Jakub Różalski erfindet den polnisch-sowjetischen Krieg neu—mit riesigen Robotern

Jakub Różalski ist ein polnischer Künstler, dessen neuestes Projekt 1920+ schnell die Runde gemacht und weltweit Lob geerntet hat. Alles dank einer originellen Verbindung zweier sich auf den ersten Blick ausschließender Welten: des polnischen Landlebens auf der einen und riesiger Roboter auf der anderen Seite.

Różalski sieht 1920+ als fiktionale Interpretation des polnisch-sowjetischen Kriegs (1919-1921), in dem die polnischen Streitkräfte gegen das sowjetische Russland und die sowjetische Ukraine kämpften. Die Serie dient nicht nur als kreatives Ventil, sondern soll auch Nationalstolz und Interesse für die polnische Geschichte wecken. Wenn ​Juliusz Kossak Riesenroboter gemalt hätte, wäre Różalski sein Protégé gewesen.

Videos by VICE

VICE: Was ist 1920+?
Jakub Różalski: Die Grundlage des Projekts sind der polnisch-sowjetische Krieg, die Schlacht bei Warschau und die schwierigen Lebensumstände zu dieser Zeit. Viele Geschichtswissenschaftler sehen die Schlacht von Warschau als eine der wichtigsten in der Weltgeschichte, weil während dieser Schlacht die bolschewistische Revolution aufgehalten und das Schicksal Europas maßgeblich beeinflusst wurde.

Welche Stimmung herrschte zu dieser Zeit in Europa?
Nach Ende des Ersten Weltkriegs ging in Europa die Revolution um. Die Menschen waren frustriert. Weil sie diese Stimmung ausnutzen wollten, marschierten die Bolschewiken in Richtung Westen los. Polen war das erste Land, das Widerstand leisten konnte, und dass nur zwei Jahre, nachdem wir unsere Unabhängigkeit erlangt hatten.

Nur wenige Menschen außerhalb Polens kennen diese Geschichte, obwohl das eine spannende Zeit für die Welt und Europa war. Außerdem war dieser Krieg der letzte, in dem zu einem großen Teil Kavallerie eingesetzt wurde, was in meinen Augen für eine gewisse Romantik sorgt.

Wie bist du auf die Idee gekommen?
Ich möchte so interessant und originell wie möglich mein Wissen über die polnische Geschichte und Kultur mit anderen Menschen teilen. Deshalb habe ich meine Lieblingsthemen mit einer meiner Leidenschaften verbunden. Ich habe klassische Themen wie Kavallerie, polnische Armee, den Alltag auf dem Land, die polnische Malerei im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert mit modernistischem Design, riesigen Kampfrobotern und Sci-Fi-Themen verbunden.

Wieso riesige Roboter?
Ich fand riesige Roboter schon immer toll, schon seit ich das erste Mal die Schlacht von Hoth in Das Imperium schlägt zurück gesehen habe. Mechs und Roboter sind dankbare Themen, sie sorgen auf eine unglaublich interessante Art und Weise für Dramatik. Deswegen verwende ich sie gern in meiner Arbeit.

Fantasy und Science-Fiction haben mich schon von Kleinauf fasziniert. VHS-Kassetten aus der Videothek, Bücher, Rollenspiele, ein Leben ohne Computer und Internet… das waren schöne Zeiten. Ich denke, dass die Werke von Sienkiewicz, Tolkien und Sapkowski mich genauso begleitet haben wie mein Interesse für Infanterie, den Zweiten Weltkrieg und den Verhaltenskodex der Samurai. Sie haben mich als Menschen und Künstler geprägt.

In deinen Arbeiten sieht man statt großer Städte urtümliche Landschaften.
In bin mitten in der Natur in einem kleinen Dorf bei Szczecin aufgewachsen. Aus beruflichen Gründen habe ich fast mein ganzes Erwachsenenleben in Städten verbracht. Allerdings vermisse ich das ruhige Landleben, fernab des Trubels der Großstadt. Vielleicht tauchen diese Themen ja deshalb so häufig in meinen Arbeiten auf.

Ich habe mich intensiv mit Kossak, Chełmoński und Schischkin beschäftigt, um als Künstler besser zu werden. Wenn sich das in meiner Arbeit widerspiegelt, dann ist das das größte Kompliment, das man mir machen kann.

In deinen Werken ist auch ein Anflug von Patriotismus zu erkennen.
Natürlich. Ich liebe mein Land und bin froh, dass ich in Polen geboren wurde. Ich male das, was mich interessiert und glücklich macht. Natürlich findet man in meiner Arbeit Nostalgie und eine Sehnsucht nach unseren Landschaften und unserer Geschichte.

Im Moment lebst du in Deutschland. Hast du manchmal Heimweh?
Ich vermisse die Landschaft, die Berge, das Meer. Hauptsächlich vermisse ich die kleinen Dinge: das Essen, meine Lieblingscafés, Filme. Meine Frau und ich ziehen aber im Januar mit unserer Katze nach Krakau. Ich bin ja ohnehin eher ein Eigenbrötler und arbeite viele zu Hause. Von daher macht mir das Leben im Ausland nicht ganz so viel aus.

Du hast deine alternative Version der Vergangenheit gemalt. Wenn du die Zukunft Polens malen würdest, wie würde sie aussehen? Wäre sie schwarz oder weiß?
Interessante Frage. Wahrscheinlich weder noch. Ich mag keine Extreme, mich interessieren eher die Zwischentöne. Es wären also eher Grauschattierungen mit einem interessanten Extra.

Danke, Jakub. Vielleicht sehen wir uns in Krakau.