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Neue Karriere: Hells-Angels-Boss Frank Hanebuth verbreitet jetzt Hass im Netz

Es gibt viel Applaus, auch aus der AfD.
Hanebuth bei seiner Ankunft in H.A.nnover, wie die Stadt für ihn heißt | Bild: imago | localpic

2017 war kein gutes Jahr, ganz und gar nicht, findet Frank Hanebuth, einer der prominentesten Rocker Deutschlands. Der Präsident des Hells-Angels-Chapters "North Gate" schrieb sein Resümee des vergangenen Jahres zu Silvester auf: "Für mich unfassbar wie man ein so blühendes Land in so kurzer Zeit ungebremst an die Wand fahren kann." Es reiche ihm, Frau Merkel müsse nun zurücktreten, alles werde bloß "schön geredet". Und in bester Verschwörungsmanier: "Die Medien sind angewiesen, vieles zu verschweigen!"

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Lange war Hanebuth der inoffizielle Präsident der Hells Angels in Deutschland. Häufig war er im Fernsehen zu sehen, mehr als hunderttausend Follower hat er auch deshalb allein auf Facebook. Diese Bühne nutzt er jetzt, um Hass zu verbreiten.

Hanebuth weiß gar nicht so recht, wo er anfangen soll. Kinder, die ohne Frühstück in die Schule gehen, und Rentner, die Flaschen sammeln müssen. All das macht ihn wütend. Genauso wie der Atomausstieg, dabei baue Siemens "die sichersten Atomkraftwerke der Welt". Weitere Themen: Russland-Sanktionen (schlecht), die Ausdehnung der NATO (auch schlecht), Steuereinnahmen (zu hoch), Gerhard Schröder und Helmut Kohl (Ehrenmänner, beide) und, klar, die Flüchtlingspolitik ("eine einzige Katastrophe!"). Er schreibt: "Sicherlich müssen wir den syrischen Kriegsflüchtlingen Schutz und Hilfe gewähren, aber auch nur denen! Alle anderen haben hier nichts verloren, schon gar nicht die, die hier ständig straffällig werden. Die Straftaten die hier verübt werden, haben die Bürger zu ertragen! Von den katastrophalen Abschiebepraktiken will ich gar nicht erst schreiben!"

Ganz schön große Worte für jemanden, der zwei Jahre im Ausland in Spanien wegen Erpressung, Zuhälterei, Geldwäsche, Bestechung und Betrugs in Untersuchungshaft saß und nun auf seinen Prozess wartet. Ganz schön viel Sorge um den Staat für jemanden, der seit Jahrzehnten Teil der Outlaw-Motorcycle-Gang-Szene ist. Wie ein Rocker-Bundeskanzler hält er die Neujahrsansprache zur Lage der Nation auf Facebook, zum zweiten Mal bereits. Dann zeigt der ehemalige Schwergewichts-Profi sein Foto in Helden-Pose, von unten mit erhobenem Kinn, die Kutte ist abgeschnitten – man weiß ja nicht, ob man die Abzeichen der Hells Angels noch zeigen darf oder nicht.

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Der Post war für ihn sehr erfolgreich, insgesamt bleibt der Zähler bei 27.000 Likes, mehr als 10.000 Shares und fast 4.000 Kommentaren stehen. Wahrgenommen wurde der Beitrag auch in Kreisen der AfD. Diese Verbindung ist nicht neu. Andrea Röpke, Rechtsextremismus-Expertin, beobachtet die thematische Überschneidungen seit einigen Jahren. "Die Rocker haben ein starkes Eigeninteresse, sich als Law-and-Order-Macht aufzuspielen", sagte sie der taz. Sie nennt weitere Fälle, in denen Partei und Rocker gemeinsame Sache machten: In Bremen wollten Mitglieder der Hells Angels 2016 als Clubheim einen Bunker anmieten, der einem AfD-Mitglied gehört. Die Polizei verhinderte das. Im gleichen Jahr stellten sich im niedersächsischen Walsrode zwei Töchter eines Hells Angels, der als örtliche Rotlichtgröße gilt, für die AfD zur Wahl. Sowohl die rechtspopulistische Partei als auch die beiden Frauen bestreiten eine Zusammenarbeit von AfD und Hells Angels.

Law and Order, das ist auch für Hanebuth wichtig. In Hannover hat er einen guten Ruf, seitdem es ihm gelang, das Vergnügungs- und Rotlichtviertel Steintor zu "befrieden", also das Geschäft unter seine Kontrolle zu bekommen. In den 90er Jahren gab es Schießereien, Messerstechereien und Prügeleien zwischen Russen, Jugoslawen, Albanern und Kurden. Es gab Tote. Dann kam Hanebuth mit seinem 250 Mann starken Rockerclub. Er habe sich mit allen an einen Tisch gesetzt, habe nur geredet, dann sei Ruhe gewesen. "Politik und Polizei sind im Grunde froh darüber, dass das Milieu in einer Hand ist", sagte ein Aussteiger der Hells Angels gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Der Polizeipräsident von Hannover, Christian Grahl, wurde ins Statistische Landesamt strafversetzt, als bekannt wurde, dass er in Hanebuths Kneipe gefeiert hatte.

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Auch einige im AfD-Umfeld freuen sich über die harte Linie von Hanebuth. In einem Blog des AfD-Unterstützers Carsten Schulz heißt es mit Bezug auf Hanebuths Neujahrs-Post: "Alles, aber auch wirklich alles, was dort geschrieben steht, könnte ich fast hundertprozentig unterschreiben. Und die meisten AfD-Mitglieder wahrscheinlich auch." Allerdings fügt der Blogger hinzu: "Nun müsste sich dieser Herr nur noch aus der Organisierten Kriminalität zurückziehen […], dann wäre das Neujahrs-Wunder komplett".

Den Mitgliedschaftsantrag von Schulz hat die AfD mehrfach abgelehnt. Dubravko Mandic aber ist drin und hat weniger Berührungsängste. Das Vorstandsmitglied der "Patriotischen Plattform" war einer derjenigen zehntausend, die Hanebuths Post geteilt haben. Ein Nutzer kommentierte daraufhin: "sich über sexuelle und kriminelle Übergriffe von bösen Migranten beschweren, aber einen Beitrag von einem Puffbetreiber teilen". Mandic, der Jurist ist, antwortete: "Ich würde zwischen patriotischen und asozialen und fremdländischen Ganoven differenzieren. Prostitution findet so oder so statt."

Da haben sich ja zwei gefunden: Autoritäre aus der organisierten Kriminalität als Alternative für Deutschland.

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