Die Aufgabe eines Journalisten ist es unter anderem, Phänomene und komplizierte Sachverhalte dem Leser so verständlich wie möglich näher zu bringen. Doch was passiert eigentlich, wenn man das, worüber man berichtet, selber nicht versteht? Dann hat man als Medienfuzzi ein Problem. Bei Yung Lean und seinen Sad Boyz fühle ich mich regelrecht überfordert. Wenn ich mir diesen 17-jährigen schwedischen Rapper anschaue, wie er mit Arizona-Eistee-Flaschen in asiatischen Supermärkten rumwedelt und über Beyblades, Optimus Prime und Trauer rappt, kommt schnell die Frage auf: „Was hat das für einen Sinn?“, dicht gefolgt von: „Bin ich zu alt für diesen Scheiß?“ Anscheinend nicht, denn aus irgendeinem Grund feiere ich dieses kodeingeschwängerte Gebilde aus Houston- und Cloud Rap, das der Based God höchstpersönlich absegnen würde.
Um wenigstens ein paar Antworten zu finden, habe ich die Sad Boyz, namentlich Yung Lean und seine beiden Produzenten Yung Gud und Yung Sherman, zum Interview gebeten. Wir haben es jedenfalls versucht.
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Noisey: Seid ihr gerade traurig?
Yung Gud: Überhaupt nicht.
Warum dann Sad Boyz?
Gud: Naja, weil das Leben scheiße ist. Ich hasse es überall, aber am Schlimmsten ist es in Schweden.
Warum?
Keine Ahnung, ich schätze, es ist einfach nichts für mich.
Yung Sherman: Schweden ist scheiße deprimierend. Das Wetter, die Leute, einfach alles.
War 2001 bis 2003 alles besser oder warum bezieht ihr euch immer auf diese Jahre?
Gud: Das musst du schon selber herausfinden.
Ich bin sechs, sieben Jahre älter als ihr, vielleicht verstehe ich euch einfach nicht.
Lean: Ich glaube nicht, dass das Alter entscheidend ist. Wir haben viele Fans, die 25 sind. Du solltest dich nicht zu sehr an Einzelheiten aufhängen. Wir mögen es einfach, Referenzen aus diesen Jahren zu nennen—wie mit der Musik oder Mode.
Ich glaube, in meiner Generation herrscht der Konsens, dass es nach den 90ern bergab ging. Vor allem mit HipHop.
Gud: HipHop war in den 90ern scheiße. Alles hat gleich geklungen, da war nicht genug Bass drunter.
Sherman: Ich glaube, dass Rap damals gut war, aber die Leute versuchen heute immer noch, das Gleiche zu machen. Das nervt mich.
Wie habt ihr euch kennengelernt?
Lean: Ich kenne Sherman von einer Freundin. Sie hat mir erzählt, dass er Musik macht und so sind wir in Kontakt gekommen.
Gud: Sherman und ich haben uns auch durch einen gemeinsamen Freund kennengelernt. Er hatte eine Boombox und wir haben uns coole Internetmusik angehört, die wir alle mochten, wie Rob Bank$ oder Lil Ugly Mane.
Ein Freund von mir hat Mista Thug Isolation von Lil Ugly Mane auf Vinyl. Auf Ebay ist die mittlerweile 150 Euro wert.
Sherman: Ich habe das Cover als Poster und es leuchtet im Dunklen. Ziemlich cool, was!
Seid ihr deswegen so traurig, weil er keine Musik mehr macht?
Ich habe gerade einen Facebook-Status von Ormolycka, dem Label, das Mista Thug Isolation raus gebracht hat, gelesen, dass er an einem neuen Album sitzt.
Lean: Cool.
Stimmt es, dass Lil Ugly Mane eure größte Inspiration ist?
Gud: Nicht wirklich. Wir mögen einfach alles mit 808s und wenn es schön langsam ist.
Lean, stimmt es, dass du mal mit Adam Tensta als Kind aufgetreten bist?
Lean: Nicht ganz. Als ich in der vierten Klasse war, habe ich einen Rap-Track für meine Freunde und mich geschrieben. Der Song war schrecklich, also wirklich richtig schlecht.
Gud: Wahrscheinlich war das der beste Song, den du jemals gemacht hast.
Lean: (lacht) Mit dem Song sind wir dann bei IKEA aufgetreten und Adam Tensta war auch da.
Magst du Adam Tensta?
Ich habe keine Meinung zu ihm.
Wie ist Rap aus Schweden so?
Gud: Er ist beschissen. Du musst immer für etwas stehen und politisch korrekt sein. Das nervt.
Lean: Wenn es um Rap geht, ist Schweden sehr konservativ. Die sehen uns als Verrückte an.
Wer sind „Die“?
Sherman: Die Rap-Veteranen aus der sogenannten Hood. Die denken, sie seien ein Haufen mutiger Soldaten, aber eigentlich sind sie nur lächerlich.
Lean: Ich meinte eher die Medien und die konservativen Leute. Bei denen geht es immer nur um Tupac, Biggie oder A Tribe Called Quest. Ich mag A Tribe Called Quest, aber Rap muss nicht immer so klingen. Aber wenn ein Künstler oder eine Band wie wir es schaffen, dann ermutigt das andere, es auch auf ihre Art zu versuchen. Als wir unseren Fame bekamen, haben unsere Freunde, die schon lange Musik machen, auch den Mut gehabt, ihre Musik weiterzuverfolgen.
Seid ihr eigentlich schon fertig mit der Schule?
Ich schätze schon.
Wie meinst du das?
Ich nehme mir eine kleine Pause. Mal schauen, wie sich das hier entwickelt. Das letzte Jahr in der Schule war schrecklich. Am Wochenende habe ich Shows gespielt und am Montag musste ich wieder in die Schule. Es war echt surreal und mit Hausaufgaben nicht mehr zu bewältigen.
Habt ihr einen Plan für die Zukunft?
Ja, aber den verraten wir dir nicht. Das Wichtigste ist aber immernoch, sich selbst treu zu bleiben. Nur weil wir jetzt ein bisschen bekannter geworden sind, machen wir keine Dancehall-Musik.
Sherman: Ich mache meine Beats immer noch auf meinem IPhone nachts im Bett. Und erstmal will ich das nicht ändern.
Wie viel Arizona-Eistee trinkt ihr eigentlich am Tag?
Nicht so viel wie früher. Sherman trinkt viel Arizona. Das Gute am Musikersein ist, dass wir viele Sachen umsonst bekommen. Wir bekommen Arizona von allen Seiten geschenkt.
Ist der Arizona-Umsatz in Schweden durch euch gestiegen?
Gud: Wahrscheinlich. Auf jeden Fall schulden die uns was. Das Krasseste ist, dass mir Arizona auf Twitter folgt. Das ist nice.
Vielleicht dürft ihr ja bald eine neue Geschmacksrichtung entwerfen.
Lean: Das wäre tight. Traube-Apfel oder so.
Gud: Mein Flavour wäre: Tränen, Schmerz und Wut. Es würde schön salzig schmecken. Salzig und bitter.
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