Für Uneingeweihte klingt die Arbeit als professionelle Sub wahrscheinlich nicht besonders reizvoll. „Sich von einem wildfremdem Mann eine Stunde lang fesseln und auspeitschen lassen” als Jobbeschreibung dürfte wohl nicht allzu viele Interessentinnen auf den Plan rufen.
Wenn dir Derartiges allerdings gefällt—und du dafür auch noch gut bezahlt wirst—, dann kommt dir eine solche Tätigkeit deinem Traumjob doch schon ziemlich nahe. Obwohl mehr als zwei Drittel aller Frauen mit BDSM-Neigung den devoten Part zu bevorzugen scheinen, gibt es verglichen mit professionellen Dominas nur sehr wenige professionelle Subs.
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Katie, eine in London lebende Amerikanerin, ist so eine Sub und eine der Wenigen, die als solche arbeiten. Ich habe mich mit ihr unterhalten, um mehr über ihren Beruf zu erfahren.
VICE: Was hat dich dazu gebracht, als professionelle Sub arbeiten zu wollen?
Katie: Mir wurde bei meinem alten Job gekündigt und der Arbeitsmarkt war einfach furchtbar. Ich bekam keinen anderen Job und war deswegen unglaublich gestresst. Als ich dann eine Nacht mit meiner Ex-Freundin aus war, schlug sie vor, dass ich doch nach Arbeit in einem Dungeon suchen könnte—sie wusste ja von meiner Vorliebe für BDSM.
Am nächsten Tag schaute ich mich ein wenig um und bewarb mich bei ein paar Dungeons. Ich wurde dann schließlich bei einem wunderschönen Dungeon in Midtown angestellt und ließ mich dort ausbilden. Es waren größtenteils Dominatätigkeiten, die ich dort machte, und nur gelegentliche Sessions als Sub. Weil ich von mir aus nicht dominant veranlagt bin, fühlte sich die Arbeit als Domina immer irgendwie erzwungen und unnatürlich an. In diesem Tätigkeitsbereich fällt es sofort auf, wenn du das, was du tust, nicht wirklich liebst—es ist außerdem nicht fair deinem Kunden gegenüber und auch nicht gut für dich selber. Aus diesem Grund entschied ich mich dann dazu, all das, was ich in dem Dungeon gelernt hatte, zu nehmen und freiberuflich zu arbeiten—ausnahmslos als Sub. Es war eine großartige Entscheidung. Jetzt liebe ich meine Arbeit wirklich.
Ist deine Tätigkeit als Sub deine einzige Einkommensquelle?
Das ist sie definitiv. Manchmal gibt es Leute, die etwas gegen Sexarbeit haben, und die fragen mich dann, warum ich mir nicht einen vernünftigen Job suche. Ich muss dann immer leicht schmunzeln. Ich bin meine eigene Chefin, lege selber fest, wann und wie oft ich arbeite, suche mir meine Kunden aus und verdiene mehr in ein paar Stunden als die meisten Menschen in einem Monat. Mich hat tatsächlich gerade erst ein Freund eines Freundes gefragt, ob das hier wirklich das ist, wie ich mir als junges Mädchen mein Leben vorgestellt habe. Ich würde sagen, dass es als jemand, der von einer starken Frau erzogen wurde, immer mein Ziel war, unabhängig zu sein. Die Antwort auf diese Frage ist also ein klares Ja.
Wie viel verdienst du denn pro Session?
Das hängt wirklich davon ab, was alles darin passieren soll. In der Regel sind es 300 bis 600 Pfund pro Stunde.
Und was beinhalten die Sitzungen in der Regel?
Caning (Stockschläge) und Spanking mit der flachen Hand sind sehr beliebt. Rollenspiele auch—in der Regel die klassischen Szenarien mit Schulmädchen oder Sekretärin. Ich habe auch gemerkt, dass eine Menge Kunden auf kontrollierte Orgasmen stehen. Das heißt, ich werde von ihnen irgendwie gefesselt und dann mit einem Vibrator stimuliert—darf aber nicht ohne ihre Erlaubnis zum Orgasmus kommen. Wenn ich das aber doch tue, dann gibt es dafür eine Strafe. Erzwungene Orgasmen sind ein anderer Favorit meiner Kunden. Das ist so ziemlich genau das, wonach es sich anhört: Ich werde gefesselt und immer wieder zum Orgasmus gebracht. Das hört sich toll an, wird mit der Zeit aber sehr intensiv und schmerzvoll. Eine Sitzung mit erzwungenen Orgasmen war auch tatsächlich eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen ich mal mein Safeword benutzt habe. Das sind so in etwa die Sachen, die ich mache. Aber eigentlich habe ich schon so ziemlich alles gemacht, was man sich nur irgendwie vorstellen kann—oder bin wenigstens danach gefragt worden.
Was war denn der ungewöhnlichste Wunsch, den ein Kunde jemals geäußert hat?
Ich mache das jetzt schon so lange, dass mir eigentlich nichts mehr ungewöhnlich vorkommt. Ich hatte mal einen Mann, der mich darum bat, dass ich mich, so lange wie ich nur konnte, in ein Eisbad lege, um danach einfach nur komplett starr und unbeweglich liegenzubleiben. Ich hatte auch mal einen Kunden, der total von Symmetrie besessen war. Alle Schrammen und blauen Flecken mussten aufeinander abgestimmt sein. Nach so und so vielen Stockschlägen auf der linken Seite, musste die andere Seite exakt genau so oft bearbeitet werden. Ein anderer Kunde wollte an meinem Körper so viele Wäscheklammern befestigen wie möglich. Wir haben dann im Endeffekt die ganze Sitzung damit verbracht zu zählen, wie viele Klammern an meinem Körper waren. Aber ernsthaft, mich schockiert oder verwundert eigentlich nichts mehr.
Machst du dir je Sorgen um deine Sicherheit? Du gibst den Männern schließlich eine Menge Kontrolle über dich.
Ja, definitiv. Es liegt ja schon in der Beschreibung ihrer Rolle, dass Subs sich dominieren lassen—und das ist natürlich nicht ganz risikolos. Der Markt für professionellen Subs ist allerdings auch recht klein und diejenigen, die uns kontaktieren, tun dies nicht aus bösen Absichten, sondern weil wir etwas bieten, wonach sie suchen. Ich treffe mich außerdem nie mit Kunden, die mir keine Telefonnummer oder E-Mail-Adresse geben können. Meistens treffe ich neue Kunden erst an einem öffentlichen Ort auf einen Kaffee oder einen Wein und wenn mir dann irgendetwas komisch vorkommt, entschuldige ich mich und gehe.
Glaubst du, dass die Arbeit als Sub gefährlicher ist als andere Dienstleistungen in diesem Bereich?
Gefährlicher? Ich bin mir da nicht so sicher. Sie hat wohl das Potenzial gefährlicher zu sein, das stimmt schon, aber im Endeffekt hat jede Form von Sexarbeit, bei der man sich mit Kunden trifft, ihre eigenen Risiken. Klar, wir erlauben es, dass man uns fesselt und dominiert, aber aus diesem Grund haben wir auch ein bestimmtes System etabliert, das es uns ermöglicht, das Ganze so sicher wie möglich zu machen. Es gibt immer jemanden, der den Namen, die Telefonnummer und die Adresse der Person weiß, die ich treffe. Ich schreibe immer eine SMS, wenn ich dort ankomme, und noch eine, wenn ich wieder gehe. Auch wenn der Gefahrenfaktor für professionelle Subs auf den ersten Blick mehr auf der Hand liegt, würde ich sagen, dass alle Sexarbeiter einem Risiko ausgesetzt sind. Die rückständige Gesetzesregelung und die herrschende Diskriminierung machen unsere Arbeit nicht gerade sicherer. Solange wir kriminalisiert und in der Gesellschaft als minderwertig wahrgenommen werden, wird niemand in der Sexindustrie wirklich sicher sein.
Was für Männer nehmen deine Dienste in Anspruch? Hast du so etwas wie einen typischen Kunden?
Nicht wirklich. Die meisten sind gebildete Männer mittleren Alters—viele aus dem Finanzsektor oder so Aufsichtsrat-Typen. Ich habe es allerdings mit einem recht weit gefächerten Kundenstamm zu tun. Es gibt da auch ein paar in meinem Alter, die eher mehr über BDSM erfahren und das in einem sicheren und unvoreingenommenen Umfeld auskundschaften wollen. Ich habe auch sehr viel ältere Kunden, die nach jüngerer Gesellschaft suchen. Ich hatte mal einen wirklich großartigen Kunden, der 89 war. So fest wie der schlagen konnte, hätte man das aber niemals gedacht.
Ist deine Hauptmotivation eher sexueller oder finanzieller Natur?
Zu allererst ist es mein Job. So verdiene ich mein Geld und das ist es definitiv auch, wie ich meine Tätigkeit sehe. Allerdings denke ich auch, dass man diesen Job nicht machen kann, wenn man keinen Spaß daran hat. Der Kunde merkt das schnell, wenn dir die Sitzung nicht wirklich gefällt.
Woran liegt es deiner Meinung nach, dass Dominas so viel öffentliche Aufmerksamkeit bekommen aber professionelle Subs so wenig?
Das Dasein als Domina ist in weiten Teilen unserer Kultur relativ akzeptiert. Dominas werden generell als starke, mächtige Frauen gezeichnet und mit diesem Bild können die meisten Menschen ganz gut leben. Professionelle Subs werden jedoch oft als Opfer gesehen. Man sieht uns als schwach, weil wir es zulassen, dass man uns fesselt und schlägt—weil man uns an den Haaren zieht und uns betteln lässt. Die Leute denken oft, man müsste uns retten—und überhaupt ist man der Meinung, wir würden Gewalt gegen Frauen fördern. Nichts davon ist wahr: Subs sind sehr starke Personen, die in keinster Weise irgendeine Opferrolle innehaben. Uns gefällt das, was wir tun, und jeder in der BDSM-Gemeinschaft wird dir sagen, dass wir bestimmt nicht schwach oder irgendwie hilflos sind. Ich finde, dass die Gesellschaft anfangen muss, zu verstehen, was wir hier tuen. Wir müssen endlich mit dem Respekt behandelt werden, den wir verdient haben.
Was hältst du von der Darstellung der devoten Rolle in 50 Shades of Grey?
Ich habe es nicht geschafft, das ganze Buch zu lesen. Der Schreibstil war einfach so furchtbar, dass ich nicht mehr konnte. Ich hätte mir am liebsten die Augen ausgestochen, so schlimm war es. Ich habe allerdings relativ viel davon gelesen und ich muss sagen, selbst wenn man sehr nachsichtig ist, zeigt die eine Stelle, an der das Mädchen das Safeword sagt und das ignoriert wird, dass das Buch die Ansicht verbreitet, dass häusliche Gewalt OK ist. Jeder in der Fetischgemeinschaft weiß, dass das Safeword das A und O ist. Sobald es ausgesprochen wird, hört alles sofort auf. Wenn es aber wie in dem Buch gesagt und ignoriert wird, ist die Person, die es ignoriert, nicht nur ein Arschloch, sondern auch kriminell.
Und zu guter Letzt, welchen Rat würdest du Frauen mit auf den Weg geben, die selber überlegen, eine professionelle Sub zu werden?
Die erste und wichtigste Regel lautet: Mach den Job nicht, wenn dir die devote Rolle nicht wirklich Spaß macht. Ich habe mit vielen Frauen gesprochen, die dachten, dass sie einfach von ihrer Arbeit als Escort zur Arbeit als Sub wechseln könnten. Sie waren alle totunglücklich. Es ist ziemlich leicht, sich einfach durch eine Rollenspiel-Session oder harmlosere Bondage-Spielchen zu schummeln, aber wenn man sich dann mit einem Stock schlagen lässt oder ein hartes Spanking bekommt, dann ist der Schmerz sehr real. Außerdem sollte man immer seinen Instinkten vertrauen. Kommt dir eine Situation irgendwie komisch vor, dann geh. Triffst du einen neuen Kunden und verspürst selbst das leiseste Gefühl, dass hier irgendetwas nicht stimmt, dann geh.
Danke, Katie.