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Letzte Woche hat MTV die Sendung Ibiza Shore angekündigt, den nächsten Teil der Shore-Reihe, von der bereits Jersey Shore, Gandia Shore, Acapulco Shore und natürlich Geordie Shore zu sehen waren. Für die Sendung wird eine Gruppe aus Teilnehmern verschiedener Versionen der Serie zusammengebracht, deren Eskapaden auf Ibiza dann dokumentiert werden. Genitalherpes und so. Mit dem recht mittelmäßigen Witz über Genitalherpes, den ich gerade gebracht habe, gehe ich auf den Effekt ein, den Ibiza Shore wahrscheinlich haben wird: Ibizas Ruf als Non-Stop-Location für Saufgelage, Promiskuität, miese Pizza und nächtliche Zusammenbrüche auf dem Bürgersteig zu festigen.
Wenn du eine Umfrage dazu machen würdest, was die Leute mit dem Begriff „Ibiza“ verbinden, dann wäre das Ergebnis sicherlich interessant. Klar, bei ein paar Leuten wäre die Antwort „Ibiza-House”, „Amnesia”, „Alfredo” oder „Carl Cox”, aber von den meisten anderen würdest du wahrscheinlich Sachen wie „Junggesellenabschied”, „Kotze”, „Mankini” oder „Komasaufen” hören.
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Keine der beiden Fraktionen hat Unrecht, aber es sagt viel über die Wahrnehmung der Weißen Insel aus, dass sie mittlerweile eher mit miesen Tattoos als mit ihren sonnigen Terrassen assoziiert wird. Teilweise hängt dies sicherlich mit den richtungsweisenden Veränderungen zusammen, die auf der Insel in den letzten Jahrzehnten vonstatten gegangen sind, aber es ist auch das Resultat eines andauernden Kampfes, den die Insel mit ihrem eigenen Bild in der Öffentlichkeit hat. Seit den 1990ern haben eine Reihe von Darstellungen im Fernsehen dazu geführt, dass dieses Bild der Insel gegenüber dem reichhaltigen Erbe überwiegt. Das soll nicht heißen, dass die Seite, die dort dargestellt wird, nicht existiert, sie hat es nur sehr schnell zum vorherrschenden Bild in der öffentlichen Wahrnehmung gebracht.
Politiker auf Ibiza haben auf die Ankündigung von MTV mit einem Aufruf reagiert, die Show zu verhindern. Lokale Vertreter der linken spanischen Podemos-Partei haben sich gegen die Serie ausgesprochen und gesagt, dass sie nicht noch eine Fernsehsendung haben wollen, die die Klischees von „entwürdigendem und grobem Verhalten” verstärkt, die mit der Insel verbunden werden. Das ist nicht das erste Mal, dass einem Teil der Shore-Reihe Ablehnung entgegenschlägt. Selbst die erste Ausgabe, Jersey Shore, führte zu Kritik von New Jerseys damaligem Gouverneur Chris Christie, der argumentierte, dass die Serie „negativ für New Jersey” sei, da keiner der Darsteller wirklich aus dem Staat stammt, sondern „ein paar New Yorker genommen werden, die an der Jersey Shore ausgesetzt werden, und Amerika das Gefühl geben, dies wäre das echte New Jersey”—genau wie Ibiza Shore es jetzt in Spanien macht.
Aber die Probleme Ibizas gehen noch tiefer. Seit 1997 zum ersten Mal Ibiza Uncovered ausgestrahlt wurde, haben Beiträge im Fernsehen über die Weiße Insel die verdorbensten Charaktere, die sie bekommen konnten, zur Schau gestellt. Geografisch gesehen beschränkt sich dieses Phänomen allerdings auf das westliche Ende der Insel—den schrecklichen Streifen San Antonios, der das Epizentrum billiger Getränke und Fun-Shirts bildet. Umgeben von Unmengen an Hotels, die Gruppenbuchungen mit Ticket-Deals bevorzugen, ist dieser Teil der Insel zu einer Brutstätte für „das wilde Leben” geworden und gleicht Gegenden wie Arenal oder Magaluf.
Ibiza Uncovered ist ohne Zweifel unterhaltsam und auch wenn es ganz offensichtlich eine Dokumentation ist, gibt es keinen Zweifel, dass die Eskapaden konstruiert waren. Die Welt der Animateure und Junggesellenabschiede macht einen großen Teil der Kultur der Insel aus. Eine Facette, die Ibiza-House-Puristen seit Jahren beklagen, die dabei zusehen müssen, wie die Hippie-Wurzeln der Kultur Ibizas immer mehr von britischen Touristen verdrängt werden. Was Uncovered allerdings getan hat, war, diese Art von Publikum zu nehmen und ins Bewusstsein der Allgemeinheit zu bringen und damit die Wahrnehmung von Leuten zu verzerren, die noch gar keine richtige Vorstellung von Ibiza hatten.
Aber es gab nicht nur Ibiza Uncovered. Kevin und Perry tun es ist ein weiteres filmisches, wenn auch ein fiktionales, Beispiel für ein Ibiza voller Exzesse und bescheuertem Hedonismus. Ja, es ist eine Komödie, also geht es darum, etwas zu karikieren, trotzdem war der Witz im Kern des Films die chaotische Saufkultur. Kevin und Perrys Plan, nach Ibiza zu fahren und DJs zu werden, um endlich Sex zu haben, ist ein ziemlich sinnbildliches Beispiel dafür, wie sehr sich die eigentlichen Ideale der Insel in der modernen Kultur verändert haben.
Die Themen, die auch bei Ibiza Shore behandelt werden sollen, sind beständig. Bei ITV2 lief Ibiza Weekender, eine Sendung, die im Prinzip genau das macht, was MTV in der neuen Staffel vorhat. Aber das vielleicht größte Problem sind die Charaktere selbst. Für den Erfolg dieser Serien ist Sex, Exzess und Melodrama integral. Das führt dazu, dass die Leute, die zu sehen sind, ausnahmslos dort sind, um sich volllaufen zu lassen. Während Ibiza Uncovered neben biersaufenden Typen zumindest noch die Betreiber von Megaclubs betrachtet hat, zeigt von den neueren Variationen keine Interesse daran, Clubkultur zu legitimieren. Das ist ein in beide Richtungen schädlicher Trend, nicht nur weil die Qualitäten der Insel vernachlässigt werden, sondern weil die Sendungen auch die beschissensten Seiten moderner, hauptsächlich britischer Jugendkultur aufrechterhalten.
Das Problem dabei ist, dass diese Geschichten am Ende zu selbsterfüllenden Prophezeiungen werden. Wenn im Fernsehen nur ausreichend der Eindruck vermittelt wird, dass Ibiza ein Ort ist, um zu saufen und sich wie ein Arsch zu verhalten, dann werden genau die Leute, die das als Ziel haben, es als ihre Heimat ansehen. Und so hat Ibizas Image als Heimat von hirnlosem Sauftourismus zu einer Flut von genau diesen Leuten geführt.
Natürlich gibt es Argumente dafür, zu sagen, dass das Problem viel weiter zurück reicht und die ursprünglichen Pioniere des Ibiza-House das Rad für den schlechten Ruf der einstmals idyllischen spanischen Insel erst in Gang gesetzt haben. Trotzdem, wenn wir Ibiza als Clubbing-Ziel betrachten, dann gibt es keinen Zweifel, dass die noch vorhandene Kraft der Insel als Heimat einiger der besten Clubs der Welt mit den größten DJs der Welt in der öffentlichen Wahrnehmung immer weniger Beachtung findet. Natürlich, wenn du Clubbing ernst nimmst oder es zumindest genießt, dann ist dir bewusst, dass Ibiza kein Dreckloch ist, aber im Hinblick auf das Verständnis von Leuten wie deinen Eltern, Schreiberlingen von Boulevardzeitungen oder Leuten, die denken, dass es beim Clubbing darum geht, in einen Rinnstein zu kotzen, ist die allmähliche Verwässerung des Images der Insel enorm schädlich.
Ibiza ist kein Paradies und es sollte absolut kritisiert, dokumentiert, diskutiert und analysiert werden. Trotzdem hat sich die Berichterstattung viel zu sehr in eine Richtung orientiert. Die Herausforderung ist jetzt, die Leute daran zu erinnern, dass Ibiza immer noch fortschrittliche Club-Erfahrungen bietet. Es ist ein Ort, an dem Dance-Musik auf bewegendste Art erlebt werden kann. Wenn solche Geschichten öfter ihren Weg in den Mainstream finden, dann kann die Weiße Insel vielleicht ein bisschen mehr Padilla und ein bisschen weniger Pauly D werden.
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Dieser Artikel erschien zuerst bei unseren Kollegen von THUMP.
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