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Fragwürdige Behandlungsmethoden

Razzia bei Drogen-Sex-Therapie: Polizei findet LSD, Ecstasy und 500 Pillen

In Psycholyse-Seminaren sollen Menschen mit ungewöhnlichen Methoden geheilt werden. Eine Reporterin war dabei.
Foto: SAT1

Was macht ein Psychologe mit einer Frau, die sich als labil und depressiv berschreibt? Richtig, er schickt sie ohne Umschweife zu einem "Wunderheiler", der ihr eine Drogen-Sex-Therapie verordnet. All das ist kein schlechter Scherz, sondern kürzlich wirklich passiert. Und weil die Frau Reporterin von Akte 20.18 auf Sat.1 (Ausstrahlung: 16.01.2018 – 22:20 Uhr) ist, gibt es diese Geschichte sogar im Fernsehen.

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Reporterin Nadja Pia Wagner erzählte ihrem Psychologen von "mehrfach abgebrochenen Therapieversuchen und ausgeprägten Depressionen". Diese Diagnose hatte sie für ihre Recherche erfunden. Der Psychologe verwies sie bereits in der allerersten Sitzung an einen 81-jährigen Berliner Heiler, der Patienten mit der fragwürdigen Psycholyse-Methode behandelt, bei der psychoaktive Substanzen eingesetzt werden. Beim ersten Treffen legte er erst einmal Wagners Handy in eine Blechdose. "Damit wir nicht von der Polizei abgehört werden", erklärte er ihr.

Die Therapie selbst sollte im "Haus der reinen Seele" in Weßling bei München stattfinden. Diese Einrichtung wirbt auf ihrer Website mit dem Spruch: "Ist deine Seele rein? Dann sei herzlich willkommen und tritt ein. Denkst du, sie ist es nicht? Auch dann sei willkommen, denn dass eine Seele rein ist, das glaube ich nicht."

Im Verlauf ihrer Recherche schaltete Wagner das Landeskriminalamt ein. Es folgte eine Großrazzia, bei der neben LSD und Ecstasy über 500 Kapseln Amphetamine sichergestellt wurden. Dabei waren in dem Kurs nur 14 Teilnehmer.

Die Psycholyse genannte Therapie verspricht, Probleme und sogar psychische Krankheiten mit Drogen zu heilen, manchmal kombiniert mit Sex. Meist werden dabei bewusstseinserweiternde Substanzen eingesetzt. Das geht in regelmäßigen Abständen ziemlich schief. 2009 starben in Berlin zwei Männer während einer Psycholyse, weil der Therapeut sich bei der Dosierung vertan hatte. 2015 kamen wegen eines ähnlichen Fehlers nahe Hamburg 29 Teilnehmer eines Psycholyse-Seminars ins Krankenhaus. Teilweise mussten sie auf der Intensivstation festgeschnallt werden, weil sie im Wahn randalierten. Aus der Klinik hieß es danach, die geschockten Mitarbeiter hätten so etwas noch nie gesehen. Die Teilnehmer hatten "Aquarust" genommen, eine LSD-ähnliche Substanz.

Die Psycholyse-Szene gilt als verschworen, in den Medien tauchen hin und wieder "Aussteiger" auf, die reden, als wären sie einer geheimen Sekte entlaufen. Oft stecken hinter diesen Gruppen Gurus, die Menschen mit Drogen und Versprechen an sich binden und deren Anhänger sie "verehren wie einen Erlöser". Rauskommen ist also schwer. Aber rein in die Psycholyse geht es offenbar manchmal ganz einfach: auf Empfehlung seines Psychologen.

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