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Schon wieder Wahlen!!!

Wir haben Millennials gefragt, ob sie sich von Sebastian Kurz gut vertreten fühlen

Die internationale Presse schreibt schon über den ersten "Millennial-Kanzler". Aber wie gut fühlen sich seine Generationsgenossen wirklich von Kurz repräsentiert?
Alle Fotos von VICE Media

Unsere gesamte Berichterstattung zur Nationalratswahl 2017 findest du hier.

Diese Wahl war für viele junge Menschen, die zur selben Generation gehören wie Sebastian Kurz ein besonderer Anlass. Zum ersten Mal stand jemand aus ihren eigenen Reihen auf dem Stimmzettel – zumindest, wenn man nach dem Alter geht.

Auch die internationale Presse berichtet vom "Millennial-Kanzler". Das klingt schick, modern, neu. Wofür dieser aber genau steht, wissen nur die Wenigsten. Und das hat Programm. Immerhin hat Kurz sein Wahlprogramm, das wie eine "Young Adult"-Romanreihe in drei Etappen erschienen ist, erst knapp vor der Wahl veröffentlicht. Zum Zeitpunkt der Plakat-Offensive der Neuen ÖVP wusste also die Bevölkerung noch nicht mal, welche Werte Sebastian Kurz wirklich vertritt, abgesehen von einer harten Anti-Zuwanderung-Position.

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Jetzt ist Kurz voraussichtlich Österreichs nächster Bundeskanzler und auf jeden Fall der Gewinner dieser Nationalratswahl. Sollte Kurz der neue Regierungschef werden, hätte er auch den Vorsitz während der nächsten EU-Ratspräsidentschaft von Österreich im zweiten Halbjahr 2018. Wir haben deshalb Menschen in seiner Generation gefragt, was sie vom jungen, dynamischen Chef der Konservativen halten und ob sie sich eigentlich gut von ihm vertreten fühlen.

Flavius, 28:

Also meine Meinung zu Sebastian Kurz als höchstwahrscheinlich neuer Kanzler: So sehr ich vom anfänglichen Elan seiner Person positiv gestimmt war, so schnell ist diese Begeisterung auch verflogen. Ich finde nicht, dass Kurz wirklich ein Millennial ist – zumindest nicht, was seine Werte und Vorstellungen betrifft, die doch recht konservativ und altmodisch sind.

Abgesehen davon finde ich es gut, wenn "jüngere" Politiker wichtige Ämter bekleiden. Die alteingesessene politische Elite beschäftigt sich nur oberflächlich mit den echten Problem der Leute, habe ich das Gefühl, und ist viel mehr darauf fixiert, ihre Macht zu erhalten als sich wirklich mit dem auseinanderzusetzen, was uns alle betrifft. Da haben Jüngere oft einen praktischeren Ansatz. Aber Kurz finde ich als Typen extrem distanziert und absolut unfähig zu Empathie. Das ist kein Kanzler für die Bevölkerung, sondern für die Großunternehmen.

Olivia, 25:

Ich glaube, sie haben ihn einfach nur benutzt, um junge Wähler anzusprechen. Am Programm selbst ist nicht wirklich irgendwas moderner geworden als früher. Und ich glaube auch, dass das auf uns zurückfallen wird und es vor allem negative Konsequenzen für uns junge Wählende haben wird.

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Julia, 19:

Ich fühle mich durch Kurz eigentlich schon ganz gut vertreten. Zumindest entspricht er mir mehr als zum Beispiel Heinz-Christian Strache. Nicht nur vom Alter her, sondern auch was seine Ansichten angeht.

Ich glaube auch, dass Kurz ein bisschen Schwung in die Politik in unserem Land bringen wird. Und das wird er eben genau dadurch schaffen, dass er so jung ist und seine Perspektive eine andere ist wie bei den meisten Berufspolitikern, die schon seit Jahrzehnten dabei sind.

Sarah*, 26:

Ich fühle mich von Sebastian Kurz nicht repräsentiert, weil er nicht für die Werte steht, für die ich selbst stehe. Mal abgesehen davon, dass ich dieses streberhafte Polit-Posterboy-Auftreten als perfekter Schwiegersohn abtörnend finde, kann ich auch nichts mit der hellblauen Welle anfangen. Die tun doch alle nur so, als wären sie nicht rechts.

Dieses Einigkeitsgetue mit dem Strache war nur mehr ekelhaft. Wie kann so einer für die Generation der Millennials stehen und sowas wie Weltoffenheit repräsentieren? Von jungen PolitikerInnen würde ich mir eine oppositionellere Haltung wünschen. Wir brauchen Leute, die mehr Punk sind. Die sich was trauen und was riskieren. Nicht diese perfekt dressierten, frisierten, diplomatischen Vorzeige-Schwiegersöhnchen. Egal, ob 31 oder 61 – Establishment bleibt Establishment.

Jan, 26:

Der hat eine andere berufliche Laufbahn als ich – beziehungsweise gar keine berufliche Laufbahn außerhalb der Politik. Er kommt aus einem anderen Elternhaus als ich. Um es ganz banal auszudrücken: Ich glaube nicht, dass wir die gleichen Interessen oder uns viel zu sagen hätten, wenn wir gemeinsam auf Urlaub fahren würden.

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Melanie, 18:

Nicht so sehr, weil er viel toleranter sein könnte. Vor allem, was die Ehe für alle angeht. Viele sagen, er ist gar nicht so konservativ wie seine Partei, aber bisher habe ich nicht gesehen, dass durch Sebastian Kurz irgendetwas inhaltlich moderner geworden wäre. Die ÖVP ist immer noch dieselbe Partei, solange sie ihre Positionen zu Homo-Ehe und zur Grenzschließung beibehält.

Anna-Maria, 25:

Ich fühle mich von Sebastian Kurz gut vertreten, ja. Mir ist das Christlich-Soziale an der Volkspartei sehr wichtig. Deshalb bin ich auch Mitglied in der JVP. Vor allem hat er die richtige Zukunftsperspektive, weil er nach seiner Amtszeit noch genügend Jahre haben wird, um die Gesetze, die er entwerfen wird, selbst zu erleben.

Auch so Dinge wie Digitalisierung sind schon seit Jahren großes Thema in der ÖVP. Und Sebastian Kurz ist nicht wie die FPÖ, die wirken, als wären sie einfach gegen alle Migranten. Er hat für das Thema Integration konkrete Lösungen. Außerdem repräsentiert er unser Land auch im Ausland gut. Kurz ist diplomatisch, aber weiß, was er will und setzt das auch durch.

Clara, 25:

Alleine schon seine Aussagen zur Ehe für alle und seine anderen konservativen Ansichten wie zur Flüchtlingsthematik machen es mir wirklich schwer. Ich muss auch sagen, dass ich sonst eigentlich kaum Positionen von ihm kenne. Das klingt vielleicht komisch, aber das waren auch die einzigen Themen, um es im Wahlkampf der ÖVP ging.

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Sandro, 22:

Ich fühl mich nicht von Sebastian Kurz repräsentiert. Vor allem bei der Erbschaftssteuer und seinen Steuerplänen generell bin ich absolut nicht auf seiner Linie. Aber er präsentiert sich eigentlich gut und kann gut übermitteln, was er will. Ich habe nur einfach in den meisten Punkten eine andere Meinung. Nur seine Ansichten zur Flüchtlingsfrage finde ich gut. Er ist nicht blau, aber trotzdem anders als alle anderen. Er sagt nicht, dass gar keine rein dürfen, aber auch nicht, dass alle reindürfen. Das ist mir sympathisch.

Janette, 25:

Ich finde es eigentlich sehr schade, dass jemand, der in so einem jungen Alter in eine so verantwortungsvolle Position kommt, nicht näher an den Interessen seiner Generation ist. Kurz könnte viele neue Ideen in die Politik bringen. Jetzt hört man ihm zu. Aber das einzige, was er geändert hat, ist die Farbe der ÖVP.

Pedram, 27:

Ich finde ihn eigentlich ganz cool und er hat eine gute politische Karriere hinter sich gebracht. Aber mit seinen rechten Ansichten, die er in den letzten ein, zwei Jahren entwickelt hat, kann ich mich absolut nicht identifizieren und fühle mich daher auch nicht von ihm vertreten, nein.

Lisa, 27:

Ich fühle mich von Sebastian Kurz überhaupt nicht vertreten, weil er Themen wie Bildung oder andere wesentliche Aspekte unseres Lebens – wie zum Beispiel Kleinunternehmen und Start-up-Gründungen, die für unsere Generation wichtig wären – nicht mal angesprochen hat. Echte Millennial-Themen schneidet er nur sehr wenig an.

Dazu kommen noch seine rechten Ansichten, die er zwar immer leugnet, aber die trotzdem sehr präsent sind. Meiner Meinung nach hat das auch in seiner Partei eigentlich nichts verloren – die ÖVP sollte konservativ sein, aber nicht rechts. Da finde ich andere Parteien viel repräsentativer und ansprechender für meine Altersgruppe. Inhaltlich hat er einfach nicht viel hergegeben, finde ich.

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*Name von der Redaktion geändert.