Warum das Debütalbum der Killers von einer mörderischen homosexuellen Beziehung handelt

Mit großer Wahrscheinlichkeit lief dieses Album, als du auf einer Klassenfeier das erste Mal ein Mädchen befummelt hast und außerdem lief es als Soundtrack bei fast jeder Episode von O.C., California. Jap, ziemlich verrückt, aber es ist inzwischen fast ein Jahrzehnt her, seit Hot Fuss, begleitet von einer Hype-Welle, Anhimmeleien und weiblichen Seufzern, veröffentlicht wurde. Doch hinter all dem stehen die teilweise düsteren Texte, die unterschwelligen Anspielungen auf Eifersucht und Wut. In Musikforen und Kommentarbereichen begann plötzlich eine Generation, wilde Theorien aufzustellen. Zum Beispiel die KILLERS MURDER TRILOGY (überhaupt nicht melodramatisch). Dieser Theorie zufolge erzählen drei Songs auf dem Album eine Geschichte von Liebe, Verlust und Neid, die in einem Mord endet.

Die Erzählung beginnt mit der alten B-Seite „Leave The Bourbon On The Shelf“. Der Erzähler fleht ein Mädchen namens Jenny an, ihm noch eine Chance zu geben, nachdem sie ihn für einen anderen Typen verlassen hat. Will sie aber nicht, und in „Midnight Show” ist der Erzähler dann völlig von Hass und Eifersucht erfüllt. „We were such a good thing”, glaubt er, und dass Jenny den Schmerz vergessen machen kann, aber sie weigert sich noch immer, sie schläft mit einem anderen, sie ist ein „guilty girl”, und am Ende sieht es nicht so gut für sie aus („I took my baby’s breath beneath the chandelier”). Er hingegen ist fest entschlossen, die Sache geheim zu halten („keep it a secret”).

Aber in „Jenny Was A Friend Of Mine”, dem dritten und letzten Teil der Murder Trilogy, gesteht der Erzähler: „Tell me what you wanna know.” Er kann die Sache doch nicht mehr für sich behalten, obwohl er jetzt so tut, als wäre Jenny nur eine Freundin gewesen. Er hat sie geliebt, er hat sie umgebracht, und warum?—„There ain’t no motive for this crime.” Wenn du dir einmal die Texte gründlicher angeschaut hast, verliert die KILLERS MURDER TRILOGY etwas von ihrem konspirativen Reiz und wirkt eigentlich wie eine ziemlich plausible Mini-Story innerhalb des Albums. Die Band hat diese Geschichte sogar mal indirekt bestätigt.

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Aber ich habe die letzten zehn Jahre damit verbracht, jegliche Äußerung von Brandon Flowers genau unter die Lupe zu nehmen, und konnte feststellen: Die Geschichte ist noch nicht vorbei. Ich habe eine andere Theorie zum Album entwickelt (die weder verschwurbelt noch fadenscheinig ist). Herzlich Willkommen zu THE KILLERS HOMOSEXUELLE LOVESTORY ENDET IN EINEM MORD—GANZES ALBUM THEORIE.

Lasst uns von vorne anfangen.

Der Anfang

Die Hintergründe finden sich in „Andy, You’re A Star”, einem Song, der zugegebenermaßen so klingt, als wäre er mit Hilfe von Reißnägeln und Silikon-Füllmaterial entstanden. Der Erzähler spricht davon, Andy von weitem zu beobachten, ihn im Fitnessstudio und auf dem Fußballplatz zu sehen. Er sagt, wenn Andy ihm seine Nummer geben würde („leaves his number on my locker”), dann würde er ihn sofort anrufen. Als der Erzähler Andy mit einem Mädchen sieht—vielleicht Jenny —versucht er, ihm das Versprechen abzuringen, dass sie ihm nichts bedeutet. Seine amouröse Intention gegenüber Andy ist glasklar. Aber der Rest der Stadt ist argwöhnisch und verurteilt Andy. Ist Andy auch schwul? Auf jeden Fall ist er der Star im Herzen des Erzählers.

Die Story

Die Story ist, wie jeder gute Mind Fuck, nicht chronologisch erzählt. In unserem Fall beginnt die Geschichte passenderweise mit „Smile Like You Mean It”, dem besten Song, den The Killers je gemacht haben. Er zeichnet Andys Entwicklung vom Jungen zum Mann nach. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich hier um den selben Typen wie bei „Andy You’re A Star”, handelt, der noch immer Jenny datet, aber gleichzeitig mit seinen neuentdeckten Gefühlen für den männlichen Erzähler zu kämpfen hat. Der Erzähler versucht, Andy von einem Coming Out zu überzeugen. Aber Andy möchte sein Gesicht nicht verlieren („save some face”); davon abgesehen will er nicht, dass seine Freundin mit einem anderen ausgeht, „driving her around“ auf den gleichen Straßen wie er. Andy versucht also, die Zähne zusammenzubeißen, zu lächeln und an seiner heterosexuellen, tabufreien Beziehung festzuhalten. Er hat viel zu große Angst vor den Vorurteilen in der Stadt.

Doch der Erzähler will das nicht hinnehmen; er weiß, dass da Gefühle zwischen ihnen sind. In „Change Your Mind” sagt er, er versuche zu ignorieren, dass es ihm auch so ging („we both felt like this, before it starts to show”). Aber wie jeder Teenager, der jemals über MSN Schluss gemacht hat, bittet er Andy um eine Chance: „So if the answer is no/ can I change your mind?” Der Song ist schuldbewusst, aber auch ein toller Übergang zu dem Tanzflächen füllenden Megalith „Somebody Told Me”. Das ist der Track, in dem der Erzähler die Schnauze voll von Andy hat. Er hat alles getan, um ihm näherzukommen, 17 Songs lang, um genau zu sein, und jetzt reicht es ihm. Der Erzähler möchte sich etwas Neuem widmen, wäre da nicht dieses Gerücht, das ihn aufhält. Er hat gehört, dass Andy einen Freund hatte, der wie ein Mädchen aussah. Diese Gender-Verwirrung deutet an, dass Andy nicht nur mit Jenny gesehen wurde. Die Leute in der Stadt haben bereits ihr Urteil über Andy gefällt… Vielleicht, weil sie gesehen haben, wie er mit einem Typen rummacht.

Die Romanze

So oder so, bei „On Top“ scheint es, als wären Andy und der Erzähler endlich obenauf (bzw. aufeinander). Es ist eine ziemlich erotische Geschichte mit zweideutigem Text: „In the back, uh huh, I can’t crack/ We’re on top/ It’s just a shimmy and a shake, uh huh/ I can’t fake, we’re on top”.

Die sexy times halten allerding nicht lange an. In „Mr. Brightside” kommen Andy Zweifel. Er ist eigentlich noch immer mit Jenny zusammen, er ist ein Sport-Star, und wenn er mit ihr Schluss macht, wird man sich noch mehr als jetzt schon das Maul über ihn zerreißen. Er ist noch nicht bereit, die Hürde zu nehmen und bleibt mit ihr zusammen. Der Erzähler bleibt eifersüchtig und am Boden zerstört zurück („I’m coming out of my cage, and I’ve been doing just fine“). Warum kann Andy ihm das nicht nachmachen? Andy aber raucht stattdessen mit Jenny einen Joint. Sie berührt seine Brust, er zieht ihr das Kleid aus. Unser Erzähler ist allein zu Hause und bittet Andy darum zu erkennen, dass er tatsächlich Mr. Brightside ist.

Der Mord

Die Mini-Story der Murder Trilogy knüpft nahtlos an. Jenny kommt hinter die Beziehung zwischen Andy und dem Erzähler und verlässt ihn für einen anderen Mann. Er betrinkt sich, um die homoerotische Nacht zu vergessen, daher „Leave The Bourbon On The Shelf”, und gibt zu, dass er Jenny zurück will.

Natürlich will sie nicht, und von eifersüchtiger Wut und unterdrückten Gefühlen benebelt bringt er sie um. Wie jeder sitzengelassene Exfreund, der seine fremdgehende Partnerin tötet, rechtfertigt er seine Tat mit „she said she loved me”; der Mord ist nur die Rache dafür, dass sie ihm ihre Zuneigung entzogen hat.

Andys Verwirrung und Qual erreichen ihren Höhepunkt in „All These Things That I’ve Done”. Er bittet den Erzähler um Rat —er mag ihn, aber „his affection comes and goes”. Er weiß noch immer nicht, was er will, was sich noch dadurch verschlimmert, dass er seine Ex-Freundin umgebracht hat (wahrscheinlich ein Downer für die neue Romanze).

Letztendlich, nach einer viel zu lange dauernden Geschichte, besinnt Andy sich doch noch und realisiert, dass der Erzähler die Liebe ist, nach der er die ganze Zeit gesucht hat. Denn er glaubt an die Beziehung („believe[s] in you and me”) und daran, dass alles gut wird („Everything Will Be Alright”), wenn die beiden zusammen sind. Es ist wie eine klassische High School-Liebesgeschichte; Andy hatte keine Ahnung, dass der Erzähler auf ihn steht (obwohl sie gevögelt haben. Vielleicht hat Andy es einfach überhaupt nicht drauf, das Verhalten von Leuten zu verstehen).

Und am Ende kommt eigentlich der Anfang: Der Opener des Albums „Jenny Was A Friend Of Mine”. Aus Andys neugewonnener Perspektive als Schwuler, der in den Erzähler verliebt ist, bezeichnet er Jenny nur als eine Freundin. Ein absoluter Tiefschlag (aber sie ist ja tot, also glaube ich, dass es ihr nichts mehr ausmacht). Deshalb gibt es kein eigentliches Motiv für die Tat—wenn er sich früher entschieden hätte, hätte er schon seit dem Anfang von Hot Fuss mit dem Erzähler zusammen sein können.

Das Ende

Da haben wir es also. Hot Fuss ist nicht nur ein irgendwie gutes Album, geschrieben von einer ehemals guten Band. Es ist eine Geschichte über Liebe, Betrug, Coming Out, Verwirrtheit und darüber, wie jemand seine Ex-Freundin umbringt, aber trotzdem am Ende alles gut wird. Alles Sachen also, die man total nachvollziehen kann.

Und jetzt lasst mich bitte allein, ich möchte zu „Mr. Brightside” tanzen.

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