Popkultur

Heulsuse der Woche: Beatrix von Storch vs. Mittelfinger-Phobiker der NPD

Und wieder ist es an der Zeit, sich über ein paar Menschen zu wundern, die mit der Welt nicht fertigwerden.

Heulsuse #1: Beatrix von Storch

Der Vorfall: Jemand zündet das Auto der AfD-Politikerin an.

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Die angemessene Reaktion: Das Ganze der Polizei melden und rechtlich verfolgen lassen.

Die tatsächliche Reaktion: In einem Facebook-Post jeden, der bei der „Hetze gegen die AfD mitgemacht hat”, für den Vorfall verantwortlich machen.

Es ist wahrscheinlich nicht einfach, Teil einer Partei zu sein, die in regelmäßigen Abständen unangenehm auffällt—weil sie gegen alles hetzt, was nicht deutsch, weiß und heterosexuell ist, zum Beispiel. Oder mit Deutschland-Fanartikeln bei politischen Talkshows einläuft. Ständig ist man Anfeindungen aus allen Richtungen ausgesetzt, muss sich für die eigenen wirren Thesen verteidigen und dann wird einem auch dafür mitverantwortlich gemacht, wenn fehlgeleitete Rechte, die die Mär der bösen Asylbetrüger nur zu gerne glauben, Flüchtlingsheime anzünden. Kein Wunder also, dass Beatrix von Storch ziemlich dünnhäutig darauf reagierte, als mal nicht irgendeine Turnhalle in Brandenburg, sondern der eigene BMW brannte.

Um das ganz deutlich zu sagen: Das Fahrzeug einer Person anzuzünden, ist eine Straftat und sollte als solche auch rechtlich verfolgt werden. Wenn man sich allerdings die Reaktion von Frau von Storch auf den Vorfall anguckt, könnte man fast glauben, dass sie sich ein bisschen darüber freut. Schließlich wissen wir: Rechtspopulisten lieben nichts mehr, als sich selbst als Opfer zu stilisieren.

Auf Facebook postete sie in dieser Woche ein Foto des Wagens und schrieb: „Heute Nacht wurde mein Auto abgefackelt. Wer die Hetze gegen die AfD mitgemacht hat und sich jetzt nicht davon scharf distanziert, der ist Mitschuld. Dann macht er sich durch Schweigen mit diesen Verbrechern gemein.” Nun, zum Einen: so richtig „abgefackelt” ist das Auto nicht. Tatsächlich scheint vor allem die Front beschädigt. Zum anderen: Müssten sich rechte Parteien wie die Alternative für Deutschland nach dieser Argumentation nicht auch mit den zündelnden Rechtsradikalen gemein machen, die Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte verüben? Und überhaupt: Wer im Führerbunker sitzt, sollte vielleicht nicht mit Molotow-Cocktails werfen.

Sehr passend dazu auch der Kommentar einer Userin, die den Autor Marc-Uwe Kling zitiert: „Die einen zünden Ausländer an, die anderen Autos.” In diesem Sinne: Immerhin hat man ihnen nicht das Dach überm Kopf angezündet, Frau von Storch.

Heulsuse #2: Ein brandenburgischer NPD-Anhänger

NPD-Anhänger bei einer Demonstration. Foto: imago | pictureteam

Der Vorfall: Im Rahmen einer NPD-Kundgebung zeigt eine Gegendemonstrantin den marschierenden Rechten den Mittelfinger.

Die angemessene Reaktion: Ganz tief in sich gehen und überlegen, warum einem als NPD-Aktivist wohl so viel Abneigung entgegenschlägt.

Die tatsächliche Reaktion: Die Frau anzeigen.

2015 ist das Jahr des politischen Mittelfingers. Erst die Aufregung um Varoufakis und jetzt das: Eine bekannte Aktivistin zeigt Rechtsextremen bei einer NPD-Kundgebung mit der unmissverständlichen Geste, was sie von ihnen und ihren Parolen hält. Am 31. Januar ereignete sich der Vorfall, der nun vor Gericht geklärt, respektive aus dem Weg geräumt wurde, und einmal mehr stellt sich die Frage, ob wir diese wunderschöne Kategorie hier in „Die Neonazi-Heulsuse der Woche” umbenennen sollten. Was war passiert?

Als sich mehrere Anhänger der NPD im brandenburgischen Blankenfelde zu einer Kundgebung versammelten, war auch Irmela Mensah-Schramm vor Ort, die sich seit Jahren gegen Rechts engagiert. Die Menschenrechtsaktivistin zeigte dem rechten Aufmarsch den Mittelfinger, wurde dabei allerdings von einem besonders spitzfindigen Kundgebungsteilnehmer erkannt—und wegen Beleidigung angezeigt. 450 Euro sollte Mensah-Schramm an den Beleidigten zahlen, wenig überraschend legte sie dagegen Widerspruch ein. Eigentlich sollte am Donnerstag vor Gericht endgültig geklärt werden, ob und inwiefern es strafbar ist, sich auch mit Handgesten gegen Rechts zu positionieren. Die Richterin schob der Sache aber einen Tag vor Verfahrensbeginn den Riegel vor und stellte das Verfahren ein. Grund für die Entscheidung sei das geringe Verschulden und das fehlende „öffentliche Interesse an der Strafverfolgung”.

Besonders zynisch an der Tatsache ist, dass die Aktivistin wegen des Mittelfingers überhaupt angezeigt wurde: Irmela Mensah-Schramm, mittlerweile 70 Jahre alt, wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach von Rechten bedroht und attackiert. Und zwar nicht nur mit einem Finger.

Letzte Woche: Ein Berliner Makler verteilt Briefe an Wohnungseigentümer, in denen er vor Flüchtlingen warnt, und ein Mann im Affenkostüm sprengt ein Dorffest mit Beil und Penis.

Der Gewinner: der Immobilienmakler!