Wenn man über Eishockey in den 90er-Jahren spricht, dann muss es dabei auch um eine bestimmte NHL-Rivalität gehen. Eine Rivalität, die zwar vergleichsweise kurzlebig, dafür aber umso intensiver war: Detroit Red Wings gegen Colorado Avalanche. Zwei Mannschaften, die die Liga zwischen 1996 und 2002 dominierten (in diesem Zeitraum holten sie fünf von sieben möglichen Stanley Cups) und sich abgrundtief hassten. Aber wie konnte es zwischen den beiden Teams, die geografisch eigentlich sehr weit auseinanderliegen, überhaupt zu dieser erbitterten Feindschaft kommen?
Im Grunde begann alles mit einem Zwischenfall, der bis heute als einer der übelsten Checks im Eishockey gilt: Am 29. Mai 1996 stieß Avalanche-Angreifer und Raubein Claude Lemieux im Spiel 6 der Western Conference Finals den nichts ahnenden Red-Wings-Spieler Kris Draper von hinten in die Bande. Drapers Gesicht knallte dabei mit voller Wucht auf die Kante der Red-Wings-Spielerbank. Das Resultat: ein gebrochener Kiefer, mehrere zersplitterte Gesichtsknochen sowie ausgeschlagene Zähne. Und es sollte noch schlimmer kommen. Colorado gewann das Spiel, zog damit in das Finale um den Stanley Cup ein und konnte die Trophäe letztendlich zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in die Höhe stemmen.
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Obwohl direkt nach dem bösen Check kein Red-Wings-Spieler Lemieux zur Rechenschaft zog, legte die schwere Verletzung doch einen Schalter im Team um. Es ging plötzlich nicht mehr nur darum, die sportliche Niederlage wieder wettzumachen. Nein, auch Teamkamerad Kris Draper musste gerächt werden. Diese Rache ließ allerdings erst mal etwas auf sich warten, denn Claude Lemieux verpasste verletzungsbedingt die ersten beiden Aufeinandertreffen der Mannschaften in der Saison 96/97. Und auch beim dritten Match ging es noch verhältnismäßig zahm zur Sache. Doch dann kam der berüchtigte 26. März 1997.
Gegen Ende des ersten Drittels gerieten die beiden Superstars Igor Larionov und Peter Forsberg aneinander – ein Duell, das die Zuschauer sofort aus ihren Sitzen riss. Doch dann ging ein noch lauterer Aufschrei durch die Joe Louis Arena, denn Red-Wings-Grinder Darren McCarty hatte sich Claude Lemieux gepackt und bearbeitete den meist gehassten Mann in Detroit mit seinen Fäusten. Avalanche-Goalie Patrick Roy eilte zu Hilfe, nur um sich anschließend auf ein Tänzchen mit Red-Wings-Torhüter Mike Vernon einzulassen. Dieser Faustkampf gilt bis heute als einer der besten Goalie-Fights aller Zeiten.
Im gesamten Spiel kam es zu ganzen neun Schlägereien, die 144 Strafminuten nach sich zogen. Als Sieger ging übrigens Detroit mit 6:5 nach Verlängerung von der Eisfläche. Das entscheidende Tor schoss – wie sollte es auch anders sein – Darren McCarty. Dafür gab es von den Detroiter Fans natürlich Standing Ovations.
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„Dieses Spiel hat uns enger zusammengeschweißt”, sagte Mike Vernon anschließend gegenüber der Presse. Genau dieses Selbstvertrauen war auch immens wichtig für die anstehenden Playoffs. Die Red Wings wussten nun, dass sie Colorado schlagen konnten. So kam es auf ihrem Weg in Richtung Stanley Cup dann auch. Genauso wie im darauffolgenden Jahr, in dem Detroit zum zweiten Mal nacheinander als Stanley-Cup-Champion dastand. Eine Leistung, die übrigens kein anderes Team bis heute mehr geschafft hat.
Im Laufe der Jahre verlor die Rivalität zwischen Colorado und Detroit aber immer mehr an Bedeutung. Das lag zum einen daran, dass viele Spieler, die während der erbitterten Matches im Mittelpunkt standen, das Team wechselten oder ihre Karrieren beendeten. Und zum anderen spielten auch nicht mehr die beiden besten Teams der NHL gegeneinander. Vor allem Colorado kann bis heute nicht mehr wirklich an die sportlichen Erfolge von damals anknüpfen.
Von Ende der 90er bis Anfang der 2000er herrschte zwischen den beiden Teams jedoch eine Rivalität, die in Sachen Emotionen, Härte und Hass in der Eishockeywelt und vielleicht auch darüber hinaus unerreicht ist. Ganz ad acta legen können die Red Wings ihre Fehde mit Colorado aber noch nicht: So erinnert der offizielle Twitter-Account jedes Jahr am 26. März an den Abend, der sich für immer ins kollektive NHL-Gedächtnis eingebrannt hat.