GifGas ist ein belgischer Fotograf Anfang 20, der per Trainhopping durch Europa reist und seine Trips auf YouTube und Instagram dokumentiert. Beim Trainhopping schmuggelt man sich auf Güterzüge und kommt so unbemerkt von einem Ort zum nächsten. Das Problem: Das Ganze ist höchst gefährlich und illegal.
GifGas ist sein ganzes Leben lang vernarrt in Züge. Seine Leidenschaft fürs Trainhopping wurde durch die Videos von Stobe the Hobo ausgelöst, einem US-Amerikaner, der auf Güterzügen durch die USA reiste und die Videos davon bei YouTube hochlud. GifGas erzählt, dass er damals in der Nähe eines Güterbahnhofs lebte und genau beobachten konnte, wann die Züge ankamen und losfuhren. Er fing an, die Zugfahrpläne zu studieren, um seinen ersten Trip zu planen.
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“Schließlich fand ich einen Zug, der von Zeebrugge nach Mailand fuhr. Ich rief meinen Kumpel Rico an, mit dem ich Graffitis sprühe, und fragte ihn, ob er kostenlos mit mir reisen wolle”, erzählt GifGas in einer Bar in Brüssel. “Der Zug rollte durch die Schweiz und Deutschland und kam 13 Stunden später in Italien an. Seitdem konnte ich nicht mehr aufhören, das ist wie eine Droge.”
“Trainhopping gibt dir das Gefühl, dass du etwas Einzigartiges tust, von dem fast niemand etwas weiß”, fügt GifGas hinzu. Seine Leidenschaft für die Reise per Güterzug geht dabei über die Suche nach dem nächsten Adrenalinrausch oder nach einem kostenlosem Trip hinaus. “Das Ganze eröffnet dir eine neue Perspektive: Du befindest dich in so extremen Bedingungen, dass du dich in anderen schwierigen Situationen an diese Momente erinnerst und dadurch stärker wirst.”

Bis jetzt hat GifGas rund 40 Trainhopping-Trips gemacht – entweder alleine oder mit abenteuerlustigen Freunden. Die Planung seiner Reisen dauert zwischen einer Woche und mehreren Monaten. Wenn GifGas mit Google Maps, Zugfahrplänen und manchmal auch Tipps von lokalen Zugfans alle Details ausgearbeitet hat, packt er seine Reisetasche, steigt auf und hofft auf das Beste. “Was ich am Trainhopping so liebe, ist die Tatsache, dass du nicht weißt, wo genau du ankommst”, sagt er. “Diese Reisen sind geplante Abenteuer, bei denen aber auch eine Menge Improvisation nötig ist.”
Wenn GifGas unterwegs ist, will er so viel von den jeweiligen Ländern sehen wie möglich: “Ich habe keine Lust auf Touristenkram. Mich interessieren kleine Dörfer viel mehr – Orte, wo man eine andere Kultur wirklich erfahren kann.”
Einmal hat GifGas zusammen mit ein paar Reisebegleitern mitten im rumänischen Nirgendwo eine Nacht im Garten eines Fremden verbracht. Anstatt sie zu verscheuchen, brachte ihnen der Besitzer des Hauses Kaffee: “Und danach nahmen er und seine Freunde uns mit in eine Bar”, erzählt GifGas. “Wir sagten, dass wir eigentlich irgendwo im Wald schlafen wollten, aber davon wollten sie nichts hören. Also übernachteten wir bei einem von ihnen und bekamen am nächsten Morgen sogar Frühstück serviert.”

Es läuft aber nicht immer so geschmeidig. Als GifGas zum ersten Mal trainsurfte – also auf dem Dach eines Personenzugs mitfuhr –, wurde in den überregionalen belgischen Nachrichten über ihn berichtet. Seit ihm klar wurde, dass ihm für solche Aktionen eine zweijährige Haftstrafe droht, achte er akribisch darauf, seine Identität geheim zu halten, sagt GifGas.
Zu GifGas’ bis jetzt schlimmster Trainhopping-Erfahrung kam es in Italien. Wachen spürten ihn, Rico und den Trainhopping-Kollegen Shiey an der italienisch-österreichischen Grenze auf. Als der Zug in den Güterbahnhof rollte, hätten dort zehn Sicherheitsmitarbeiter gewartet.
Der Zug sei angehalten worden, um das Trio zu schnappen, aber die Trainhopper seien in die Berge entkommen. “Sie hielten uns für Migranten und setzten deswegen alle Hebel in Bewegung. Wenige Minuten später kreiste ein Suchhelikopter über uns. Wir fühlten uns, als hätten wir fünf Sterne bei Grand Theft Auto“, sagt GifGas. “Durchs Gebirge schafften wir es nach Österreich, und dort konnten sie uns nichts mehr anhaben. Die ganze Zeit hatten wir nichts gegessen und waren total erschöpft. Dennoch hatte ich die Zeit meines Lebens.”

GifGas sagt, auch wenn nicht jeder Trip erfolgreich verlaufe, sei er trotzdem glücklich mit seinem Lifestyle. “Es kommt schon mal vor, dass man keine Lust mehr hat. Du musst meistens im Wald schlafen, wo du nicht weißt, ob dich gleich ein wildes Tier angreift oder ob irgendein Bauer mit einem Gewehr auftaucht”, sagt er. “Aber wenn du solche Schwierigkeiten überstehst, weißt du die Ankunft am Ziel noch viel mehr zu schätzen.”
Es folgen weitere Aufnahmen von GifGas’ und Ricos Reisen durch Europa:









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