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rechte Szene

So hindert man Pegida-Chef Lutz Bachmann erfolgreich am Demonstrieren

Die Anleitung dazu lieferten ausgerechnet andere Rechte.
Foto: imago | Christian Ditsch

Vielleicht überrascht das nicht jeden, aber: Wenn Rechte behaupten, für Frauenrechte auf die Straße zu gehen, dreht sich dabei keinesfalls alles um Frauen. Zwar hatte mit dem AfD-Mitglied Leyla Bilge eine Frau den sogenannten Frauenmarsch in Berlin initiiert. Zur Demo kamen am Samstag aber vor allem rechte Männer, die "ihre" Frauen vor anderen Männern schützen wollten. Etwa 550 Menschen waren zur Demo gekommen, circa 1.000 demonstrierten gegen den rechten "Frauenmarsch". Auch Pegida-Chef Lutz Bachmann marschierte – bis ein paar Mitdemonstranten ein folgenreicher Fehler unterlief.

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Nur ein verwackeltes Handy-Video auf seiner Facebook-Seite verrät, dass Lutz Bachmann am Samstag zum Demonstrieren in Berlin war. Den Live-Stream, den er vom rechten "Frauenmarsch" gesendet hatte, hat der Exil-Deutsche (Bachmann lebt seit 2016 auf Teneriffa) gelöscht. Grund dafür war ein drei Jahre alter Pegida-Song der Satire-Sendung extra 3, der aus den Lautsprechern eines rechten Demo-Wagens schallte. In dem Lied geht es darum, dass Pegida fremdenfeindlich sei – unterlegt unter anderem mit anti-muslimischen Aussagen der Pegida-Demonstranten. Propaganda, findet der 45-jährige Bachmann im Selfie-Video, und rauscht zeternd vom Frauenmarsch ab.

"Aufgrund des ungeheuerlichen Vorfalls, dass Anti-Pegida-Lieder aus dem linken Spektrum gespielt werden", sagte Bachmann, "verschwinden die Streams von all unseren Seiten." Pegida wolle ein solches Verhalten nicht dulden, man werde den "Frauenmarsch" nicht mehr unterstützen: "Von uns ein ganz klares Nein zu dieser Veranstaltung."

Wie man auf mehreren YouTube-Videos von der Demo sehen kann, versuchte die Organisatorin Leyla Bilge, den Schaden bei der anschließenden Kundgebung zu begrenzen. Das AfD-Mitglied war als Kind mit ihrer Familie aus Kurdistan geflüchtet und ließ sich christlich taufen. Unter dem Vorwand, sich für Frauenrechte einzusetzen, hetzt sie inzwischen für die Partei gegen den Islam und Geflüchtete.

Bilge entwirft dafür ein Bild von vergewaltigenden islamischen Männerhorden. Dabei verschweigt sie, dass Gewalt gegen Frauen keine Frage der Nationalität oder religiösen Zugehörigkeit ist: Zwar stimmt es, dass es 2016 in Deutschland durch die Silvesternacht in Köln einen statistischen Anstieg bei Sexualstraftaten im öffentlichen Raum gab. Die überwiegende Mehrheit der Sexualdelikte wird aber nach wie vor im privaten Umfeld begangen, die wenigsten Fälle werden angezeigt. Das hat sich auch durch die Zuwanderung nicht geändert.

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Bilge benutzt auch ihren "Frauenmarsch", um Ressentiments gegen Geflüchtete zu schüren. Dafür kam auch Pegida-Chef Bachmann zur Demo. Und den wollte Bilge nach seinem Abgang umstimmen: Sie wisse zwar nicht, wer das Lied gespielt habe, distanziere sich aber vom Inhalt, sagte sie. "Ihr wisst, dass ich zu Pegida stehe," rief sie ins Mikrofon: "Ich liebe Pegida! Ich liebe Sachsen!"

Doch Bachmann kennt keine Gnade. Es geht schließlich um die Ehre seines Hetztrupps. Er wisse zwar auch nicht, wer verantwortlich war, sagt er im Video. Mit dem Song habe Berlin allerdings die Chance verpasst, "zum Zentrum des Widerstandes zu werden". Damit hat er aus seiner Perspektive sogar Recht: Nach einer Blockade der Gegendemonstranten wurde der rechte "Frauenmarsch" nach kurzer Strecke und mehrstündiger Wartezeit am Checkpoint Charlie offiziell aufgelöst.

Auch am Montag war nicht klar, ob der Anti-Pegida-Song bei der rechten Demo Kalkül oder nur ein unaufmerksamer Fehler beim Erstellen der Hass-Playlist war. Eins haben wir allerdings gelernt: Wer Lutz Bachmann vom Demonstrieren abhalten will, muss sich nicht mit dem Hintern auf den kalten Asphalt setzen und ihm den Weg versperren, sondern den magischen Anti-Pegida-Song spielen. Denn manchen rechten Männern sind ihre Egos sogar noch wichtiger als ihre sonst so geliebte Hetze gegen Minderheiten.

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