Wenn Punks sich auf Fahrrädern prügeln – Willkommen auf den Berliner "Bike Wars"

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Wenn Punks sich auf Fahrrädern prügeln – Willkommen auf den Berliner "Bike Wars"

Was kommt heraus, wenn man Punks mit Schweißgeräten spielen lässt? Das etwas andere Ritterturnier.

Alle Fotos von Christophe Gateau

Es ist heiß, Schweiß tropft von den Körpern der Fahrer, sie fluchen, sie schreien. Immer wieder krachen ihre brachial zusammengeschweißten Fahrräder mit voller Wucht gegeneinander, eines nach dem anderen zerbricht in seine Einzelteile, die Fahrer zerren die Metallteile vom Platz. Auf turmhohen Doppelfahrrädern heben sich die Fahrer mit Boxhandschuhen an Lanzen gegenseitig aus dem Sattel. Um sie herum Dutzende johlende Punks: Willkommen auf den Bike Wars 2016.

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Die Bike Wars sind das, was herauskommt, wenn erwachsene Punks mit alten Fahrrädern und Schweißgeräten herumspielen. Beim Karneval der Subkulturen in Berlin-Kreuzberg im Mai kämpften sie auf ihren Maschinen gegeneinander. Die Veranstaltung versteht sich als linke Alternative zum gleichzeitig stattfindenden Massenevent Karneval der Kulturen. Mit ins Leben gerufen hat sie Sev. Der 28-Jährige Niederländer ist gelernter Schweißer und verbreitet mit seinem liebevoll getauften Monster-Fahrrad "Pink Assassin" seit vier Jahren Angst, Schrecken und blaue Flecken. Uns erklärt er, wie das Ganze funktioniert—und was schrottige Kampffahrräder mit Buddhismus zu tun haben.

Sev

VICE: Also, was macht ihr da eigentlich?
Sev: Die Bike Wars sind ein Spiel, aber auch ein Wettbewerb. Man baut sein eigenes Fahrrad zusammen und testet dann, wie gut man es gebaut hat, indem man versucht, andere selbstgebaute Fahrräder kaputt zu fahren. Es ist wie die Destruction Derby, nur mit Fahrrädern.

Wie sind die Regeln?
Es gibt verschiedene Kategorien. Erstmal den Two-Wheel-Battle, das sind normale Zweiräder. Du kannst dein Rad verändern, wie du willst, aber es darf nur zwei Räder haben, es muss pedalbetrieben sein, es darf nur einen Fahrer haben und es gibt keine Waffen. Und dann heißt es: Jeder gegen jeden. Dann gibt es Tall Bike Jousting, da treten zwei Leute gegeneinander auf diesen hohen Fahrrädern an, um den anderen mit der Lanze runter zu schubsen—wie ein Ritterspiel.

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Und dann gibt es noch die Big Machines. Hier gibt es überhaupt keine Regeln, außer dass das Rad pedalangetrieben sein muss. Da muss man versuchen, das Fahrrad kaputt zu machen, aber nicht den Fahrer. Wenn nur noch zwei Fahrräder übrig sind, beginnt der Sudden Death: Die beiden Fahrer starten an verschiedenen Enden der Arena und fahren einfach frontal aufeinander.

Ist das gefährlich?
Es gibt immer leichte Verletzungen, zum Glück ist bis jetzt noch nichts Schlimmes passiert. Aber es ist brutal anstrengend. Der Muskelkater von diesen Aufprallen ist so krass, dass die Leute danach drei Tage lang zu Hause bleiben.

Seit wann macht ihr das?
Der erste Bike War in Berlin war 2006. Aber in New York und Kopenhagen machen die das schon länger.

Steckt dahinter irgendein tieferer Sinn?
Come—build—destroy. Die Idee ist, dass man mit viel Liebe und Aufwand irgendwas richtig Schönes baut, aber dann keine Angst hat, das zu verlieren. Das ist so ne Art buddhistische Einstellung. Abgesehen davon soll es natürlich spektakulär aussehen!

Interview: Matern Boeselager