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Sex

Ich war auf einer Sexparty in Berlin exklusiv für heiße Frauen

Hört sich an wie ein Porno, gibt es aber wirklich: eine Art Facebook für Bisexuelle. Und am Ende landen zehn nackte Frauen in einem Bett.

Natürlich sahen die Ladys auf der Party nicht so photoshop-perfekt aus wie das Werbematerial von Skirt-Club. Es waren normale, aber heiße Frauen | Foto: Victoria Dawe

Und das soll eine Sexparty werden? Auf den ersten Blick sieht es hier eher nach Sex and The City aus, als nach Sex. Diese Bar in Kreuzberg mit Schummerlicht könnte der Drehort für eine Prosecco-Werbung sein: etwa 40 heiße Frauen, viele Highheels, rote Lippen und offene Haare überall, Gläser mit schlanken Stielen in manikürten Händen. Aber für eine gewöhnliche Cocktailparty spielen alle zu oft an ihren Haaren und schauen sich genau diese halbe Sekunde zu lang in die Augen, die Freundlichkeit von Flirten unterscheidet.

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Skirt-Club heißt das exklusive Netzwerk für heiße Frauen, die auf Frauen stehen. Um reinzukommen, muss man Profil- und Ganzkörperbild hochladen, Beruf und Alter angeben (über 39 ist zu alt) und am besten ein bestehendes Mitglied kennen. Außerdem sollen sich Bewerber sexuell auf der Kinsey-Scala verorten: von 0 (ausschließlich hetero), bis 6 (ausschließlich lesbisch).

Die meisten Mitglieder sind eine Zwei (mindestens neugierig auf Sex mit Frauen) oder, wie ich, eine drei: fühlen sich also sexuell zu beiden Geschlechtern hingezogen. Ein Gremium aus fünf Mitgliedern wählt die Neulinge aus. Wer akzeptiert wird, kann sich ähnlich wie bei Facebook oder einer Datingseite Nachrichten schreiben und sich verabreden.

Etwa 5000 Mitglieder hat das Netzwerk weltweit. In Hotspots wie London, New York und Sydney gibt es regelmäßig Skirt-Partys: Sexpartys exklusiv für Frauen. Oder Mini-Skirt-Events: Drinks bei denen man auf gleichgesinnte Frauen trifft. Vergangenen Donnerstag war die erste Party in Berlin, erstmal geht es nur darum, sich kennenzulernen. Die Frauen haben 30 bis 50 Euro bezahlt, um dabei zu sein, je nachdem, wann sie das Ticket gekauft haben.

Ich frage mich, warum diese stylischen, extrovertierten Großstadtfrauen so viel Geld ausgeben, um jemanden kennenzulernen. Anderseits: Bei 90 Prozent der Anwesenden wäre mein Gaydar nicht angesprungen. Die meisten sehen sehr feminin aus und haben einen Freund. Die Komplimente, oder die Hand, die beim Reden auf meinem Oberschenkel landet, hätte ich normalerweise vorsichtshalber als Zufall abgeheftet. Bi-Invisibility heißt dieses Phänomen. Ist eine bisexuelle Frau mit einem Mann zusammen, wird sie in die Hetero-Schublade eingeordnet, ist sie in einer Beziehung mit einer Frau, gilt sie als lesbisch. Und auf Partys erwähnt man auch selten, dass man sich für Menschen außerhalb seiner Beziehung interessiert.

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Aber weil in dieser Bar klar ist, dass man eine sexuelle Orientierung teilt, bandeln alle so schnell an, als hätte jemand die Vorspultaste gedrückt. Nach einer Stunde werden Nummern ausgetauscht, nach anderthalb küssen sich die ersten. Später tänzelt eine Burlesque-Künstlerin durch die Bar und zieht sich dabei aus. Dann legt sich eine Rothaarige oben ohne auf die Bank, wir sollen Tequila-Shots von ihrem Oberkörper trinken. Wer einen Shot will, muss das Salz zwischen ihren Brüsten lecken und die Zitronenscheibe zwischen ihren Lippen rausziehen. Am anderen Tisch wird Flaschendrehen in der vereinfachten Variante gespielt. Diejenigen, auf die das Ende der Flasche zeigt, müssen schmusen.

Und auch wenn mich dieses Klischeebild von Sexualität zwischen Frauen nervt—Flaschendrehen! Pastellfarbende Getränke! Goldene Aufklebe-Tattoos! Ich habe noch nie so viele Bisexuelle auf einem Haufen getroffen und es fühlt sich gut an. "Es ist das erste Mal, dass ich mit jemanden über Sex sprechen kann, dem es genauso geht", sagt eine zierliche Blondine. Wobei die Veranstaltung keine Selbsthilfegruppe ist, sondern recht schnell nackt wird.

Eine Dunkelhaarige hat die Tequilaflasche gestohlen und das Flaschendrehen schnell auf Ausziehen und Anfassen erweitert. Schnell haben die sieben Frauen um die Flasche herum nur Unterhosen an, Lippenstifte mischen sich, Münder an Mündern, Hände an Hintern, Brüsten, Nippelpiercings. "Oh mein Gott, das passiert gerade in Echt", sagt eine Brasilianerin. "Ich habe jahrelang das Internet nach Filmen mit solchen Plots durchforstet." Für eine andere Frau im durchsichtigen Kleid ist es das erste Mal, dass sie eine andere Frau küsst.

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"Wir wollten eine Umgebung schaffen, in der man seine Sexualität ohne Erwartungsdruck ausloten kann"

"Die lesbische Community ist inzwischen ziemlich stark, aber für bisexuelle Frauen gibt es kaum Orte, an denen sie sich ausprobieren können", sagt Renée Nyx, eine der Veranstalterinnen. "Oft sind solche Experimente in der Szene verpönt." Bisexuelle, vor allen Dingen, wenn sie einen männlichen Partner haben, gelten schnell als "privilegierte Heten". Die lesbische Community nimmt ihnen oft übel, dass sie zwar Spaß haben wollen, aber dann doch häufig in "bequemen" Beziehungen mit Männern landen.

Wenn die einen nach der großen Liebe suchen, und die anderen nur spielen wollen, ist das Potential für gebrochene Herzen tatsächlich groß. Aber Orte für Frauen, an denen sie einfach experimentieren können, gibt es kaum. "Wir wollten eine Umgebung schaffen, in der man seine Sexualität ohne Erwartungsdruck ausloten kann", sagt Renée.

"Die meisten unserer Mitglieder suchen keine Ehefrauen. Wenn sich zwei verlieben, umso besser. Aber wer einfach knutschen will, ist auch willkommen." Dass Frauen Sex nur in exklusiven Zweierbeziehung (und am besten bei Kerzenschein) wollen sei ein Mythos: "Unverbindlicher Sex kann sehr befreiend sein, nur sind wir mit der Vorstellung aufgewachsen, dass wir das nicht dürfen", sagt Renée. "Aber zum Glück machen immer mehr Frauen den Mund auf und sagen, was sie wollen."

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In der neusten großen Umfrage zu sexuellen Orientierungen in Europa, gaben 8,4 Prozent der deutschen Frauen an, LGBT zu sein, aber nur 3,5 definierten sich als lesbisch. Das heißt, fast fünf Prozent fühlen sich zu beiden Geschlechtern hingezogen. Hochgerechnet auf Deutschland wären das fast 4,5 Millionen Frauen, die meistens unter dem gesellschaftlichen Radar bleiben, keine eigenen Bars haben und sich oft nicht Ernst genommen fühlen. Noch viel mehr dürften neugierig auf andere Frauen sein, zumindest schauen viele Frauen lesbische Pornos.

Viele wollen diese Fantasie Fantasie sein lassen. Aber auf der Skirt-Party merkt man, wie sehnlich viele darauf gewartet haben, dass ihr Kopfkino wahr wird. Schnell hat eine Frau eine private "After-Party" bei sich organisiert. 20 Frauen quetschen sich in Taxis und dann in eine Altbauwohnung. Kaum eine Stunde später räkelt sich die Hälfte von ihnen zwischen Ikea-Bettwäsche, ein irrer Nackttwister aus Beinen, Armen, Brüsten, Haaren unterschiedlichster Tönungen. Körper vereinen sich, gehen auseinander, kommen in anderen Konstellationen zusammen. Die Bettkante ist gesäumt von Strapsen, Slips, BHs.

Eine hat ihren Magic-Wand-Vibrator und einen Großpack Kondome mitgebracht, und zeigt allen Neugierigen, wie man damit umgeht. Sex geht ins Kuscheln über, wird wieder zu Sex, neue Frauen kommen dazu, andere ziehen lachend ihre Strumpfhosen aus dem Haufen, ziehen sich wieder an und gehen auf den Balkon rauchen. Oder in die Küche, wo die Gespräche sich—natürlich—um Liebe drehen. Der einzige Mann in der Wohnung, der Mitbewohner der Gastgeberin, hat Spätisekt für alle besorgt, den die Frauen aus Tassen trinken. Dafür, dass seine Wohnung von 20 mehr oder weniger nackten Frauen okkupiert wurde, ist er erstaunlich gelassen. Ich bin mir nicht sicher, ob er gerade der glücklichste, oder der unglücklichste Mann der der Welt ist.

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Von den acht Frauen, die um den Küchentisch sitzen, haben sechs einen Freund, eine hat gleichzeitig Freund und Freundin. Viele sind schon lange in offenen Beziehungen, für andere ist es das erste Mal, dass sie mit anderen schlafen. Aber alle Freunde wissen Bescheid, einer holt seine Partnerin gleich mit dem Auto ab.

"When your man is not enough", naja. Was ist mit dem Frauen, die einfach Bock auf andere haben, Freund hin oder her?

Man kann sagen: Männerfantasie. Frauen schlafen miteinander, quatschen über Männer, wie auf einer nicht jugendfreien Übernachtungsparty und kehren danach brav in das Bett ihrer Freunde zurück. Man kann die polierte Ästhetik der Skirtclub-Werbung fragwürdig finden, in der Frauen jenseits der Kleidergröße 36 nicht vorkommen.

Und auch den Selektionsprozess, bei dem man sich um Sex bewerben muss, wie bei einer Misswahl. Und vor allem den Slogan von Skirt-Club: "When your man is not enough", der sich anhört, als bräuchte jede Frau erstmal einen Typen, und Frauen höchstens als nettes Extra. Aber eins hat der Abend geschafft: Er hat Frauen ermöglicht, dass zu holen, worauf sie Bock hatten. Ohne sich darüber Gedanken zu machen, ob es sich "gehört". Ohne dafür verurteilt oder fetischisiert zu werden. Oder verdächtigt zu werden, dass man das alles für seinen Freund oder aus Aufmerksamkeitsheischerei heraus macht.

Die Verabschiedung ist nicht hölzern, wie so oft nach unverbindlichem Sex. Alle drücken sich herzlich, lassen ihre Nummern für eine WhatsApp-Gruppe da, teilen sich Taxis nach Hause. Manche finden erst beim Gehen die Namen der Frauen raus, mit denen sie im Bett waren. "Ich habe nie gedacht, dass ich der Typ für anonymen Sex bin", sagt eine Brünette. "Aber ja, es kann befreiend sein, die Hand zu schütteln, erst nachdem sie in einem drin war."

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