Ich liebe Mounties. Sie sind der Inbegriff all dessen, was gut war an der Zeit, bevor jeder alles besser wusste. Ich spreche natürlich von den prä-postmodernen Anfangneunzigern, die überhaupt jeden, der sie als Heranwachsender mitbekommen hat, als popkulturelles Krüppel zurückgelassen haben. Immerhin war das die Zeit der Zäsuren, das Ende einer Ära und der Anfang des endlosen Augenzwinkerns, das bis heute anhält: Der Paradigmenwechsel von Roseanne zu den Simpsons, der Übergang von Seinfeld zu Friends und von den Power Rangers zu den Penner Rangers, die selbst für einen Happen billiges Kraftfutter gegen abgetakelte Monster kämpften, weil sich ohnehin niemand mehr für ihre pathetischen Action-Einlagen interessierte.
Kurz: Der Mountie verkörpert für mich das letzte bisschen Ernst in der Welt, bevor alles lustig und ironisch wurde, inklusive ihm selbst. Vielleicht ist meine Vorliebe für Mounties irgendwie pathologisch und das ganze Schwelgen im guten alten Reallife des Vor-Internetzeitalters nur ein Zeichen dafür, dass ich alt werde und mit Neuem nicht mehr so gut zurecht komme wie damals, als es noch “schräg” war, wenn man in einem Game Boy-Spiel einen Bug entdeckte, anstatt wie heute mit Videos von tanzenden Oktopus-Speisen geweckt zu werden, ohne mit der angeödeten Wimper zu zucken.
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Aber wenn mich eine kleine Schwäche für schlechten Tanzsport und schöne Kostüme altmodisch macht, dann will ich gar nicht ganz vorne mit dabei sein. Lieber setz ich mich irgendwo in die hinteren Reihen dieses Fortschritts-Busses namens Popkultur und trällere unbeirrt mein Vergangenheitslied, so wie das schon Leslie Nielson als Mountie getan hat:
Ist das nicht erhaben? Ist das nicht pur? Hat das nicht was von Glück und gesundenen Lungen? Ob bei „Ein Mountie in Chicago“ oder unserem ebenso pferdelosen Wrestling-Freund – die O-beinigen Reiter aus der amerikanischen Schweiz lassen mir seit jeher das Herz aufgehen wie kanadischer Whiskey. Leider sieht man sie heute nur noch verdammt selten irgendwo aufblitzen. Das einzige, das da hilft, ist gute alte Mountie-Mucke. So wie der Einzugs-Song von Jacques Rougeau, alias “The Mountie”, der seinerzeit für Recht, Ordnung und stramme Reiterwaden im Intercontinental-Champion-Pool sorgte. Das hier ist seine Geschichte. Und das hier ist seine Musik:
Ah, der gute alte, bösartig brave, aufrichtig hinterhältige, reitende, wrestlende, Schlagstock schwingende Mountie. Allein das Wort bringt mir schon Seelenfrieden. Mountie, Mountie, Mountie. Ooooh ja. Dabei ist mir völlig egal, dass Rougeau hier mit seiner Figur dem Mountie-Image einen Negativtouch gibt. Soll er ruhig. Für mich sind Mounties trotzdem das Beste an den Neunzigern. Dass sie auch betrügen und prügeln können, zeigt mir nur, wieviel mehr noch in ihnen steckt, als man ihrem naiven Ersteindruck zutrauen würde.
Übrigens hatte Rougeau während seiner gesamten Karriere immer mehr oder weniger dasselbe Gimmick und spielte in letzter Konsequenz nie jemand andren als sich selbst. Einmal war er der „Quebecer“, einmal der „French Canadian“, einmal der „Mountie“ (Mountie, Mountie, Mountie, ooooh Bay-bee!) und ein anderes Mal einfach nur “Jacques Rougeau” – aber immer war er der frohnsösisch-kanadischöh Widerling, der die Weisheit mit Löffeln gefressen hatte und mit seinem Dildo-Stock im Ring herumfuchtelte, weil er uns damit belehren oder verarschen oder einfach nur wahnsinnig machen wollte.
Rougeau ist und war immer Rougeau. Das nenne ich mal Durchhaltevermögen! In einem Business wie dem des Wrestling, wo man während des Wimpernschlags einer Libelle vom sadistischen Zahnarzt zu Undertakers nekrophilem Zombiebruder mutieren kann, bedeutet das mehr fette Props als man sich um Hogans Schnauzbart kaufen kann.
Hört auf die Mountie-Musi und fühlt die Aufrichtigkeit! Jawohl, hört euch den Track gleich noch mal an. Ganz recht, jetzt sofort. Sonst habt ihr doch sowieso nur neumodisches Postrock-Zeug und ironischen New Triphop in eurem Player. Da kann so ein bisschen stramme Marsch-Melodei nicht schaden, um langsam das Ende der (Post-?)Postmoderne einzuläuten.
Und nächstes Mal: Kindheitstraumata frei nach Stephen King. Okay, ja: die Rede ist von Clowns. Wozu um den heißen Brei herum reden? Mir fällt sowieso keine kryptischere Umschreibung für die bemalten Hurensöhne mit ihren Alknasen ein. Wobei das grade fast eine war. Verdammt. Noch mal von vorne: Nächstes Mal gibt’s bemalte Hurensöhne mit ach lassen wir’s einfach bleiben.
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