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Die moderne Welt

Warum du wirklich, wirklich keine Selfies mit einem geklauten Handy machen solltest

Sonst geht es dir wie diesem Typen, nach dem jetzt die Polizei fahndet.
Foto: Einrecher/Polizei Berlin

Mit ungefähr 18 Monaten kann sich ein Kleinkind selbst erkennen, wenn man ihm einen Spiegel vorhält. Spätestens dann ist es um uns geschehen: Für den Rest unseres Lebens sind wir dazu verdammt, uns in jeder spiegelnden Oberfläche unserer eigenen Visage zu vergewissern.

Und wir tun das, obwohl wir wissen, wie gefährlich es ist. Wikipedia hat mittlerweile eine eigene Liste von "selfie-related injuries and deaths" eingerichtet, die von insgesamt 261 toten und schwerverletzte Menschen (und einem Delfin) weiß, die der menschlichen Eitelkeit zum Opfer gefallen sind. Dabei straft einen natürlich nicht immer gleich der Tod – manchmal kommen wir auch mit einer öffentlichen Fahndung der Berliner Polizei davon. So wie dieser Typ:

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Die Polizei vermutet, dass das Gesicht zu dem Mann gehört, der im August 2017 in eine Wilmersdorfer Kellerwohnung einstieg. Die 67-jährige Mieterin erwischte ihn in flagranti beim Durchwühlen ihrer Handtasche, worauf er sich mit ein bisschen Geld, ihren Papieren und ihrem Handy durch dasselbe Fenster verabschiedete, durch das er vermutlich auch eingestiegen war.

Damit hätte die Geschichte eigentlich auch zu Ende sein können, hätte der Dieb nicht irgendwann entdeckt, dass er die Kamera des Smartphones benutzen kann. Also fing er an, Fotos von sich selbst zu schießen. Wahrscheinlich ohne zu wissen, dass diese Fotos kurz darauf automatisch in die Cloud hochgeladen werden würden, wo sie irgendwann die Polizei zu sehen bekam – und schließlich wir alle.

Vom Gesamtwerk erhalten sind uns insgesamt fünf Porträts. Alle deuten auf eine verhaltene, aber deutlich spürbare Spannung im Verhältnis des Künstlers zum eigenen Gesicht hin. Bis auf ein leichtes Stirnrunzeln in "E5" ist auf keinem der Bilder irgendeine Emotion zu erkennen. Die Züge verharren in einer maskenhaften Gleichgültigkeit. Es wirkt fast, als würde der Mann sich erst einmal vorsichtig an das eigene Gesicht herantasten.

Am interessantesten, weil dynamischsten, ist das erste Bild aus der Serie, in dem der Mann leicht nach rechts schaut, als würde jemand direkt neben ihm gerade geräuschvoll auf den U-Bahnsteig kotzen. Wir wissen es nicht, denn auch hier konzentriert sich der Fotograf ganz auf die eigene Reaktion – er sieht die Welt, aber wir sehen nur ihn. Trotzdem: Die Mimik bleibt weitgehend regungslos. Wenn dieser Mann Gefühle hat, verbirgt er sie hinter der undurchdringlichen Fassade seiner groben, fast schon steinernen Gesichtszüge.

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Was den Fotografen wirklich bewogen hat, fünf fast identische Bilder seines ausdruckslosen Gesichts zu machen, können wir nicht wissen. Möglich, dass er gehofft hat, am Ende irgendwie doch noch zu sich selber durchzudringen. Ein Hinweis darauf könnte E4 sein, in dem an der Wand im Hintergrund deutlich ein Notsignal zu erkennen ist:

Ein versteckter Hilferuf? Auch möglich, dass er einfach geglaubt hat, dass der Look “Kleinkrimineller mit seelenlosen Augen” auf Tinder gerade der letzte Schrei ist. Um das Geheimnis zu lüften, müssen wir abwarten, ob die Polizei mit dieser Fahndung Erfolg hat. Noch wahrscheinlicher ist aber, dass wir es selbst dann nicht erfahren werden – weil er es selbst nicht weiß.

Hinweise bitte an die Kriminalpolizei der Polizeidirektion 2 in der Charlottenburger Chaussee in Berlin-Spandau unter den Telefonnummern (030) 4664-272127 oder (030) 4664-271100 oder eine andere Polizeidienststelle.

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