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Ich habe versucht, Geister zu beschwören

Gläserrücken, Dämonen beschwören: Irgendwas muss an dem Ganzen doch dran sein. Immerhin waren die kranken Sachen bei ,X-Factor: Das Unfassbare' ja auch immer wahr!
Ein Ouija-Brett, Gläserrücken zum geister und dämonen beschwören
Foto: jmawork | flickr | cc by 2.0

Ich weiß ja nicht, aber je öfter ich Sätze wie „Ich kann euch nur dringend davon abraten!", „Das kann ganz schön gefährlich werden" und „ Finger weg davon!" in Verbindung mit irgendwelchen übernatürlichen Ritualen lese, desto eher will ich das doch ausprobieren.

Drei mal „Bloody Mary" in den Spiegel sagen und die böse Jungfrau aus dem Jenseits herbeirufen, den mexikanischen Dämon Charlie mit Hilfe von Bleistiften beschwören oder Gläserrücken und damit die Verstorbenen durch unsere eigenen Finger channeln—so wie in Charmed—, das wäre schon super.

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Entgegen aller Erwartungen funktionieren Sprüche aus dem Buch der Schatten in echt nicht so richtig. Eine Ouija-Session, wie sie einst eine damals noch ungläubige Phoebe (versehentlich?) abhielt, ist also der letzte Funken Hoffnung für eine Welt, in der Charmed irgendwie eine Berechtigung hat. Eine Séance in unserem Bürokeller abzuhalten klingt nach der besten Idee seit Langem. Wir rücken also Gläser. Naja, ein Glas. Aber wir sind ja auch keine drei Hexen. Man muss eben mit dem arbeiten, was man hat.

Der einzige Unterschied zwischen Ouija und Gläserrücken ist offenbar das Equipment. Ouija ist dabei die zugegebenermaßen professioneller wirkende Variante mit einem dieser richtigen, gravierten Hexenbretter. Da wir sowas aber leider nicht haben—ganz zu schweigen von einer fancy Planchette—, müssen ein herkömmliches Wasserglas und ein paar Fetzen Papier, auf die ich schnell Buchstaben, Zahlen, sowie „ja" und „nein" gefetzt habe, herhalten.

In meiner Vorstellung kann so eine Session nur zu dritt richtig funktionieren—die Macht von Dreien und so. Aber auch sonst gibt es allerhand Regeln unter Eingeweihten: Die Seelen niemals nach der Zukunft befragen, nicht lachen, Kerzen (eine ungerade Anzahl!), einen Salzkreis streuen, solche Dinge.

Am wichtigsten sei jedoch, den Geist nie zu fragen, wie er gestorben ist oder—was noch schlimmer ist—wie man selbst sterben wird. Das soll eine Regel sein? Das Letzte, worüber ich etwas wissen möchte, ist mein eigener Tod. Ha! Die Geister sollen sich gefälligst zurückhalten mit ihren Spoilern.

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Nachdem ich im Vorfeld bereits die dunklen Weiten des Internets um Ouija-Erfahrungsberichte beschworen hatte, und von plötzlich auftretenden Kratzspuren und Rötungen an den Körpern der Teilnehmer las, fand ich die Idee, es selbst zu versuchen, plötzlich nur noch so semigeil.

Ich wäre gern cooler, und ich weiß eh, dass es nicht real ist (also, eigentlich), aber wenn ich schon die Wahl habe, dann nehme ich doch lieber die Variante, in der ich nicht von Dämonen heimgesucht und getötet werde (also, theoretisch). Und ich rede hier nicht von popeligen Charmed-Dämonen, sondern dem richtig argen Scheiß auf Emily Rose-Level. Nein, danke.

Es ist nur ein Spiel, es ist nur ein Spiel. Versteht mich nicht falsch—mir ist vollkommen klar, dass all diese vermeintlich mysteriösen Phänomene auf eine logische Erklärung zurückzuführen und demnach nicht mehr als doofes Zeug sind. Aber irgendwas muss an dem Ganzen doch dran sein. Immerhin waren die kranken Sachen bei X-Factor ja auch immer wahr! Mein Problem ist nun mal, dass ich all diese Dinge nicht kategorisch für unmöglich halte. Shoot me.

Da sitzen wir also bei Kerzenlicht im zugegebenermaßen nicht gerade freundlich wirkenden Keller, zu dritt, Finger auf dem Glas, und rufen äuß erst fragwürdige Sprechchöre. Welche rätselhaften Kreaturen aus dem Reich der Schatten würden wohl Kontakt mit uns aufnehmen? Unsere toten Omas? Der Büro-Geist, der immer das Licht brennen lässt? Jörg Haider?

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„Ihr im Reich der Toten, könnt ihr uns hören?" Ein bisschen dumm fühle ich mich schon, aber ich will diese Geschichte ernst nehmen. Was dann passiert, verpasst mir eine Gänsehaut: Nichts. Rein gar nichts. Eine halbe Stunde lang. Nichts tut sich.

Dabei hätte theoretisch zumindest ein bisschen Bewegung ins Spiel kommen müssen—wenn auch nicht durch Geister. Rein wissenschaftlich lässt sich Gläserrücken nämlich durch den Carpenter-Effekt erklären—demnach führen Vorstellungen bestimmter Bewegungen zu unterbewussten Ausführungen ebendieser. Muskelzuckungen und so, aber nicht mal die haben wir. Es wäre ja auch cool gewesen, zumindest mit dem eignen Unterbewusstsein zu kommunizieren.

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Wenn man Charlie mittels Bleistift-Kreuz beschwört, funktioniert das zwar, aber das ist halt langweilig. So was hätten Piper, Prue und Phoebe nie gemacht, so was macht eher die Alte aus Long Island Medium. Die Vorstellung von einem Sombrero-tragenden Charlie mit Schnäuzer ist auch nicht gerade gruselig, vielmehr großväterlich. Nein, Charlie klingt eher nach einem umgänglichen Geist.

Insgesamt klingt das Ganze ein bisschen lächerlich, wenn ich es jetzt mit einiger Distanz aufschreibe. Trotzdem glauben wir alle zu einem winzig kleinen Teil an diese Dinge—zumindest möchten wir gern.

Weil der Gedanke an die tote Oma, die rumgeistert und Zeichen gibt, irgendwie süß ist. Vielleicht nicht dann, wenn sie in einer Art Zwischenwelt festsitzt und dir beim Wichsen zusieht, oder so. Dann vielleicht doch lieber die Ghostbusters anrufen. Und genau deshalb trau ich mich auch nicht über Bloody Mary. Weil ich mich schon ein bisschen anscheiß. Also, theoretisch.

Franz auf Twitter: @FranzLicht