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Europawahl 2014

Diese Rechten vertreten uns im Europäischen Parlament—aber nicht gemeinsam

Das Rechtsbündnis im Europäischen Parlament ist wieder gescheitert. Wir haben für euch eine Liste der Parteien zusammengestellt.

Falls ihr am 25. Mai nicht wählen wart—ihr wart nicht die Einzigen. Die Sache mit dem Nicht-Wählen-Gehen ist natürlich die, dass jemand anderes es machen wird, am ehesten nämlich diejenigen Menschen mit der heftigsten Einstellung. Die frommen Schäfchen wählen in Scharen, was dazu geführt hat, dass zahlreiche rechte Parteien in ganz Europa wieder an Zulauf gewonnen haben. Wir haben unsere VICE-Kollegen aus ganz Europa gefragt, welche unheimlichen Arschlöcher nun deren Länder im europäischen Parlament repräsentieren.

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Update: Nur weil alle Parteien rechts sind, heißt das nicht, dass sie zusammen funktionieren. So ist also auch bei dieser Wahl wieder kein Rechtsbündnis zustande gekommen. Wenigstens ein kleiner Wermutsropfen. Mit einer Partei, die das Frauenwahlrecht ablehnt und die EU als geistiges Geschöpf Hitlers bezeichnet (der polnischen KNP) wollten dann doch die meisten nicht zusammenarbeiten. Vilimsky hatte sich anfangs noch gegen eine Zusammenarbeit mit der KNP geäußert, dann aber von gut laufenden Verhandlungen gesprochen. Ein EU-kritisches Bündnis wird es trotzdem geben: Die UKIP aus Großbritannien und die Fünf Sterne Partei von Beppe Grillo haben letzte Woche eine gemeinsame Fraktion bestätigt.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Foto via.

Österreich - Freiheitliche Partei Österreichs

Stimmen: 20.5 % (+7.79 % seit 2009)
Mandate: 4 (+2 seit 2009)

Es gibt zwei häufige Fehlannahmen über die FPÖ, die so ziemlich jeder teilt: Nämlich, dass sie entweder Nazis oder völlig harmlos sind. Beide Annahmen sind Bullshit und haben seit den frühen Neunzigern zum großen Erfolg der Bewegung beigetragen. Natürlich, es sind Nationalisten und ihre Führungsriege besteht aus ungebildeten Halbklugen, die auf jeder Wahlkampftour aussehen, als kämen sie gerade aus einer Sauna, nachdem sie drei Tage gesoffen haben. Aber sie haben auch Erfolg aufgrund linker Kritiker, die genauso einfältig sind und die Nazi- Beschuldigung gegen jeden richten, den sie nicht ausstehen können. Dadurch machen sie sich nur selbst lächerlich und rauben dem Wort den Schock-Faktor, den es einmal innehatte. Das trägt jedenfalls nicht viel dazu bei, eine Auswahl aus Nationalisten, entfremdeten Österreichern und ja, echten Nazis zu stoppen. Wie auch immer, die FPÖ holte bei der Wahl den dritten Platz mit rund einem Fünftel der Stimmen.

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Deutschland - Alternative für Deutschland

Stimmen: 7 % (existierte 2009 noch nicht)
Mandate: 7

Obwohl es das erste Mal ist, dass Deutschlands aggressive Neo-Nazi Partei, die NPD, es geschafft hat, einen Sitz im Europäischen Parlament zu ergattern, ist es sowas wie ein bürokratischer Sieg. Sie verdanken ihren Sitz mehr der Abschaffung der 3%-Schwelle für Parteien, damit sie überhaupt Sitze im Europäischen Parlament bekommen können, als einer Zunahme ihrer Popularität (sie haben nur ein Prozent der Stimmen bekommen). Sie sind nur als Verkörperung der schlechten Aussichten dort, aber vermutlich kein ernsthafter Grund zur Sorge.

Der Erfolg einer neuen, Europa-skeptischen Partei, der Alternative für Deutschland, ist da schon viel beunruhigender. Diese Partei hat herausragende 7% und sieben Sitze im Parlament erreicht. Ursprünglich vor über einem Jahr von Akademikern gegründet, die Deutschlands Austritt aus der Euro-Zone verfechten, begannen sie vor der Europawahl mit dem Rechtspopulismus zu liebäugeln.  Jetzt scheinen sie eine Menge Leute anzulocken, die nicht nur der EU gegenüber skeptisch sind, sondern auch der weltweiten Vorherrschaft der USA, der NATO „Kriegshetze“ in der Ukraine, der offiziellen Version von 9/11, und der Rothschild Familie. Zu diesem Zeitpunkt ist es schwer zu sagen, ob sie die Politik tatsächlich beeinflussen werden, ob sie wieder verschwinden, oder sich in eine nerdige, beliebte Version der NPD verwandeln.

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Europaabgeordnete Krisztina Morvai und Parteivorsitzender Gábor Vona. Foto via.

Ungarn - Jobbik

Stimmen: 14, 68 (-0,9 %)
Mandate: 3 (±0)

Die Jobbik-Partei („Die Besseren“/„Die Rechteren”) wird als antiziganistisch bezeichnet, will homosexuelle Handlungen in der Öffentlichkeit unter Strafe stellen, wird von Außen oft als antisemitisch bezeichnet, sieht sich aber selbst „nur“ als antizionistisch. In Ungarn ist die rechtsradikale Jobbik-Partei mit 14,68 % der Stimmen auf dem zweiten Platz hinter der rechtskonservativen Regierungspartei gelandet. Holocaustforscher Lazló Karsai sieht in Jobbik eine Neonazi-Partei.

In zwei elementaren Punkten unterscheidet sich die Jobbik-Partei von anderen rechtsradikalen europäischen Parteien: Ihre Stimmen bekommt sie hauptsächlich von höher gebildeten Menschen; unter Ungarischen Studenten ist sie die beliebteste Partei. Außerdem lehnt sie Islamfeindlichkeit entschieden ab. Erklärte Gegner sind Liberalismus, Zionismus und der Westen.

Jemand gibt vor Geert Wilders zu sein. Foto via.

Niederlande - Partei für die Freiheit

Stimmen: 13.2 % (-3.8 %)
Mandate: 4 (-1)

Was für manche europäischen Länder vielleicht beunruhigend sein mag—im Hinblick auf den Aufstieg beängstigender Parteien—ist Alltag für die Niederländer. Über zehn Jahre lang hat die Partei für die Freihet (PVV) die holländische Politik mit Vorschlägen dominiert, die jeden normalen Menschen dazu bringen, dass er sich das Hirn rausreißen will: ein Koran-Verbot, eine Steuer auf muslimische Kopftücher und die Abschiebung von Millionen Muslimen aus Europa, nur um ein paar zu nennen. Obwohl die Wahl der PVV einen ziemlichen Rückschlag verpasst hat, hat sie es trotzdem geschafft, vier Mandate zu ergattern—immerhin ein Mandat weniger als 2009—und ihre Position als eine der größten Parteien des Landes aufrechtzuerhalten.

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Diese Tatsache ist sehr aussagekräftig, wenn man bedenkt, dass sogar ein Mitglied aus den eigenen Reihen angewidert die Partei verlassen hat, nachdem Parteiobmann Geert Wilders einer tobenden Menge versprochen hat, dass es in Zukunft weniger Marokkaner in den Niederlanden geben wird. Es gab Gerüchte, dass Saudi Arabien niederländische Unternehmen boykottieren würde, nachdem Wilders einen Sticker mit der saudischen Flagge und der Aufschrift „Der Islam ist eine Lüge, Mohammed ist ein Krimineller, der Koran ist Gift.“ Auf seine Tür geklebt hatte. Dieses mittelmäßige Ergebnis für die PVV könnte bedeuten, dass der Boykott nicht stattfindet—zur Erleichterung aller holländischen Geschäftsmänner.

UKIP-Chef Nigel Farage. Foto von Cian Oba-Smith.

UK - UKIP

Stimmen: 27.49 % (+10.99 %)
Mandate: 24 (+11)

England kann sich selbst auf die Schulter klopfen, dass es die offensichtlich rassistische British National Party losgeworden ist, die bei den letzten Wahlen zwei Sitze, und dieses Mal keinen gewonnen hat. Parteiobmann Nick Griffin wird Brüssel also nicht länger mit seinem Rindereintopf oder seinem Rassismus vollstinken. Unglücklicherweise haben sie aber zehnmal so viele Mitglieder der UK Independence Party ins Parlament gelassen, die die Anzahl ihrer Mandate fast verdoppeln konnte.

Die UKIP steht unter der Führung von Nigel Farage, anscheinend der einzige englische Politiker, den die Leute sympathisch finden. Das Erschreckende daran ist, dass sie Immigranten auf eine Art und Weise blöd anmachen, die von der Gesellschaft akzeptiert wird. Das hat unzufriedene, konservative Eiferer aus dem Süden und noch unzufriedenere Arbeiter aus dem Norden, die um ihre Arbeit fürchten, vereint. Aber in einem aktuellen Radio-Interview ließ Farage seine Maske fallen. Auf die Frage was der Unterschied dazwischen ist, ob man Deutsche oder Rumänen als Nachbarn hat, antwortete er „Ihr wisst, was der Unterschied ist.“ Die weit weniger subtile Engstirnigkeit zahlreicher Mitglieder der UKIP wurde bereits von der Presse aufgedeckt—wie der eine Typ mit den Nazi-Tattoos und dem „white powder“-Fotoshooting und der andere, der meint, Schwule sollen erschossen werden. Nichts davon hält die Leute davon ab, die UKIP zu wählen, die es zum Sieg gebracht und nun eine weitere Runde von Gerede gegen Immigranten und die EU losgetreten haben. Komischerweise machen viele Menschen Nick Clegg hierfür verantwortlich.

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Marine Le Pen am 1. Mai. Foto via.

Frankreich - Front National

Stimmen: 25 % (+19 %)
Mandate: 24 (+21)

Mit 25 Prozent der Stimmen hat die Front National erstmals die Europawahl gewonnen. Wie schon in den vorigen Wahlen war die Partei die beliebteste unter den 18- bis 24-jährgen und den Arbeitern. Ein paar Tage vor der Wahl hat Jean Marie Le Pen—Gründer und ehemaliger Chef der Partei, bis seine Tochter Marie 2011 seine Rolle übernommen hat—Ebola als Lösung für das stetige Wachstum der Weltbevölkerung vorgeschlagen.

Am 29. Mai gibt es in Paris eine Demonstration gegen den Aufstieg von rechtspopulistischen Parteien in Europa, aber den meisten Leuten ist das egal. 2017 findet in Paris die nächste Präsidentschaftswahl statt und Marie Le Pen könnte —15 Jahre nach ihrem Vater—unter den Kandidaten sein. Nur um sicherzugehen—eine Partei hat gerade die Wahl gewonnen, deren Gründer behauptet hat, dass eine Krankheit, bei der du aus jeder Körperöffnung blutest, das Problem der Überbevölkerung lösen würde.

Gründerin der Dansk Folkparti Pia Kjærsgaard. Foto via.

Dänemark - Dänische Volkspartei

Stimmen: 26.7 % (+11.4 %)
Mandate: 4 (+2)

Die Dansk Folkparti (Dänische Volkspartei) hat gerade mit 27 % mehr Stimmen als jede andere Partei in Dänemark bekommen. Zum Thema, ob sie Muslime aus dem Land haben wollte, sagte die Gründerin Pia Kjærsgaard : „Wir haben eine Religion in diesem tausend Jahre alten Reich—Dänemark—und wir müssen es dabei belassen. Deswegen ist es äußerst wichtig, dass der Islam in Dänemark keinen Platz hat." Erinnert ihr euch noch, wo wir schon einmal von einem Tausendjährigen Reich gehört haben? Ja, bei den Nazis.

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Lega Nord-Unterstützder in Mailand. Foto via.

Italien - Lega Nord

Stimmen: 6.2 % (-4 %)
Mandate: 5 (-4)

Lega Nord wurde Ende der 1980er gegründet und kämpfte erst gegen die Unabhängigkeit Norditaliens. In den letzten Jahrzehnten hatte die Lega Nord mehrere Sitze im Italienischen Parlament und war auch Teil der Koalition mit Silvio Berlusconi. Mehrere Vertreter wurden wegen Verhetzung verurteilt, unter anderem der ehemalige Bürgermeister von Treviso, Giancarlo Gentilini, der sein Verlangen nach einer „ethnischen Säuberung von allen Schwuchteln“ ausdrückte und vorschlug, auf alle Migranten zu Schießen, die an den italienischen Küsten ankommen würden. 2013 wurde Marreo Salvini Parteisekretär. Er steht in engem Kontakt zu Marine Le Pen, mit der er vermutlich eine Fraktion im Europäischen Parlament bilden wird. Nach der Wahl, bei der die Lega Nord viele Stimmen verlor sagte Matteo Salvini: „Sie haben gesagt, wir seien tot, aber wir sind immer noch hier und wir werden die vierte Partei in Italien sein.“ Lega Nord wird auch in Zukunft die dunkelsten Ängste der italienischen Bevölkerung schüren.

Mitglieder der GM. Foto via.

Griechenland - Goldene Morgenröte

Stimmen: 9.4 % (+8.6 %)
Mandate: 3 (+3)

Als Nikos Mihaloliakos, Anführer der Goldenen Morgenröte, verhaftet wurde, hatten wir große Hoffnungen, dass sich die Neonazi-Partei auflösen würde. Aber es kam ganz anders: Bei der Europawahl wurde die GM drittstärkte Partei, was besonders erschreckend ist, wenn man bedenkt, dass die Polizei Beweise gefunden hat, die darauf hindeuten, dass es sich bei der Goldenen Morgenröte eher um eine kriminelle Gang handelt, als um eine politische Partei. Noch erschreckender ist, dass die ganzen rassistischen und homophoben Gewalttaten die Wähler nicht abgeschreckt haben. Irgendwie finden es die Griechen cool, Faschisten zu wählen, die sich nicht für Demokratie interessieren, Frauen angreifen und in Kreta halbnackt Spartaner spielen. Es sind nicht die wahnsinnigen Faschisten der Goldenen Morgenröte das unheimlichste an der Sache. Das schlimme ist, dass ganz normale Menschen sie unterstützen.

Jussi Halla-aho

Finnland - Die Finnen

Stimmen: 12.9 % (+3.1 %)
Mandate: 2 (+1)

Perussuomalaiset (Die Finnen) ist die drittgrößte Partei in Finnland. Einer ihrer Parlamentarier, Jussi Halla-aho, ist einer von Finnlands bekanntesten politischen Bloggern. Er sagte solche Dinge wie „Es liegt den Somaliern in den Genen, sich in Bezug auf Steuern wie Parasiten zu verhalten“ und wurde wegen „rassistischer Agitation“ verurteilt. Was hat er getan? Er hat gesagt, dass der Islam die Religion der Pädophilen sei. Auf dem Papier ist die Partei „nationalistisch populistisch“, aber gerade erst im Oktober 2013 mussten sie den Parlamentarier James Hirvisaari rauswerfen, nachdem er und sein Freund Seppo Lehto angeblich den Hitlergruß im Parlament gemacht hatten.