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Inzest, Untreue und Gruppensex—eine Erotikautorin erklärt uns, warum E-Books so sexy sind

Foto: Gaby Av | Flickr | CC BY 2.0

Während der Großteil unserer Gesellschaft zum bewegten Bild masturbiert—danke für alles, Pornhub—, scheint es eine Sparte der Pornografie zu geben, die sich auch abseits gängiger Videoportale großer Beliebtheit erfreut: der erotische Roman. Insbesondere auf Amazon vertreiben Autoren unter blümeranten Pseudonymen E-Books, die von heißblütigen Affären unter Nachbarn bis hin zu Sex mit einem T-Rex reichen. Eine der umtriebigeren Autorinnen des deutschen E-Book-Markts ist Sunny Munich, die mit ihrem umfangreichen Katalog von über hundert Geschichten vor allem die Themen Inzest (Urlaub mit der Familie—Camping in Kalabrien) und Fremdgehen (Meine untreue Schwiegermutter) abarbeitet. Wir wollten wissen, wie man dazu kommt, Erotik-Autorin zu werden und wer sich überhaupt noch von Büchern erregen lässt, und haben der mysteriösen Dame, die selbst auf Facebook keine Informationen über sich preisgibt, ein paar Fragen gestellt.

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VICE: Wie bist du zum Schreiben von erotischen Kurzgeschichten gekommen?
Sunny Munich: Ich schreibe bereits seit meiner Kindheit—mein Onkel war ein bekannter Schriftsteller—, habe jedoch mit Fantasy-Büchern begonnen, die ich unter einem anderen Pseudonym veröffentliche. Die erotischen Kurzgeschichten schreibe ich schon seit vielen Jahren, habe dies jedoch nur für mich getan und auf meinem PC gesammelt. Dann kam der E-Book-Markt und gab mir die Möglichkeit, meine über Jahre gesammelten „Werke“ ohne Verlag zu veröffentlichen. Erotische Kurzgeschichten und/oder erotische Romane sind für mich eine unterhaltsame Erzählungsform, die aus dem Alltag gegriffen ist.

Gibt es bei den ganzen kostenlosen Pornoseiten im Internet überhaupt einen Markt für Pornobücher?
Ich glaube, der Markt für Bücher, insbesondere für erotische Bücher, ist stark rückläufig. Aber die E-Book-Plattform wird künftig noch stark zulegen. Ein E-Book kann man immer und überall lesen, ohne das es auffällt, welchen Inhalt man genießt. Ich stelle mir vor, dass meine erotischen Romane auf dem Weg zur Arbeit (in der S-Bahn oder U-Bahn), im Urlaub, abends auf der Couch oder im Bett, oder sogar auf dem Arbeitsplatz, zum Beispiel bei einer Besprechung, gelesen werden. Der Partner kann nicht erkennen, was gelesen wird—eine Art heimlicher Genuss, was bei „richtigen“ Büchern oder Filmen nicht möglich ist.

Hast du Kontakt zu anderen Erotik-Autoren? Gibt es da so eine Art Community, in der man sich austauscht?
Ich schreibe gelegentlich gemeinsame Bücher mit anderen Erotik-Autoren, die ich gezielt über meine Facebook-Seite gesucht und gefunden habe. Ob es eine Art Community für Erotik-Autoren gibt, kann ich nicht sagen. Ich selbst bin in keiner.

Allein in den letzten 30 Tagen hast du über deinen Amazon-Shop vier neue Geschichten veröffentlicht. Wie schaffst du diesen Output?
Weil ich schon seit meiner Jugend solche Geschichten schreibe, brauche ich nur in meiner eigenen Sammlung nachzusehen, diese zu überarbeiten, zu ergänzen, umzuformulieren oder der Gegenwart anzupassen. In letzter Zeit habe ich meistens Gemeinschaftsprojekte veröffentlicht. Da die Arbeit in diesen Fällen von zwei Personen übernommen wurde, war ein E-Book natürlich schneller fertig.

Ist das noch ein Hobby, oder schon ein Vollzeit-Job? Kann man davon leben?
Es ist ein Hobby, weil ich das Schreiben liebe. Ich freue mich jeden Morgen darauf, denke den ganzen Tag daran und schlafe mit neuen Ideen ein. Ich schreibe bis spät nachts und auch am Wochenende—das ist der Vorteil dieser Tätigkeit, ich kann überall schreiben. Im Urlaub, im Freibad, im Garten oder Biergarten. Ich brauche nur meinen Laptop. Ich übe derzeit noch einen anderen Vollzeit-Job aus, da ich mich auf keine Verkaufszahlen verlassen oder mich davon abhängig machen möchte. Ich verbinde also einen normalen Job mit meiner Schriftstellerei. Ob man von den Einnahmen leben könnte, hängt sicherlich vom eigenen Lebensstandard ab.

Was war dein bisher erfolgreichster Roman?
Über Verkaufszahlen gebe ich keine Auskunft. Um zu wissen, welches das erfolgreichste Buch ist, müsste ich eine Statistik führen. Das mache ich aber nicht, daher kann ich deine Frage wirklich nicht beantworten. Nur schätzen, aber das wäre nicht aussagekräftig.

Deine Geschichten reichen von Lehrer-Schüler-Fantasien bis hin zu Entjungferungs- und Fremdgeh-Szenarien. Spiegelt das deine privaten sexuellen Interessen wieder oder woher kommt die Inspiration?
Ich schreibe und sammle meine Geschichten seit meiner Jugend. Natürlich spiegeln sich auch eigene Erfahrungen und Erlebnisse wieder, oder die Erzählungen von Freunden/innen. Inspiration bekommt man immer und überall: in der Zeitung, im Alltag, im Fernsehen, im Beruf … Das wahre Leben schreibt die besten Geschichten.

Foto: Steve Rhodes | Flickr | CC BY-ND 2.0

In Urlaub mit der Familie wird der Sex zwischen Eltern und ihren (volljährigen) Kindern als etwas ganz Natürliches und Gutes dargestellt. Findest du das nicht ein bisschen problematisch?
Das Thema Inzest ist das meist diskutierte Thema in der Erotik. Mit dieser Thematik erhält man das größte Interesse, die höchste Nachfrage und die meisten Verkäufe. Das beantwortet schon viel deiner Frage, oder? Ich versuche, bestimmte Themen persönlich nicht zu bewerten, sondern überlasse jedem seine eigene Meinung und seinen eigenen Geschmack. Diese Thematik gibt es schon solange, wie es Menschen gibt. Ich selbst finde dieses Thema problematisch und versuche, es mit aller Vorsicht zu behandeln. Es spiegelt auch nicht meinen eigenen Geschmack wider, sondern die Wünsche und Nachfrage meiner Leser

Was für Feedback kriegst du von deinen Lesern?
Hier kann ich nur sagen: Typisch deutsch. Das einzige Feedback ist Kritik und/oder Beleidigungen. Komplimente, Aufmunterungen oder Unterstützungen habe ich bisher noch keine erhalten—außer einiger positiver Rezensionen bei Amazon. Aber vielleicht ändert sich das noch. Es würde mir viel helfen, wenn meine Leser ihre Meinung mehr kundtun würden.

Bekommt man als Erotik-Autorin auch unmoralische Angebote von seinen Fans?
Ja, was geheim an mich herangetragen wird, bleibt aber auch geheim. Was sich Menschen anonym über das Internet alles schreiben, sollte doch mittlerweile bekannt sein.

Wie viel hat „Sunny Munich“ mit dir als Privatperson zu tun?
Sehr wenig. Ich habe die Erfahrungen gemacht, dass bei allem, was ausschließlich über das Internet abläuft, die Anonymität eine gute Entscheidung ist. Daher ist es mir wichtig, über mich als Privatperson keine Auskunft zu geben und das ist mir bisher auch gelungen. Anders wäre es, wenn ich mit einem Verlag arbeite und richtige Erotikbücher veröffentliche.

Wie sollte ein guter Erotikroman aufgebaut sein?
Ich habe noch keine erfolgreichen Erotikromane geschrieben, sondern nur E-Books mit bescheidenen Verkaufszahlen, deswegen kann ich da kein Geheimrezept verraten. Wenn ich eins hätte, würde ich es selbst umsetzen. Aber man muss sich ja nur mal Shades of Grey angucken. Das Erfolgsrezept für dieses Buch ist doch recht einfach: eine anfangs interessante Geschichte, die immer schlechter wird. Unglaubwürdige Charaktere, schlechte Erotik. … Also kann der Erfolg nicht im Inhalt des Buches liegen, sondern ausschließlich beim Marketing. Mir hat mein Verlag—über den ich meine Fantasy-Romane veröffentliche—gesagt: „Entweder hast du einen berühmten Namen oder du gibst uns 500.000 Euro für das Marketing und wir machen dein Buch weltbekannt.“ Wenn man nichts davon hat, braucht man sehr viel Glück.

Amazon ist durch seine Preispolitik bei Büchern gerade sehr in der Kritik. Andererseits hättest du ohne die Seite wahrscheinlich gar keine Möglichkeit, deine Werke zu publizieren. Was ist deine Meinung dazu?
Ohne Amazon/Kindle hätte ich nicht die Möglichkeit bekommen, etwas zu veröffentlichen. Die Kritik an Amazon kommt hauptsächlich von den Verlagen, die ihre Position schwinden sehen. Die reinen E-Book-Autoren haben keinen Grund zur Kritik, wir werden von Amazon sehr fair und kollegial behandelt—ganz im Gegensatz zu herkömmlichen Verlagen. Ich habe ja einige Fantasy-Bücher über Verlage veröffentlicht und werde da wesentlich schlechter behandelt und regelrecht ausgenutzt, was Amazon so nie machen würde. Es wäre sehr schön, wenn durch die zunehmende Stärke von Amazon die Verlage beginnen würden, sich selbst zu überdenken und neu aufzustellen.

Gibt es irgendein Thema, über das du nicht schreiben würdest, weil es dir zu krass ist?
Natürlich, alles was mit Kindern und/oder Tieren zu tun hat.

Lisa hat auch keinen Bock auf Kinder und liest ziemlich gerne. Folgt ihr bei Twitter: @antialleslisa