Aus der Crown and Scepter Issue
Letzten August hat sich Mikhail Lennikov den kanadischen Behörden gestellt, nachdem er sechs Jahre lang der Abschiebung entgangen war. Der Ex-KGB-Agent hatte in Kanada Zuflucht gesucht, nachdem er seine früheren Kollegen verraten hatte. Doch sein Asylantrag wurde abgelehnt und er sollte 2009 abgeschoben werden. Einen Tag vor dem Termin gewährte ihm die First Lutheran Church in Vancouver Asyl—und die Behörden ließen es zu.
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Jahrhundertelang haben Regierungen früher geduldet, dass Verbrecher auf heiligem Boden Zuflucht nehmen und damit ihre weltliche Strafe mildern. Doch moderne Staaten (und selbst die meisten modernen Kirchen) lehnen die Praktik schon lange ab, weswegen Lennikovs Fall anachronistisch wirkt. Aber seine religiöse Rettung kommt nicht von ungefähr.
Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben Dutzende Flüchtlinge in den USA und Kanada Kirchenasyl gesucht und erhalten. In den 1970ern flohen viele US-Bürger vor der Einberufung nach Kanada, und in den 1980ern gewährten Hunderte Kirchen in den USA Menschen aus Zentralamerika Zuflucht vor den dortigen politischen Unruhen. Auch heute noch betreiben ein paar Dutzend Kirchen in beiden Ländern Asylnetzwerke, wobei sie ihre Dienste offen als Notlösung angesichts reaktionärer Immigrationspolitik bezeichnen.
Laut Sean Rehaag, einem auf Flüchtlingsfragen spezialisierten Juraprofessor an der kanadischen York University, kommen Kirchen damit davon, weil sie die Gesetze zwar nicht achten, sie jedoch auch nicht brechen.
„Das Asyl hält den Staat nicht davon ab, seine Gesetze durchzusetzen”, sagte Rehaag. „Solange die Kirchen ihr Asyl offen anbieten, sich nicht der Staatsgewalt widersetzen und keine verbotenen Handlungen anregen, ist nicht klar, dass sie etwas Illegales tun.”
Diese Form des Asyls ist passiv, die Behörden der USA und Kanadas sind dennoch gewissermaßen schachmatt. Sie wollen keinen PR-Albtraum mit Polizisten, die eine Kirche stürmen. Stattdessen versuchen sie abzuwarten—doch die Migranten haben oft den längeren Atem und erhalten gewisse Zugeständnisse.
Rehaag meint jedoch, wenn gefährliche Verbrecher das Kirchenasyl nutzen, sich die öffentliche Meinung zu Kirchen verschlechtert oder zu viele Menschen Asyl suchen, könnte das den Widerwillen gegen polizeiliches Eingreifen überwinden. Daher lehnen Kirchen auch die meisten Asylsuchenden ab und nehmen nur sympathische und politische Fälle wie Lennikov an. Wer in Kanada vor dem Gesetz flieht, sollte sich also nicht zu sehr auf die Kirche verlassen.