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Politik

Wie Thomas de Maizière und das Auswärtige Amt Islamisten hofieren

Sie verteidigen Selbstmordattentäter und wollen Israel vernichten. Die Bundesregierung suchte in den vergangenen Tagen trotzdem den Dialog mit ihnen.

Eigentlich ist Dialog etwas Gutes. Man muss sich manchmal mit Menschen unterhalten, die anders ticken, um die eigenen Ansichten zu hinterfragen, um andere besser zu verstehen. Aber muss man auch Islamisten und Antisemiten hofieren? Laut Innenminister Thomas de Maizière, dem Auswärtigen Amt und den Veranstaltern des diesjährigen Kirchentags sollte das wohl so sein.

Thomas de Maizière traf sich vergangenen Freitag beim Kirchentag mit Ahmad al-Tayyeb, Groß-Scheich und Groß-Imam der Azhar-Moschee in Kairo. Für viele Sunniten ist er so etwas wie der Papst für die Katholiken.

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Der Raum im Berliner Messezentrum war brechend voll, als der Innenminister seinen Gast aus Kairo empfing. Dort tauschten die beiden Dialogpartner Nettigkeiten aus und verurteilten Islamismus und Terror. Die beiden führten einen Dialog über religiöse Toleranz. Während des Dialogs erreichte die Podiumsteilnehmer die Nachricht, dass bei einem erneuten Anschlag auf koptische Christen in Ägypten 28 Menschen ums Leben gekommen waren. Die Besucher erhoben sich von den Sitzen, um eine Schweigeminute abzuhalten.

Das Publikum musste davon ausgehen, einen moderaten Moslem vor sich zu haben. Das liegt auch daran, dass Thomas de Maizière ihm keine kritischen Fragen gestellt hat. Dabei wären einige kritische Fragen zu Ahmad al-Tayyebs eigener religiöser Toleranz angebracht gewesen. Thomas de Maizière hätte ihn fragen können, warum sich der Groß-Imam dafür einsetzt, die Abkehr vom Islam mit dem Tod zu bestrafen. Er hätte ihn fragen können, warum er Juden als die großen Feinde aller Gläubigen beschimpfte, und ob er 2002 wirklich die islamistischen Selbstmordattentäter in Israel in Schutz genommen und das mit dem Koran begründet hat. Er hätte den Groß-Imam auch fragen können, ob er wirklich glaubt, dass der Terror des "Islamischen Staats" das Produkt einer Verschwörung von Juden aus Israel und den USA ist, welcher geschaffen wurde, um eine Militärintervention des Westens im Nahen Osten zu rechtfertigen. Diese Verschwörungstheorien verbreitet al-Tayyeb, wenn er gerade nicht vor Christen in Berlin spricht. Zu all diesen Aussagen des Groß-Imams hätte Innenminister Thomas de Maizière kritische Fragen stellen können, zog es aber vor, das nicht zu tun.

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Ahmad Mansour ist Sprecher des Muslimischen Forums Deutschland und setzt sich als Islamismus-Experte gegen Radikalisierung und Antisemitismus in muslimischen Communitys ein. Er kritisierte den Besuch des ägyptischen Groß-Imams vergangenen Freitag auf Facebook:

Zu VICE sagt Mansour: "Ahmad al-Tayyeb verbreitet einen mittelalterlichen Dialog, wo Demokratie keinen Platz hat, und wo Menschen abgewertet werden, weil sie nicht gläubig sind." Zudem wirft Mansour dem Innenminister vor, keine kritischen Fragen zu stellen und kein Gespräch mit Vertretern eines liberalen Islams zu führen: "Seit Thomas de Maizière Innenminister ist, blendet er unangenehme Themen wie Radikalisierung und Gleichberechtigung aus." Der aktuelle Dialog wird laut Mansour ohne Ziel geführt, dabei sollte das sein, ein "Islamverständnis zu schaffen, das ohne Wenn und Aber hinter Demokratie und Menschenrechten steht". Das Innenministerium hat auf die Nachfrage von VICE, ob der Gesprächspartner al-Tayyeb nicht problematisch ist, nicht geantwortet.

Außenministerium lädt Antisemiten ein

Auch Außenminister Sigmar Gabriel duldet fragwürdige Personen im Auswärtigen Amt. Bei der Veranstaltung "Friedensverantwortung der Religionen" am 22. Mai wollte das Auswärtige Amt sich laut eigener Aussage mit "Repräsentanten von Religionsgemeinschaften aus einer Vielzahl von Ländern austauschen". Das Thema: "Friedensarbeit".

Auf der Gästeliste stand aber eine Person, die nicht für Friedensarbeit bekannt ist. Hamidreza Torabi, Leiter der Islamischen Akademie Deutschland e.V., die zum Islamischen Zentrum Hamburg gehört. Dieses Zentrum ist Träger der Hamburger Imam-Ali-Moschee und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Laut dem Hamburger Verfassungsschutz wird die Position des Leiters "traditionell mit einem linientreuen Anhänger der iranischen Staatsdoktrin und der islamischen Revolutionsziele besetzt". Oder ins Deutsche übersetzt: Hamidreza Torabi und das IZH sind der verlängerte Arm des iranischen Mullahregimes in Deutschland.

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Die iranischen Führer legen den Islam repressiv aus, um ihre eigene Bevölkerung zu unterdrücken. Darüber hinaus unterstützen sie die Terrororganisationen Hisbollah, Hamas und das Assad-Regime. Hin und wieder äußern die Mullahs auch, dass sie Israel von der Landkarte fegen wollen. Wie passt das zum Thema "Friedensverantwortung"?

Kein Interesse an Frieden

"Frieden" schien bisher nicht Hamidreza Torabis Hauptinteresse: Iranische Exilanten berichten, dass er an der Organisation des Al-Quds-Tags in Berlin beteiligt war und teilgenommen hat. Der Al-Quds-Tag ist ein vom iranischen Regime ausgerufener Feiertag, der zur "Befreiung Jerusalems" aufruft. Bei der Demonstration wird regelmäßig die Vernichtung Israels gefordert. Hamidreza Torabi soll dabei ein Plakat getragen haben, auf dem zur Vernichtung Israels aufgerufen wird. Die Einladung Torabis durch Sigmar Gabriel sorgte für weitere diplomatische Irritationen zwischen Deutschland und Israel. Laut Jerusalem Post kommentierte die israelische Botschaft in Berlin: "Es gibt keinen Zweifel, dass eine Person, die zur Gewalt gegen Juden und Israel im Namen Gottes aufruft, keinen Platz in einem solchen Dialog hat."

Das Auswärtige Amt antwortet auf Nachfrage von VICE: "Uns war es wichtig, nicht nur deutsche Sunniten, sondern auch Schiiten einzuladen." Das AA verweist außerdem darauf, dass das IZH einen Staatsvertrag mit der Stadt Hamburg geschlossen hat. Außerdem sei Torabi nur einer von rund 1.000 Gästen gewesen und habe keinen Redepart bei der Konferenz gehabt.

Klar: Wenn man 1.000 Religionsvertreter einlädt, ist es schwer auszuschließen, dass nicht der ein oder andere Problematische dabei ist. Einen solchen Menschen allerdings zu einem "Friedens"-Gespräch der Religionen einzuladen, wirkt absurd.

So schön Dialog grundsätzlich auch ist, man muss nun wirklich nicht bei unkontroversen Veranstaltungen im Rahmen des Kirchentags mit jedem reden.

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