Der Klugscheißer-Guide für Hard House

FYI.

This story is over 5 years old.

Feature

Der Klugscheißer-Guide für Hard House

DAS IST DAS REVIVAL, AUF DAS WIR ALLE GEWARTET HABEN.

Wenn es um Hard House geht, habe ich das Gefühl, dass ich seit Jahren auf taube Ohren stoße. Auf meinem Blog, dem weltbekannten Weekly Review of Dance Music, habe ich Hard House (aus den Jahren zwischen 1996 und 2001) neben normalem House, Techno, Minimal House, Minimal Techno, Industrial Techno und Schulterpolster-Techno gepusht, aber irgendwie ist der Mainstream noch immer nicht auf diesen Trend aufgesprungen. Das Hard-House-Revival ist nicht gekommen und ich bin mir nicht sicher, ob es jemals kommen wird. Ich würde mich unglaublich freuen, wenn Anne Savage mal Room 2 im Fabric spielen würde. Warum holt der langhaarige Typ, der im Berghain die Tür macht, Ian M nicht einmal im Monat in den Laden?

Anzeige

Lies dir den Rest des Artikels durch—mal schauen, ob du dann immer noch sagst, dass wir heutzutage nicht auch etwas Spaß verdienen. Die Finanzkrise sitzt allen im Nacken und die gedrückte Stimmung in der europäischen Wirtschaftszone spiegelt sich in den Nachtclubs wieder, die wir besuchen. Von London bis Athen werden wir von arroganten, schmalzlockigen, von sich selbst überzeugten Arschlöchern von unseren Dancefloors vertrieben, denen ihr Aussehen und das Wissen über Erstpressungen wichtiger ist, als eine gute Zeit zu haben.


Auch THUMP: Götter des Gabber


Also los, lasst uns Hard House (aber nur aus den späten 90ern/frühen 00ern) zurückbringen!

DIE FÜNF WICHTIGSTEN MIXE

Global Underground 005: Tokyo von Tony De Vit (1997)

Tony De Vit ist der Frankie Knuckles des Hard House und Global Underground 005: Tokyo ist die Hard-House-Version von Ministry of Sound: Session Six, wenn du also… Moment, nein, doch, das funktioniert, denn wenn Tony De Vit der Frankie Knuckles des Hard House ist, dann muss Ministry of Sound: Sessions Six auch der Global Underground 005: Tokyo des normalen House sein. Das heißt, wenn du es rückwärts aufziehst, ist Global Underground 005: Tokyo noch immer das Ministry of Sound: Sessions Six des Hard House und Tony De Vit ist noch immer der Frankie Knuckles des Hard House.

Tony hat diesen Mix Live im Liquid Room in Tokyo aufgenommen und auch wenn es sich definitiv um einen Hard-House-Mix handelt, so ist es doch nicht die Art von Hard House, die dir als erstes in den Sinn kommt, wenn jemand die Worte „Hard House" in den Mund nimmt. Es ist keiner dieser vorhersehbaren, dämlichen und stumpfen Mixe. Er ist sehr bedacht, er hat Klasse und die beiden CDs werden zusammengehalten von „Turn That Fucking Music Up" von Knuckleheadz—dem Track, von dem ich mir verdammt sicher bin, dass die Chemical Brothers sich daran für ihren Überhit „Hey Boy Hey Girl" bedient haben.

Anzeige

Mixmag Presents Let There Be Hard House von Fergie (2000)

Einer der Tracks darauf, „All Night" von House Negro, klingt, als hätte sich der Wagen vom Eismann zwischen irgendwelche Drum'n'Bass-Bühnen eines Straßenfests verirrt, nur dass es anstelle von Drum'n'Bass Hard House Drums und Hard House Bass gibt und darüber die Musik vom Eiswagen erklingt—auf eine gute Art. In dem Mix findet sich auch ein Snooker-Sample und das böse „The Tradesman" von Equinox. Was ist bitte besser als Snooker und Eis? Also abgesehen von Hard House …

Elements (1 st Testament) von Seb Fontaine und Tony De Vit (1998)

Das Wochenende ist da, der Mann weg, die Mädels auf dem Weg, die Füße hochgelegt, Seb Fontaine auf einer CD, TDV auf der anderen, schönes Glas Wein dazu. Kann das Leben besser sein?

Seb Fontaines Mix ist kein Hard House, es ist ein Zeitkapsel-Trance-Set mit einem nicht wirklich dazu gehörenden Balearic-/Speed-Garage-Remix von „Rapper's Delight" am Ende. Auf der zweiten CD findet sich eine wundervolle Sammlung aus lebensbejahendem Underground-Hard-House, ein paar normalen House-Klassikern, die auf Hard-House-Geschwindigkeit abgespielt werden, und einem Trance-Song, um dich aus dem Konzept zu bringen. Wenn du mir einen DJ-Mix mit einem stärkeren Vier-Song-Finish als „One More" von DJ Ablaze, „In My House" von Brabas & OD1, „Expression" von Steve Blake und „Dancing On A Ceiling (Tony De Vit Remix)" zeigen kannst, fresse ich einen Besen.

Anzeige

Progressive Dance Mix Volume One von DJ Irene (1999)

Ich habe diesen Mix bei meinen Nachforschungen zu diesem Artikel entdeckt. Ich bin bei Discogs darauf gestoßen und musste beim Anblick des Covers so lachen, dass ich es einfach in die Liste packen musste, damit sich auch zukünftige Generationen daran erfreuen können. DJ Irene trägt eine dieser gelben Sonnenbrillen, die die Älteren trugen, als ich Mitte der 90er zur Schule gegangen bin. Sie streckt ihren Arm in Richtung Kamera und lacht. Sie scheint sich richtig zu freuen, einen kommerziellen Mix zu veröffentlichen. Und sie trägt einen gelben Pulli aus der Grabbelkiste.

Es wäre sehr leicht, sich über sie lustig zu machen, aber das will ich nicht. Sie hat nicht nur eine Menge ihres eigenen Materials auf der CD untergebracht und regelmäßige Voice-Overs erinnern uns daran, dass „dies DJ Irene's Party ist", sie hat außerdem noch „Looking Good" von Lisa Lashes, „Big Love" von Pete Heller und einen Track von Armand Van Helden untergebracht. Progressive Dance Mix Volume One von DJ Irene ist wahrscheinlich das mutigste DJ-Projekt, das ich je durch Zufall bei Discogs gefunden habe.

Sundissential Live at the Que Club von Fergie, Andy Farley, Paul Kershaw and Nick Rafferty (2000)

Ich hatte, bis ich 2004 nach London gezogen bin, nichts mit Drogen zu tun. Davor, in den West Midlands, ging ich nüchtern in Clubs und tanzte mir die Füße wund, bis der Laden zu machte—nur angetrieben von Bier, Cola und einer bedingungslosen Liebe für Hard House. Um die Jahrtausendwende war der beste Club für Hard House in Birmingham/auf der ganzen Welt das Sundissential. Und es war hier, umgeben von Männern und Frauen in Chemiker- und Priester-Kostümen, ein paar Wichsern, ein paar heißen Neon-Mädchen, einem Haufen herausgeputzter Schnösel, zwei uralten Rentnern, die sich angezogen hatten wie zwei Charaktere aus dem noch unveröffentlichten Tekken 2, einem ordentlichen Haufen minderjähriger Speed-Veteranen und mindestens fünf Fernsehbildschirmen, auf denen Bilder von Mönchen und Nonnen zu sehen waren, die miteinander rummachten, erwachsenen Männern in Kuhkostümen und trippigen Visuals, wo ich … Verdammt, jetzt habe ich den Faden verloren.

Anzeige

Wie auch immer, während der Aufnahme dieses Mixes war ich auf der Tanzfläche und, obwohl ich mich nicht mehr daran erinnern kann, ob die Musik gut war oder nicht (die Tapes kann ich mir auch nicht mehr anhören, weil ich kein Tapedeck mehr habe), war der Abend einfach verdammt gut. Du solltest dir den Mix schon alleine deswegen anhören (oder behaupten, ihn gehört zu haben), damit du von dir sagen kannst, zumindest irgendeine Ahnung von Hard House zu haben—so essenziell war Sundissential für das Genre. Wenn du gerne ein Exemplar von Sundissential Live at the Que Club hättest, sag mir bescheid und ich kümmere mich darum.

DIE FÜNF WICHTIGSTEN TRACKS

Wenn du keinen Bock hast, dir die Mixe oben komplett anzuhören, dann hör mal bei diesen Tracks rein.

„Looking Good" von Lisa Lashes (Tidy Trax / 1999)

„Looking Good" von Lisa Lashes ist einer meiner Lieblingstracks überhaupt—ganz unabhängig vom Genre. Es ist für jeden Hard-House-Track schwer, mit dieser Power und Finesse mitzuhalten. Die Verwendung des NASA-Mondlandung-O-Tons ist spärlich und die Hoover Stabs bleiben monoton und mürrisch, auch wenn der Track voll davon ist. Der beste Teil ist aber, wenn die Offbeat-Bassline nach dem ersten Vocal-Sample kurz nach dem Anfang einsetzt.

„Are You All Ready?" von Tony De Vit (Jump Wax Records / 1996)