Vor ein paar Monaten habe ich einen Medientypen abgeschleppt, dessen schroffe Art ich wahnsinnig heiß fand. Das Problem: Ich hatte meine Tage. Ich war launisch, fühlte mich aufgedunsen und sehnte mich eigentlich nur nach Instantnudeln vor dem Fernseher. Sex war auf der Liste der Dinge, auf die ich in diesem Moment Lust hatte, also ziemlich weit unten. Außerdem passte ich zu der Zeit auf Frank auf, einen Mops. Während er uns von dem Klamottenberg im Schrank aus beobachtete, gab er penetrante Schnarchlaute von sich, die sich nur als Ausdruck seiner Missgunst interpretieren ließen. Eine grundlegend schwierige Ausgangssituation.
Irgendwie hatte sich in mir die Vorstellung verfestigt, dass Periodensex ausschließlich etwas ist, was man Beziehungen tut. “Ich habe meine Tage”, verkündigte ich also und meinte damit gleichzeitig, dass das mit dem Sex nichts wird. Die Antwort meines Dates fiel nicht so aus, wie erwartet: “Sind wir 13 oder was?”
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“Was? Der hatte mit 13 schon Sex?!”, war tatsächlich der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schoss. Als ich 13 war, dachte ich schließlich noch, das mit dem Blasen sei wörtlich gemeint. Die viel wichtigere Frage musste ich mir allerdings selbst stellen: Warum genau war ich so fest davon überzeugt, dass Sexdates und Periodenblut sich zwingend ausschließen müssen? Meine Rettung aus der Situation hatte vier Beine und ein elementares Problem, geräuschlos zu atmen. Frank musste kacken, war ich überzeugt. Also schickte ich meinen Besuch nach Hause und ging mit dem Hund spazieren.
Wenn ich Periodensex außerhalb einer Beziehung hatte, waren das immer Unfälle. Diese Momente, in denen man glaubt, es für diesen Monat durchgestanden zu haben, nur um dann festzustellen, dass noch ein weiterer Schwall Blut nachkommt. So habe ich mal einem wundervollen Italiener das ganze Bett ruiniert. Versteh mich nicht falsch, Schuldgefühle habe ich deswegen nicht. Nicht mal ein bisschen. Menschen, die von der Menstruation verschont bleiben, können sich zwischendurch auch ruhig mal mit einigen der periodentypischen Unannehmlichkeiten herumschlagen. Vielleicht wird Periodensex deswegen auch von so vielen als eine Art feministischer Akt gesehen. Er ist eine Rebellion gegen die Gesellschaftserwartung an Frauen, sich wegen ihrer Monatsblutungen schämen und sie vor Männern verstecken zu müssen.
“Es fühlte sich ernsthaft wie eine Art Bestrafung an. Als hätte ich mir selbst ausgesucht, ein Viertel meiner Zeit aus meiner Vagina zu bluten!”
“Wenn ich ehrlich bin, dann verstehe ich Periodensex als feministischen Akt. Jeder Typ, der da keinen Bock drauf hat, kann sich verpissen”, bestätigt mir eine der Frauen, mit denen ich für diesen Artikel gesprochen habe. Sie erzählt von ihrem Freund zu Schulzeiten, den sie fragte, ob er nach einer Versöhnung bei ihr vorbeikommen wolle. Als sie seine Frage, ob sie ihre Tage habe, verlegen bejahte, antwortete er nur: “Nee, danke. Dann nicht.”
Mittlerweile lässt sie sich so etwas nicht mehr bieten. “Als erwachsene Frau habe ich große Freude am Periodensex – bis auf die Sauerei mit dem Sperma-Blut-Gemisch, das du wirklich nirgendwo mehr rausbekommst.”
Für Claire* ist es insbesondere die körpereigene Extraportion Gleitmittel, die den Akt während ihrer Tage umso besser macht. Allerdings war auch sie schon mal mit einem Typen zusammen, der sich partout weigerte, auch nur in die Nähe ihrer blutenden Vagina zu kommen. Seine sexuellen Bedürfnisse sollte sie allerdings trotzdem befriedigen.
“Er zwang mich quasi dazu, ihm einen zu blasen. Das habe ich immer schon gehasst und wegen ihm hasse ich es jetzt wahrscheinlich noch mehr. Es fühlte sich ernsthaft wie eine Art Bestrafung an. Als hätte ich mir selbst ausgesucht, ein Viertel meiner Zeit aus meiner Vagina zu bluten!” Claire versteht, dass manche Frauen keinen Periodensex mit einem One Night Stand haben wollen, weil es etwas intimer** und eine größere Sauerei ist. Dementsprechend braucht es auch mehr Vertrauen. “Aber wenn man in einer Beziehung ist, gibt es keinen Grund, warum man es nicht tun sollte. Es sei denn, sie mag es nicht. Typen sollten jedenfalls keine Möglichkeit haben, ein Veto einzulegen.”
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Diese Haltung rüttelt natürlich an einem fundamentalen Grundsatz: Jeder Mensch sollte das Gefühl haben, Sex aus egal welchem Grund ablehnen zu können – selbst, wenn wir den Grund nervig oder unreif finden. Sexexpertin Dr. Logan Levkoff bringt das Problem mir gegenüber deswegen vielleicht am Besten auf den Punkt: “Nicht jeder muss drauf stehen, aber wenn die Reaktion Ekel oder Entsetzen ist, ist dieser Partner ziemlich beschissen.”
Eine andere meiner Gesprächspartnerinnen sieht das ganz ähnlich. Wenn ein Typ nicht auf Perioden klarkommt – egal, ob One Night Stand oder Beziehung –, dann verdient er auch nicht das Privileg, jemanden zu ficken, der sie bekommt. “Wenn ein Typ total abgeschreckt von Periodensex ist, finde ich das abturnend und unattraktiv. Also echt, geht doch mal mit der Zeit: Es ist 2017, Frauen bekommen ihre Tage.”
Ich sehe das genau so. Männer, die Angst vor Periodensex haben, dürfen das Weite suchen. Und ich finde, dass die Option auch bei spontaneren Geschichten auf dem Tisch sein sollte, wenn Geborgenheit und das entsprechende Maß an Kommunikation gegeben sind. Trotzdem fällt es mir nicht leicht, über das Thema zu sprechen. Als ein Kollege einmal aus dem Blauen heraus zu mir sagte, “Ich stand noch nie auf Mädchen, wenn die ihre Tage haben”, war ich so erschüttert, dass ich mir einen Tag freinehmen musste.
“Wir haben kein Problem damit, Spucke, Schleim und Sperma auszutauschen, aber wenn jemand sein Blut anbietet, ist das unhöflich?”
Es geht natürlich auch anders. Ein Mann – er will Ron Dongman genannt werden – erzählt, dass er zwar noch nie geplant ins rote Meer gestochen wäre, aber durchaus offen dafür sei, wenn seine Partnerin das möchte. “Ich hatte noch nie was mit einer, die Interesse an Periodensex geäußert hat, und weil Blut nicht wirklich meine Sache ist, war ich da auch nie besonders hinterher. Wenn ich aber mit einer zusammen wäre, die sich das wünscht, würde ich es tun.”
Auch hier gibt es allerdings Einschränkungen. So wie ich glaubt auch “Ron”, dass Geschlechtsverkehr während der Periode nicht unbedingt dann passieren muss, wenn man sich noch nicht sonderlich gut kennt. “Ich glaube, das ist wie bei Analsex. Ja, ich hätte Bock drauf, wenn du drauf stehst, aber vielleicht nicht bei unserem ersten Mal?” Anal- und Periodensex erscheinen intimer und weniger alltäglich, nicht zuletzt auch wegen der Tabus, die sie weiterhin umgeben. Aber wie eine Freundin mal zu mir sagte: “Analsex passiert deinem Körper nicht einmal im Monat – ob du willst oder nicht – und erfordert viel mehr Vorbereitung.”
Für manche ist Periodensex ein feministischer Akt, andere sehen ihre Selbstbestimmung eher darin bestärkt, keinen Sex zu haben, wenn sie sich gerade nicht danach fühlen. Und beide haben Recht. Meine menstruierenden Gesprächspartnerinnen, die während ihrer Tage einfach keine Lust auf Intimität haben, begründeten das damit, dass sie ihre Periode nicht mögen. Punkt. “Ich habe PMDS (Prämenstruelle Dysphonrische Störung) und bekomme richtig fiese Krämpfe und Blähungen. Außerdem durchlebe ich emotionale Achterbahnfahrten”, erzählte mir eine Frau. Sie versuche also, sich in dieser Zeit möglichst zu “verstecken” – auch wenn sie gerade mit jemandem zusammen ist. “Ich fühle mich vor allem nicht besonders begehrenswert”, erklärt eine Andere. “Außerdem verstärkt es meine Unsicherheit erheblich. Ich habe einfach keinen Kopf dafür.”
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Einige der Periodensex-Verweigerinnen haben außerdem bereits die Erfahrung machen müssen, wie es ist, wenn einen ein Typ geradezu dazu zwingen möchte, trotzdem mit ihm zu schlafen. So positiv es auch sein mag, wenn Männer sich nicht vor ganz normalen Vorgängen im Körper einer Frau ekeln: auch das ist kacke.
“Beim Periodensex geht es nicht darum, ob er eine gute Idee ist. Es geht darum, wie wohl man sich fühlt”, sagt Dr. Levkoff. “Manchmal hast du keinen Bock, dein Bett mit dunklen Handtüchern abzudecken, manchmal hast du einfach so keine Lust. Manchmal kann Periodensex super sein, um die Krämpfe zu lindern. Und falls du mit dem Gedanken spielst, die Kondome dabei wegzulassen: Vergiss nicht, dass Kondome immer noch der beste Schutz vor Geschlechtskrankheiten sind. Außerdem machen sie das Saubermachen danach leichter.”
Ein Freund, der von sich behauptet, überhaupt kein Problem mit Menstruationsintimität zu haben, ist angesichts der Hierarchie der Körperflüssigkeiten verwirrt. Eine Einschätzung, die ich teile. “Es ist nur Blut, stinknormales Menschenblut, wie es jeder hat”, sagte er. “Wir haben kein Problem damit, Spucke, Schleim und Sperma auszutauschen, aber wenn jemand sein Blut anbietet, ist das unhöflich? Es ist schon ziemlich abwertend, Blut auf einer Stufe mit Kotze und Urin zu behandeln. Es sei denn, du stehst auf das Zeug. Ich will mir da überhaupt kein Urteil erlauben.”
Mal schauen, vielleicht heirate ich ihn.
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*Name geändert.
**Nur wenn du mir zustimmst, dass es eine direkte proportionale Korrelation zwischen dem Maß an Intimität und der Anzahl der Körperflüssigkeiten gibt.