Forschenden an der Universität Tokio ist es gelungen, das stärkste, kontrollierte Magnetfeld zu erzeugen, das je von Menschenhand innerhalb eines Gebäudes geschaffen wurde. Mit ihrem Magnetfeld sprengten sie aber nicht nur den bestehenden Weltrekord, sondern auch gleich die Schutztür ihres Labors weg.
Vom explosiven Ergebnis waren die Forschenden selbst überrascht. In einem Paper, das sie im Fachjournal Review of Scientific Instruments veröffentlichten, beschreiben sie, dass sie mit dem Magnetfeld die Materialeigenschaften eines neuen Generatorensystems testen wollten. Sie rechneten damit, dass ihr Magnetfeld eine Stärke von bis zu 700 Tesla erreichen würde – stattdessen erreichte die Maschine mal eben 1.200 Tesla, ein neuer Rekord.
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Für alle, die sich jetzt fragen, wie stark das ist: Ein Kühlschrankmagnet hat etwa 0,01 Tesla.
Somit ist es das stärkste Magnetfeld, das je unter kontrollierten Bedingungen in einem Innenraum erzeugt wurde. Trotzdem ist es nicht das mächtigste Magnetfeld der Geschichte: Diesen Rekord stellten russische Forschende im Jahr 2001 auf, als sie ein 2.800 Tesla starkes Magnetfeld unter freiem Himmel erzeugten, das wenige Millionstel Sekunden existierte, bevor es explodierte.
Sowohl beim japanischen als auch beim russischen Experiment wurden die Magnetfelder zusammengequetscht und waren so für einen kurzen Moment extrem stark. Das Verfahren hierfür existiert bereits seit den 1940er Jahren. Anfangs brauchte man für die Kompression der Magnetfelder jedoch große Mengen an Sprengstoff. Nur dadurch ließ sich eine Explosion erzeugen, die stark genug ist, ein Magnetfeld auf diese Art zu konzentrieren. Der Nachteil: Experimente konnten immer nur einmal durchgeführt werden, weil alle Geräte jedes Mal komplett zerstört wurden. Außerdem waren sie extrem gefährlich und es war schwierig, die Experimente zu kontrollieren und unter gleichen Bedingungen zu wiederholen.
So können Forschenden gigantische Magnetfelder erzeugen
Statt Sprengstoff nutzten die japanischen Forschenden große Mengen an Energie, um ihr Magnetfeld zu erzeugen. Sie ließen 3,2 Megajoule durch einen Kupferzylinder laufen, der eine Magnetspule umgab. Das schwache Magnetfeld, das dadurch entstand, wurde mit einer Geschwindigkeit von 32.000 Stundenkilometern zusammengedrückt. Wenn der Druck im Zylinder zu hoch wird, entsteht eine mächtige Schockwelle, die die Spule und den Großteil des Generators zerstört.
Um sich vor der Schockwelle zu schützen, steckte das japanische Team den Generator in einen Mantel aus Eisenstahl. Allerdings hatten sie nur eine Stärke von 700 Tesla erwartet, sodass die Tür des Labors der 1.200 Tesla starken Schockwelle nicht standhalten konnte.
“Mit dieser Stärke hatte ich nicht gerechnet”, sagte der Physiker Shojiro Takeyama von der Universität Tokio gegenüber dem Wissenschaftsmagazin IEEE Spectrum. “Das nächste Mal werden wir die Wände verstärken.” In Gefahr waren die Forschenden während des Experiments übrigens nicht. Sie hielten sich in einem separaten Kontrollraum auf.
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Warum das Experiment auch für eine neue Ära der Stromproduktion wichtig ist
Die Forschenden hoffen, dass ihr Experiment nicht nur Aufschluss darüber geben kann, wie sich bestimmte Materialien in starken Magnetfeldern verhalten. Sie wollen auch neue Erkenntnisse für den Bau von Fusionsreaktoren gewinnen. Denn die vielversprechendsten Entwürfe für Fusionsreaktoren sehen Magnetfelder vor, die für kurze Zeitabschnitte Stärken von mehreren Tausend Tesla erreichen müssen.
“Die Ergebnisse markieren zweifellos den Beginn einer neuen Ära für das Bestreben, ultrastarke Magnetfelder zu produzieren, die für Experimente mit Festkörpern und Plasmafusionen gebraucht werden”, schreiben die Forschenden in ihrem Paper. Am nächsten Rekord arbeiten sie bereits: Demnächst wollen sie 5 Megajoule durch den optimierten Generator jagen und so bis zu 1.500 Tesla erzeugen.
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Dieser Artikel ist zuerst auf der englischsprachigen Seite von Motherboard erschienen.