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Ich habe Cannabis-Gleitgel selbst gemacht, damit meine Vulva high wird

Der Unterkörper einer Frau, die Vulva durch Gras-Blätter verdeckt; in der Hand hält sie ein Cannabis Gleitgel

Foto: Collage mit Spreadshirt | Flickr | CC BY 2.0

Meine Genitalien im Namen des Journalismus high zu machen, ist seit drei Jahren mein persönliches Karriereziel. Als das Cannabis-Gleitgel von Foria 2014 auf den Markt kam, hätte ich am liebsten auf “Bestellen” gedrückt, noch bevor ich die erste Rezension zu Ende gelesen hatte. Die Frau berichtete, dass ihre Muschi “so gechillt war, als würde sie gerade auf einem Strand in Mexiko relaxen”, und sogar leicht “stoned” wurde. Vor allem Kundinnen waren begeistert und berichteten, dass es ihre Genitalien geil und entspannt macht. (Auf Schwänze wirke es auch, nur wohl nicht ganz so intensiv – weil das THC besser durch die Schleimhäute absorbiert werde.) Und wer das Ganze aß, berichtete sogar von einem mildem High. (Aber bitte auf keinen Fall eine ganze Flasche davon trinken.)

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Der Haken: Foria können nur Menschen kaufen, die in Kalifornien leben und eine medizinische Marihuana-Erlaubnis besitzen. Und 30 Milliliter davon kosten 76 Dollar, was laut Hersteller für 30 Anwendungen reichen soll – das wären umgerechnet an die 2,30 Euro pro Sex. Damit spielt das Produkt in derselben Preisliga wie dieses absurde Kunstsperma.

Zum Glück hat das Internet eine Anleitung, wie man das Ganze auch zu Hause in Deutschland machen kann. Und viel billiger: 30 Milliliter wären für circa 10 Euro zu haben. Ich habe mich für ein Rezept von The Weedist entschieden. Alles, was man braucht, ist Kokosnussöl, einen Herd mit Ofen, Gras und die Geduld, es nicht schon beim Kochen zu rauchen. Ach, und ein williges weiteres menschliches Versuchsobjekt wäre nett – zum Lecken und Gesellschaftleisten beim Kochen.

Ich habe die Hälfte der vorgeschlagenen Menge genommen: 16 Esslöffel Kokosnussöl und ein Gramm Gras. Das ist ungefähr so viel:

1 Gramm Gras für Cannabis-Gleitmittel
1 Gramm Gras für Cannabis-Gleitgel FOTO: PRIVAT

Dann schütte ich vorsichtshalber doch noch ein Gram nach: Sicher ist sicher. Das Gras muss man fein im Grinder zerkleinern, das Kokosnussöl auf kleiner Flamme erhitzen, bis es schmilzt und die beiden Zutaten vermischen.

Das Rezept ist so idiotensicher wie die Anleitung für Knack-und-Back-Brötchen. Es sei denn, man zerbricht das Kokosnussölglas und muss mikroskopische Glassplitter aus der weißen Masse ziehen sowie das restliche Kokosnussöl in ein Senfglas umfüllen. Der Gedanke, dass Glassplitter in der Substanz sein könnten, die später meine zarten Sexualorgane berühren wird, ist kein guter. Andererseits ist Kokosnussöl-Rummatschen eine tiefenentspannende Erfahrung, an die kein Spa herankommt. Wirklich, es sollte eine krankenkassenfinanzierte Anti-Stress-Maßnahme sein. Fans von Cannabis-Gleitgel argumentieren übrigens, dass die ganze Erfahrung nicht nur etwas für Kiffer sei – sondern vor allem Frauen helfe, besseren Sex zu haben (oder überhaupt zu kommen).

Das THC wird durch die Schleimhäute absorbiert – aus denen die Vulva zu einem großen Teil besteht. (Der Penis nicht – Männer müssen, um in den vollen Genuss zu kommen, das Zeug auf den Anus schmieren.) Das THC weitet die kleinen Blutgefäße, sodass mehr Blut in die Vulva fließt – aus demselben Grund werden übrigens beim Kiffen die Augen rot. Besser durchblutet heißt aber auch: empfindlicher. Einige Frauen berichten sogar, dass THC ihnen bei Vaginal-Krämpfen und Schmerzen beim Sex helfe.

Der Chef von Foria (“Wellness director” heißt der Job dort) ist auch kein verkiffter Typ, sondern kommt aus der Kondom-Branche. Er sagte in einem Gespräch mit VICE, dass es ihm vor allem um den medizinischen Aspekt gehe. Inzwischen bietet Foria auch Cannabis-Produkte an, die gegen Menstrualbeschwerden helfen sollen. Es gibt noch keine Studien, die das belegen – oder dass THC-Gleitgel Frauen tatsächlich besseren Sex verschafft. Andererseits: Anders als Männer, für die es Viagra gibt, haben Frauen kaum Mittelchen oder Pillen, die ihr Sexleben verbessern können. Vor diesem Hintergrund geben die Rückmeldungen von Frauen, die THC-Gleitgel preisen, Hoffnung. Und viel mehr als zwei Gramm Gras kann ich dabei nicht verlieren.

Das geschmolzene Gras-Kokosnuss-Gemisch fülle ich in eine Backform und schiebe es in einen vorgeheizten Ofen, wo es 60 bis 90 Minuten bei 140 Grad ziehen soll. Die Küche riecht sofort nach Kokosmakronen und mein Gehirn vergisst ständig, dass das Zeug im Ofen für meine Genitalien und nicht für meinen Magen bestimmt ist. Ich laufe alle 10 Minuten in die Küche und tauche meinen Finger in die Backform, bis das Öl irgendwann so heiß ist, dass ich mich verbrenne. Es schmeckt übrigens kaum nach Gras, sondern nach zuckerfreiem Bounty.

The Weedist rät, die fertige Flüssigkeit zu filtern, bevor man sie in ein Fläschchen umfüllt. Aber dafür habe ich nicht die Geduld. Das fertige Produkt sieht ziemlich nach Reformhaus aus, riecht aber weder nach Bongwasser, noch hat es den muffigen Geruch von Hanf-Kosmetik, sondern fast nur von Kokos. Man darf Kokosöl übrigens nicht zusammen mit Latexprodukten benutzen, also sollten die menschlichen Versuchsobjekte, mit denen man das Ganze testet, erregerfrei sein. Und wenn ihr nicht gerade dabei seid, die Familienplanung voranzutreiben: schön an die Schwangerschaftsverhütung denken! Sonst geht es euch wie dieser Cannabis-Köchin, die ihr Baby beim Gleitgel-Testen gezeugt hat.

Cannabis-Gleitgel
Das fertig Cannabis-Gleitgel

Eigentlich sollte man eine Stunde warten, bis das Cannabis-Gleitgel anfängt zu wirken, aber ich bilde mir schon nach 20 Minuten ein, dass meine Genitalien zuerst etwas taub werden (so als würde ein Bein einschlafen) und dann zu kribbeln anfangen (so als würde ein eingeschlafenes Bein wieder Blut bekommen).

Meine Vulva hat jetzt keinen Trip (weder ich noch sie haben halluziniert, Stimmen gehört oder die Welt plötzlich in Slowmotion gesehen). Aber “high” trifft den Zustand tatsächlich ganz gut – meine Genitalien waren gleichzeitig vernebelt und empfindsamer als sonst. Fingern, Penetration und Lecken (vor allem Lecken!) fühlen sich intensiver an – was aber auch daran liegen könnte, dass ich verstärkt darauf geachtet habe, was da unten alles vor sich geht. Auch der Kerl berichtete von einem intensiveren Erlebnis – könnte allerdings genauso am obengenannten Grund liegen.

Weed-Gleitgel hat nicht mein Sexleben auf den Kopf gestellt, aber es ist auf jeden Fall die zwei Gramm Gras wert gewesen, die dabei draufgegangen sind. Ich bettle meine US-Freunde allerdings weiterhin an, mir Zeug aus Kalifornien mitzubringen. Allerdings ist das Zeug aus Kalifornien nicht wirklich ein Gleitgel – obwohl die meisten Magazine, die darüber schreiben, von “Weed-Lube” sprachen –, sondern ein Öl zum Sprühen. Man schmiert sich damit nicht großzügig ein, sondern trägt nur ein paar Spritzer eine Stunde vor dem Sex auf. Meine DIY-Variante, wenn auch nicht so stark, hat einen Nebeneffekt. Je gewissenhafter man leckt, desto higher wird man.

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