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#imzugpassiert ist ein PR-Desaster – Es gibt keine Frauenabteile in Sachsens Bahn

Der #Aufschrei-Hashtag der letzten Tage führt ins Leere, denn die Mitteldeutsche Regiobahn hat sich missverständlich ausgedrückt.

Und was, wenn zwanzig notgeile Asylanten einfach das — Volkward (@Fate_of_Blood)26. März 2016

Egal, was Twitter sagt: Frauen und Männer dürfen in Sachsen auch weiter zusammen Bahn fahren. Die Mitteldeutsche Regiobahn (MRB) bringt keine Züge mit Frauenabteilen auf die Gleise, sondern mit solchen für Familien und Rentner. Vor Ostern hatte das Unternehmen noch mitgeteilt, dass auf der Strecke zwischen Leipzig und Chemnitz ab sofort spezielle Bereiche für weibliche Reisende eingerichtet werden.

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Seit Donnerstag sorgt die unglücklich formulierte Pressemitteilung für den jüngsten Aufschrei im Netz. An dem Tag starteten die ersten Züge mit neuen Abteilen bei der MRB, die der Bahn-Konkurrenz Transdev gehört. Die seien für alleinreisende Frauen und Mütter gedacht, schrieb das Unternehmen—auch, um das Sicherheitsgefühl der weiblichen Fahrgäste zu stärken.

Frauenabteil? Und dann noch in Sachsen? Das muss wegen der muslimischen Flüchtlinge sein oder, nein, noch besser, wegen sexistischer AFD-Sympathisanten. So streiten sich Frauen, Anti-Feministen und Asylgegner im Netz. Auf Twitter rief eine Userin dazu auf, unter #imzugpassiert Erlebnisse von sexuellen Übergriffen in der Bahn zu posten:

Überall Platz, alles leer, spät nachts - Mann setzt sich ausgerechnet neben mich auf 2er Sitz. — Anna Lena Bankel (@AnnaLenaBankel)25. März 2016

Das Extra-Abteil für Feministinnen ist ne gute Idee. Dann nerven diese Trullas die normalen Leute nicht.— Ismus (@ThomasMichael71)26. März 2016

Meine Mutter (85) zum — earlybird (@earlybird2010)24. März 2016

Die MRB rudert jetzt zurück. Ein Sprecher erklärt VICE gegenüber: „Natürlich dürfen auch Männer rein!" Die Frauenabteile hießen in Wirklichkeit Familienzonen, ähnlich wie es sie in jedem ICE gibt. Die seien ein Angebot für Alleinreisende mit Kindern, für Gehandicapte und Rentner, die gern in der Nähe des Zugbegleiters und nicht weit vom Eingang sitzen, „falls es ihnen mal nicht gut geht oder sie Fragen haben", so der MRB-Mitarbeiter. Zwar gebe es schon Ruhezonen direkt daneben. „Aber die sind für Leute, die wirklich ihre Ruhe haben wollen", erklärt er. „Und niemanden neben sich, der telefoniert oder auf dem Computer rumhackt."

Die Familienzonen seien auf vielfachen Wunsch von Reisenden eingeführt worden. „Aber das hatte rein gar nichts mit Flüchtlingen oder Angst vor sexuellen Übergriffen zu tun", sagt der Sprecher. Seit Tagen wird die MRB mit Anfragen von besorgten Bürgern überhäuft—solchen, die den Untergang des Abendlandes befürchten. Und solchen, die Frauenabteile für sexistisch halten. Dagegen wehrt sich die MRB: „Wir lassen uns nicht in die Ecke drücken, der Auslöser wäre Angst vor Flüchtlingen gewesen."

In vielen Ländern sind Frauenabteile übrigens Realität: unter anderem in Österreich, Japan, Indien, Brasilien, Mexiko und Ägypten. Selbst in der entspannten Schweiz gab es vor 15 Jahren eine ähnliche Idee. Weil aber kaum jemand in den Frauenabteilen fuhr, wurden sie schließlich wieder abgeschafft.