Heiliges Einhorn!


Illustration von Ben Montero

Braucht es wirklich noch Beweise dafür, dass das im Laufe der Geschichte meistgelesene Werk von Anfang bis Ende und unbestreitbar fiktional ist? Das englische Wort für „Einhorn“ taucht nicht weniger als neun Mal in der King-James-Version des Alten Testaments auf. Und wenn man kein elfjähriges Mädchen ist—bzw. vorhat, eines zu werden—weiß man ganz genau, dass Einhörner nur in Märchen vorkommen.

Die wichtigste Erwähnung ist im Buch Hiob nachzulesen, als Gott seinen Lieblingsprügelknaben zur Seite nimmt und die verschiedenen bemerkenswerten Tiere aufzählt, die er ganz allein erschaffen hat. Dazu gehörte auch das prachtvolle Einhorn, das allerdings gar nicht mehr so beeindruckt, wenn man bedenkt, dass es eigentlich nur ein weißes Pferd mit einem Horn ist. (Gott hat es noch nicht einmal niedlich gemacht, das war Lisa Frank.) Bibelapologeten behaupten, beim Einhorn handle es sich nur um einen aus alten Texten überlieferten Übersetzungsfehler. Dr. Geoff Treloar, Seminarleiter am Australian College for Theology, meint, „dieses auffallende Wort im 5. Buch Mose bedeutet wörtlich ‚mit einem Horn‘, weshalb ‚Einhorn‘ sich im Mittelalter wohl selbstverständlich als Übersetzung anbot“. Er fügt hinzu, dass moderne Übersetzungen den Begriff „Büffel“ verwenden, und tut die King-James-Interpretation als „etwas weit hergeholt“ ab. Wenn wir Glück haben, sagen Theologen dasselbe bald über institutionalisierte Religionen im Allgemeinen, und ihre heiligen Texte landen dann direkt neben der Twilight-Saga in der Fantasy-Abteilung. Denn mal ehrlich: Dieses Zeug ist doch was für Tweens.

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