals 2017 in Themar || Foto: imago | Michael Trammer

Man kann sich fast vorstellen, wie der Veranstalter des Rechtsrock-Festivals in Themar 2017 vor Stolz über sein strategisches Geschick ein Bild des Nazi-Generals Erwin "Wüstenfuchs" Rommel liebkoste: Der NPD-Politiker Tommy Frenck meldete das Festival als politische Kundgebung an, um den Eintritt steuerfrei als Spende deklarieren zu können. Andere rechte Festivals machten es ihm nach. Im Moment sieht es aber sehr danach aus, als ob das eine dumme Idee war.

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Kurz nachdem "Rock gegen Überfremdung" im Juli mit 6.000 Besuchern stattgefunden hatte, meldete sich bereits das thüringische Finanzministerium zu Wort. Es halte die Einnahmen solcher Festivals grundsätzlich für steuerpflichtig. Die Deklaration als "Spende" spiele dabei keine Rolle. Außerdem könne man die Einnahmen nicht begünstigen, weil sie nach dem Einkommenssteuergesetz nicht uneigennützig seien. Auch ein Sprecher des Thüringer Steuerberaterverbands sagte damals dem MDR, man dürfe für Spenden keine Gegenleistung erwarten, der Veranstalter müsse per Definition aus "Selbstlosigkeit" handeln. Davon kann man bei einem Festival mit alleine 210.000 Euro an eingenommenen Eintrittsgeldern nicht sprechen. Passiert ist danach aber erstmal nichts – bis jetzt.


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Am Dienstagmorgen durchsuchten Steuerfahnder eine Gaststätte in Kloster Veßra sowie Häuser in Mantel und Oberhof. Zu den genauen Hintergründen machte das zuständige Finanzamt Gotha keine Angaben. Laut MDR sollen sich die Ermittlungen jedoch gegen Tommy Frenck und Patrick Schröder richten, der ebenfalls rechte Veranstaltungen organisiert.

Das könnte Konsequenzen für weitere Rechtsrock-Festivals haben

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow sagte zu Rechtsrock-Festivals wie dem in Themar gegenüber VICE: "Wenn die Leute überwiegend kommen, um diese Gesinnungsmusik zu hören, und Reden werden nur zwischendurch gehalten, dann ist das keine Versammlung, sondern ein kommerzielles Geschäft." Wenn das offiziell werde, müsse auch nicht das Land für Kosten wie etwa die Vollsperrung einer Bundesstraße aufkommen, sondern der Veranstalter, sagte Ramelow und forderte: "Keine Privilegierung von Rechtsrock-Konzerten!"

Sollte "Rock gegen Überfremdung" wirklich als kommerzielle Veranstaltung eingestuft werden, könnten auf Frenck also nicht nur Steuernachzahlungen und Strafen zukommen, sondern auch Forderungen für Ausgaben, für die das Land Thüringen aufkommen musste. Und damit wäre Frenck nicht alleine. Auch das "Schild und Schwert"-Festival im sächsischen Ostritz am vergangenen Wochenende verlangte von seinen Besuchern "Spenden" statt Eintritt. Die Behörden in Sachsen dürften die Ergebnisse der thüringischen Ermittlungen sehr genau verfolgen.

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