Ein paar Erwachsene haben diese Woche mal wieder vor ihren Kindern bewiesen, was für semi-optimale Vorbilder sie sind.
Heulsuse #1: die Prügel-Familie
Der Vorfall: Eine Frau brachte vergangene Woche im Bremer Stadtteil Schwachhausen ihr Kind zur Welt. Am Samstagnachmittag schauten Familienangehörige in der Klinik vorbei, um das Neugeborene mit Liebe und Aufmerksamkeit zu überhäufen und möglicherweise ein paar Baby-Selfies zu schießen. Doch sie wurden sich nicht darüber einig, wer den Miniatur-Menschen zuerst halten darf.
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Die angemessene Reaktion: Warten, bis das Baby auf dem Arm eines Familienmitglieds anfängt, zu schreien. Den Rest der Verwandtschaft davon überzeugen, dass man alle Baby-Videos von BibisBeautyPalace-Youtuberin Bianca Heinicke gesehen und den idealen Wiege-Rhythmus verinnerlicht hat, und deswegen das Baby als Nächstes halten sollte. Sich in der Überbrückungszeit daran erinnern, dass die Mutter kürzlich einen Menschen durch ihre Vagina gepresst oder aus ihrem Bauch hat rausschneiden lassen und sich erkunden, wie es ihr geht. Sie danach wieder: In. Ruhe. Lassen.
Auch bei VICE: Babys aus dem Backofen
Die tatsächliche Reaktion: Die Verwandtschaft zeigte dem neuen Familienmitglied schon kurz nach seiner Geburt, dass mit dem Erwachsensein nicht unbedingt Reife und Weisheit einhergehen, und fing noch auf der Entbindungsstation an, sich zu streiten. Als wäre eine lautstarke Diskussion darüber, wer ein Baby zuerst halten darf, nicht unverhältnismäßig genug, hauten sie sich anschließend auch noch die Köpfe ein. “Bis zu zehn Verwandte eines neuen Erdenbürgers” seien in die Prügelei verwickelt gewesen, schrieb die Bremer Polizei am Montag. Dabei hätten drei von ihnen so starken Widerstand geleistet, dass die Einsatzkräfte nun Ermittlungen gegen sie eingeleitet haben.
Dem Baby scheint es währenddessen gut zu gehen. Dennoch ist eine Familie, die sich schon kurz nach seiner Geburt im Krankenhaus prügelt, zweifellos nicht der beste Empfang für ein Neugeborenes. Und die Familie hat sich das lebenslange Recht aufs Baby-Schaukeln mit der Aktion eigentlich verspielt.
Heulsuse #2: der Hotel hassende Familienvater
Der Vorfall: Franz Josef, seine Partnerin und ihr 20 Monate alter Sohn wollten der furchtbaren, deutschen Spießergesellschaft entfliehen und auf der griechischen Insel Rhodos im Vier-Sterne-Clubhotel die Birkenstocks und die Seele baumeln lassen. Leider entpuppte sich das Hotel weder als kind-, noch als kartoffelgerecht: Es gab no-name Babybetten aus Plastik, Pfützen neben dem Pool, nicht-deutsch-sprechendes Personal, und das Schlimmste: EINE LAUTE KLOSPÜLUNG. Und Franz Josef (laut seinem Profil 26-30 Jahre alt) bewies, dass er eigentlich selbst ein hoffnungsloser Spießer ist.
Die angemessene Reaktion: Franz Josef. Du bist ein junger Mann mit bio-deutschem Namen, einer Familie und genug Geld, dass du dir offensichtlich einen Vier-Sterne-Urlaub in einem Club-Hotel auf Rhodos leisten kannst. Was willst du eigentlich? Lehn dich auf dem Liegestuhl, den du im Morgengrauen mit einem Handtuch reserviert hast, zurück und schlürfe einen der Cocktails, den du dir mit deinem Plastik-Armband und deinen Fremdsprachen-Kenntnissen an der Bar am Privatstrand deines Hotels geholt hast.
Die tatsächliche Reaktion: Helikopter-Vater Franz Josef fand die Erlebnisse in dem griechischen Club-Hotel offensichtlich so traumatisch, dass er sie für die gesamte Nachwelt in einem Urlaubs-Bewertungsportal zusammenfasste. In der mittlerweile gelöschten Review beklagte Frust-Franz alles, was den Aufenthalt für ihn und seine Familie “zum blanken Horror” machte. Und die Auszüge lesen sich wie die Klageschrift eines überprivilegierten Mannes – oder eines sehr müden Vaters.
“Es ließ sich keine einzige Türe [sic] öffnen bzw. schließen ohne dass ich in der Nacht oder zu seinem Mittagsschlaf meinen Sohn aufweckte”, schreibt Franz Josef. Und auch die Klospülung brachte den Babyboy um seinen Schlaf. Die einfache Lösung: einfach alles im Klo liegen lassen. Doch auch darüber rümpfte F. J. die Nase: “Ohne Spülung entwickelte sich ein nicht auszuhaltender Gestank im Zimmer.” Weitere Dinge, die Franz Josef den wohlverdienten Urlaub vermiesten: die Zimmerdusche (“Wie sollen wir unser Kind täglich am Abend vom Chlor- und dem Salzwasser befreien? Er kann nur baden, in der Dusche wäre die Verletzungsgefahr viel zu hoch”), das No-Name-Babybett (“Ich kann doch meinen Sohn nicht den ganzen Giftstoffen aussetzen”) und die Wasserpfützen neben dem Pool (“Vom Personal hat es niemand für nötig gehalten, die Wasserpfützen zu entfernen”).
Bevor Franz Josef seine Bewertung gelöscht hat, hatte er übrigens eine Antwort des Hotel-Managements bekommen: “Wir bedanken uns für ihre Entscheidung, zumindest unser Hotel nie wieder zu besuchen.” Franz Josefs Verbesserungsvorschläge werden also eher nicht umgesetzt.
Und jetzt dürft ihr abstimmen: Wer soll die Heulsuse der Woche sein?*
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