Drogen

Ich habe 24 Stunden im Tropical Islands verbracht

Autor Frederik trägt einen Hut im Hauptbecken des Tropical Islands

Ich verabscheue Reisen und Forschungsreisende. Trotzdem stehe ich im Begriff, über meine Expeditionen zu berichten.

“Traurige Tropen” – CLAUDE LÉVI-STRAUSS

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Es ist vier Uhr nachts im Tropical Islands: Das Wasser hat 31 Grad, die Luftfeuchtigkeit liegt bei 86,9 Prozent und der Blutalkohol von Vanessa bei geschätzt einem Promille.

Ihr Kopf verschwindet unter Wasser, sie öffnet den Mund. Sie schreit, aber das Wasser schluckt ihre Wut. Nur ein paar Blasen zerplatzen an der Oberfläche.

Dann taucht sie wieder auf und hustet.

“Warum bist du unglücklich?”, frage ich sie. “Das Wasser ist warm, Palmen, Cocktails, alles ist gut unter der Kuppel.”

Sie schaut mich an und sagt: “Hast du schon einen einzigen Mensch im Urlaub getroffen, der wirklich glücklich ist?”

Wir Deutschen machen uns gerne über andere Deutsche im Urlaub lustig. Die Socken in den Sandalen, die Handtücher auf den Liegen und das ständige Meckern über Hitze und zu süffiges Bier. Und noch viel lieber machen wir uns lustig über Deutsche, die für ihren Urlaub nicht mal ins Ausland fahren, sondern in einem Wohnwagen an der Ostsee schmoren. Oder an Orte fahren wie das Tropical Islands in Brandenburg

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Alle Fotos: Rebecca Rütten

Das Tropical Islands Resort ist der größte Indoor-Wasserpark der Welt, gelegen in der größten freistehenden Halle der Welt, inklusive des größten Indoor-Regenwalds der Welt. 2003 kaufte ein Investor aus Malaysia die ehemalige Cargo-Halle in Krausnick, in der eigentlich Zeppeline geparkt werden sollten, und ließ sie zur tropischen Insel umbauen. Viele der Urlauber bleiben mehrere Tage, buchen ein Zimmer mit Halbpension oder schlafen in einem Zelt am Rande der Halle.


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Es ist die eigentlich perfekte Urlaubswelt: azurblaue Lagune, Südsee, Regenwald (mit Schlangen im Terrarium), der höchste Wasserrutschenturm Deutschlands, Minigolf, Kräutersauna, Tauchkurse, Heißluftballonfahrten, echte Flamingos und nachgebaute Hindu-Tempel. Und darüber spannt sich eine Kuppel, die so hoch ist, dass die Freiheitsstatue darunter stehen und der Eiffelturm darin liegen könnte.

Fast eine Million Menschen besuchen den Park jedes Jahr.

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“Tropen für den kleinen Mann” und “Strand-Illusion für Asis unter einer Kuppel”, sagten meine Bekannten, die bereits dort waren.

Aber was kann schon so schlimm sein an Urlaub in einem tropischen Badepark? Und wer sind diese Menschen, die andere “Asis” nennen?

In 24 Stunden lernte ich, warum es menschlich ist, eine Liege mit dem Handtuch zu blockieren, ich lernte, warum Brandenburger sich besonders hässliche Tattoos stechen lassen und warum es uns so schwer fällt, im Urlaub wirklich glücklich zu sein.

13 Uhr Ankunft

Die Überfahrt von Berlin dauert eine Stunde. Der Regen peitscht ans Autofenster. Meine Socken ziehen sich mit Wasser voll, als ich vom Parkplatz zur Halle marschiere.

Ich betrete die Halle und fühle mich, als würde mir jemand eine warme Umarmung geben. 26 Grad sind es hier, Tag und Nacht. Mit mir drängen sich zweihundert Menschen in Richtung Kasse.

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13:15 Uhr

Die Kuppel. Egal wo man hinguckt, egal wie viel Regenwald, überall ist sie. Wie ein Sargdeckel schiebt sie sich über die Insel. Oft hat man diesen Ort mit der Truman Show verglichen. Dem Film, in dem ein Typ sein ganzes Leben in einer riesigen Kulisse unter einer Kuppel verbringt, ohne davon zu wissen. Bis er mit dem Schiff an den Horizont stößt, eine mit Himmel bemalte Wand.

So eine gibt es auch im Tropical Islands.

Aber der Vergleich passt nicht. Denn jeder Besucher weiß, dass Himmel und Sandstrand hier nicht hingehören. Aber deswegen sind sie ja hier – um der echten Welt zumindest kurz zu entfliehen. Die Kuppel wölbt sich um die Insel wie ein wärmender Bademantel. “Alles ist gut”, sagt sie. Deine Sorgen sind draußen.

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13:30 Uhr

Ich wandere über den Holzpfad vorbei am Mangrovensumpf. Pfaue und Fasane springen über den Weg. Ein kleiner Junge mit einer Schwimmnudel jagt ihnen hinterher. Die Mutter fotografiert den Jungen vor den Mangroven. Sie bückt sich vor und sagt: “Schau mal, du bist jetzt in den Tropen.” Hinter ihr steht der Vater, zückt sein iPhone und fotografiert den Arsch seiner Frau. Als ich ihn anblicke, hält er den Finger vor den Mund, dann fotografiert er schnell eine Palme.

600 verschiedene tropische Pflanzenarten blühen im “Regenwald”. Als die Halle 2004 eröffnete, hatten die Gärtner Probleme, die Pflanzen am Leben zu halten. Zwar werden sie Tag und Nacht gewässert und von einem Dutzend Gärtner umsorgt, aber ohne Tageslicht ging es nicht. Deswegen ersetzten sie Teile des Daches durch UV-durchlässige Planen. Das hat noch einen weiteren Vorteil: Trotz Kuppel wird man braun.

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Ich spaziere Richtung des Beckens, das “Südsee” heißt, und so groß ist wie drei Olympiaschwimmbecken, der Sandstrand davor ist zweihundert Meter lang. Eine Kellertür steht offen und ich schiele hinein. Überall verlaufen Heizrohre und Wasserleitungen. Die Grünen in Brandenburg haben die Betreiber mehrfach wegen des hohen Energieverbrauchs kritisiert, weil die Halle angeblich nicht genügend gedämmt ist und weil die Fußbodenheizung Tag und Nacht läuft, damit kein Besucher kalte Füße bekommt.

Aber wenn wir in den Urlaub fliegen, interessiert uns meist auch nicht, wie viel Kerosin das Flugzeug verbrennt oder wie viel Energie die Skihalle in der Wüste Dubais verbraucht, in der wir gerade Snowboard fahren. In anderen Ländern hören wir sogar auf, den Müll zu trennen und freuen uns heimlich, alles in eine Tonne werfen zu können. Urlaub ist schließlich dafür da, das ewig schlechte Gewissen mal zu Hause zu lassen.

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15 Uhr

Wir stehen am Strand. Familien mit Kühlboxen und Schwimmringen laufen die Liegen ab. Ihr Vorhaben ist ungefähr so aussichtslos, wie einen freien Parkplatz in Berlin-Mitte zu finden.
Mehr als 5.000 Besucher werden heute erwartet, hatte die Frau an der Kasse gesagt. Und, dass eigentlich noch tausend Leute mehr in die Halle passen.

Ein Mann beschwert sich beim Bademeister:

“Wir sind vier Stunden von Bremen hierher gereist und jetzt finden wir nicht mal eine Liege?”

“Am Empfang kriegen Sie Ihr Geld zurück, wenn Sie gehen wollen”, sagt er.

Ich versuche, mit ihm ins Gespräch zu kommen, aber er winkt ab.

Wenn ich an die Südsee denke, sehe ich mich alleine in einer Hängematte an einem perlmutt-weißen Strand, einen Mai Tai trinkend, ohne Menschen, ohne Handy, ohne Hose. Wir sehnen uns nach Ruhe und Idylle. Die meisten Deutschen wollen aber auch nicht für Urlaub um die halbe Welt fliegen oder mehrere Monatsgehälter ausgeben. Und deswegen machen wir Kompromisse und legen uns an vollgestopfte Strände in Mallorca oder Gran Canaria. Aber wer die Augen schließt und die Sonne auf der Haut spürt, der weiß, unser kleines Südseeparadies finden wir weder in Tahiti noch in Krausnick, sondern in uns selbst.

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15:22 Uhr

Meine stichprobenhafte Zählung ergibt: Etwa 75 Prozent der Erwachsenen sind tätowiert. Tribal-Tattoos sind besonders beliebt. Liegt das an Brandenburg? Oder ist das so in ganz Deutschland? Warum sollte gerade dieses Bundesland seine Bewohner dazu inspirieren, sich ein Arschgeweih oder ein Maori-Tribal stechen zu lassen?

Meine Google-Suche ergibt: Deutsche mit einem Monatseinkommen unter 1.000 Euro sind häufiger tätowiert als Besserverdienende, das sagt zumindest eine Umfrage der Bild-Zeitung. Aber ein Hotel-Zimmer im Tropical Islands kostet 120 Euro. So schlecht verdienen können die Leute also gar nicht.
Auch am Osten liegt es nicht. Denn laut YouGov haben 14 Prozent der Westdeutschen ein Tattoo und nur 13 Prozent der Ostdeutschen.

Ich suche nach einer Antwort am Airbrush-Tattoo-Stand.

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15:45 Uhr

In der Schlange hinter mir stehen zwei junge Mädchen und diskutieren. “Meinst du, Tiger oder lieber Kompass?”, fragt die eine. “Mach mal Tiger, Kompass hat meine Mutter schon”, antwortet die andere.

“Bist du nicht ein wenig alt?”, fragt mich die Tätowiererin, als ich einen Delfin für drei Euro auswähle.

“Warum?”

“Du bist doch reif genug für echte Tinte. Alle sind hier tätowiert.”

“Und warum?”

“Keine Ahnung, aber man fällt zumindest auf in der Masse.”

Als sie fertig ist, sagt sie mir, dass ich für die nächste halbe Stunde nicht rutschen und baden darf. Ich nicke und bestaune den Delfin im Spiegel. “Sieht männlich aus”, sagt eines der Mädchen und kichert.

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17:30 Uhr

Eine Frau an der “Bora Bora”-Bar zwinkert mir zu. Sie heißt Renate, ist 59 Jahre alt und fuhr früher LKWs. Sie hat kurze blondierte Haare, gebräunte Haut und trägt einen pink-farbenen Badeanzug. Eigentlich heißt sie anders, aber ihren echten Namen will sie nirgendwo lesen.

“Warum machst du hier Urlaub?”, frage ich.

“Wir machen Ladys Night”, sagt sie. “Meine Tochter und ihre Freundin sind mit. Mal richtig schön entspannen.” Für zwei Nächte schlafen sie im Zeltdorf. In den Zelten liegen schon bezogene Matratzen, die Nacht kostet 75 Euro pro Person. Sie haben Champagner mitgebracht und in der Lagune gebadet, aber das Gedränge im Becken war ihr zu viel, sagt sie. Außerdem sei das Personal hier so unfreundlich. Ich zeige auf die Barkeeperin und sie nickt. “Ist halt doch nur Deutschland”, sagt sie.

“Und warum seid ihr dann nicht weiter weggefahren?”, frage ich. “Jetzt im Sommer ist es überall voll. Aber hier ist das Wetter zumindest perfekt.” Außerdem pflege sie nebenbei ihren Vater. “Viel Urlaub ist da sonst nicht drin”, sagt sie. “Wir erzählen jetzt allen, dass wir eine Weltreise machen – Bora Bora, Thailand, Bali, gibt’s doch alles als Themendorf hier.” Ich nicke und erzähle, dass ich 24 Stunden ohne Schlaf verbringe.” Sie sagt: “Ich geb dir meine Zeltnummer, dann bleibst du wach.”

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18 Uhr

Noch immer laufen die Leute den Strand ab und suchen eine freie Liege. Aber egal, wo man hinguckt, überall liegen schon Handtücher. Die Deutschen sind dafür bekannt, Liegen vor allen anderen mit Handtüchern zu reservieren: Aber wie machen wir das bloß? Stehen wir dafür wirklich um 6 Uhr morgens auf? Ist uns das die Liege wert?

Ich finde eine Studie, die besagt, dass nur sechs Prozent der Deutschen im Urlaub fürs Reservieren früher aufstehen. Es muss einen Trick geben. Ich nehme mir vor, mich in der Nacht auf die Lauer zu legen.

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22:45 Uhr

Die Sonne geht unter im Tropical Islands. Die Leinwand hinter der Südsee färbt sich orange-gelb. Das Licht reflektiert auf dem Wasser. Nach zwanzig Minuten färbt sich die Wand violett, wird zu grün, wird nachtblau, wird schwarz.

Ein Vater bestellt eine letzte Runde Bier, der Barkeeper wischt den Tresen ab und der Whirlpool im Spa-Bereich hört auf zu blubbern.

Ich stelle Thesen für die Nacht auf, die ich überprüfen will.

  • Leute haben Sex in den Zelten.
  • Jugendliche kiffen am Strand.
  • Die ersten Rentner stehen um vier Uhr auf, um ihre Handtücher auf die Liegen zu legen.

1:05 Uhr

Ich spaziere am Zeltdorf vorbei und lausche. Ein junges Paar liegt im Zelteingang und fächert sich gegenseitig Luft zu. Sie gibt ihm einen Kuss. Dann drehen sie sich voneinander weg. Die Hitze raubt selbst Frischverliebten die Libido.

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3:00 Uhr

Zurück in der Raucher-Lounge. In der Ecke sitzt ein junger Typ mit nacktem Oberkörper.

“Kann ich mir ne Zigarette schnorren?”, frage ich. Er hält mir die Schachtel hin. Er ist 17 und kommt aus Dänemark. Hier ist er mit einer Gruppe, erzählt er. Lauter Kinder, die an Aggressionsstörungen leiden. “Und du passt auf die Kinder auf?”, frage ich. “Nein, ich gehöre dazu.” Und unvermittelt erzählt er: “Mein Vater hat mich geschlagen, seit ich zwei bin. Ich war gerade erst im Entzug, habe so viel Gras geraucht, dass ich kollabiert bin. Jetzt bin ich clean, seit drei Monaten.”

Die Jugendgruppe, mit der er hier ist, organisiert Ausflüge mit den Kindern. Im Winter waren sie skifahren, jetzt eben Tropical Islands.

“Und kannst du hier entspannen?”

“Geht so. Wir verlassen die Halle kein einziges Mal in der ganzen Woche. Ich fühle mich eingesperrt, die Zelte sind nachts unerträglich heiß und außerdem durchsuchen die Betreuer uns ständig nach Drogen und Alkohol.”

“Wie vertreibt ihr euch die Zeit?”

“Schwimmen, Karten spielen, Rauchen. Ich wünschte nur, es gäbe hier mehr Mädchen.”

“Willst du zurück nach Hause?”

“Nein, alles ist besser als zu Hause.”

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3:45 Uhr

Ich gehe zurück zum Strand. Plötzlich sind überall Reinigungskräfte im Einsatz. Eine Frau fegt Nachos, Strohhalme und Taschentücher aus dem Sand.

3:55 Uhr

Am Info-Schalter trinkt die Frau Kaffee. Hier geben die Gäste und Mitarbeiter Fundgegenstände ab.

“Was ist das Schlimmste, was hier je zurückgelassen wurde?”, frage ich.

“Es ist besser, wenn Sie das nicht wissen”, sagt sie.

“Ach, bitte. Ich verrate es niemandem.”

“Darf ich echt nicht sagen.”

“Und das Lustigste?”

“Eine Schreibmaschine.”

“Bleiben Sie die ganze Nacht auf?”

“Ja.”

4 Uhr

Nun verstehe ich, wie die Leute es schaffen, die Liegen zu reservieren. Sie lassen ihre Handtücher über Nacht einfach drauf. Sie können ausschlafen und trotzdem wartet eine freie Liege auf sie. Der Deutsche, bekannt für Pragmatismus und Effizienz.

Das Reinigungspersonal stapelt in der Nacht alle leeren Liegen und wischt den Boden darunter. Liegen mit Handtuch lassen sie stehen. Ich spreche einen Typen mit Klemmbrett an, der die Putzkolonne kommandiert. “Warum nehmen sie die Handtücher nicht weg, das ist doch unfair!”
“Die Handtücher gehören doch wem, wir können die nicht einfach einkassieren.”

Er hat Recht. Ja, es ist ein bisschen spießig, aber am Ende doch menschlich: In einer Halle mit 5.000 Fremden brauchen wir einen Ort, der uns gehört, ein kleines Zuhause in der Fremde, zwei Meter auf 50 Zentimeter. Wir Deutschen sind eben keine Nomaden, wir brauchen unser Revier. Und mit dem Handtuch markieren wir es.

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4:40 Uhr

Nur noch drei Menschen schwimmen in der Südsee. Ein alter Mann, eine junge Frau und ich.

Der alte Mann schwimmt wortlos an mir vorbei. Die junge Frau spritzt mich nass.

“Ey”, rufe ich und spritze zurück. “Wer bist du denn?”, fragt sie.

Sie schwimmt wie ein Haifisch um mich herum, streift meine Schulter, schiebt ihr Gesicht nur wenige Zentimeter vor meins. Ich versuche, mich wegzudrehen, aber sie folgt meinen Bewegungen. Ihr Atem riecht nach Schnaps. Sie taucht unter und schreit.

Vanessa ist 27 Jahre alt und wohnt in einem kleinen Dorf einige hundert Kilometer entfernt. Eigentlich wollte sie da immer weg, erzählt sie, die Welt sehen, aber dann wurde sie schwanger. Fürs Reisen fehlt ihr das Geld. Aber so ein paar Tage hier seien gut, sagt sie, um runterzukommen.

Sie lässt sich auf den Rücken im Wasser treiben und starrt in Richtung der Kuppel. In der Dunkelheit kann man die Decke kaum noch erkennen. “Weißt du, wenn man nur lange genug die Augen schließt, vergisst man die Kuppel. Aber sobald die Augen aufgehen, ist sie wieder da. Und mit ihr der Gedanke, dass dahinter meine Probleme auf mich warten.”

Um hierher zu kommen, habe sie ihr Kind beim Vater gelassen. Vor ein paar Stunden hat sie angerufen, aber nur die Oma sei rangegangen. Der Vater sei nicht da, hat sie gesagt. Weg mit seinen Kumpels, Feiern, statt auf das Kind aufzupassen.

Er habe schon seit Jahren Probleme mit Drogen, schmeißt sich alles, was er kriegen kann. Ecstasy, MDMA, Speed, sogar Crystal Meth.

Morgen will sie ihren Urlaub abbrechen und zurückreisen. Ich will sie noch mehr fragen, aber dann taucht sie mit dem Kopf unter und schwimmt einfach davon.

7 Uhr

Morgenlicht flutet die Halle, die ersten Kinder planschen wieder. Ein Typ joggt den Strand auf und ab.

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8 Uhr

Ich habe den Strand für mich. Erst jetzt fällt mir auf, wie fein der Sand ist, wie grün die Palmen. Die Natur ist immer schöner ohne Menschen. Ich vergrabe meine Füße im Sand. Warum kann ich nicht einfach bleiben? Ich will nicht in fünf Stunden zurück nach Berlin, ich will nicht arbeiten. Ich fühle mich niedergeschlagen.

Dann denke ich an Vanessa und mir fällt wieder ein: Egal wie perfekt der Ort ist, an dem wir Urlaub machen, egal wie warm das Meer, zufrieden sind wir nie.

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