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Käse

Hört auf, Schmelzkäse anzuzünden!

Videos, die uns zeigen sollen, wie böse Schmelzkäse ist, drehen derzeit im Internet ihre Runden. Das Problem ist nur, dass sie rein gar nichts beweisen. Außer, wie wenig wir eigentlich über die Zusammensetzung unserer Lebensmittel wissen.

Seit einer Weile ist ein Video im Umlauf, das die „Unnatürlichkeit" von Schmelzkäse demonstrieren soll, indem eine Scheibe davon direkt über die Flamme eines Feuerzeugs gehalten wird.

Oh Schreck, die Käsescheibe schmilzt nicht! Welchen abartigen Nuklearmüll mixen die bösen Amis in heiße Milch?

Als Zeichen der Solidarität begannen auch andere, Videos des umschmelzbaren Käses zu posten, der einfach nur schwarz wird.

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Es stimmt schon, Schmelzkäse ist nicht gerade das natürliche Zeug, das in einer stinkenden Höhle in den Schweizer Alpen vor sich hin reifte. Wenn du „richtigen" Käse überhaupt als natürlich ansiehst: Es ist die Milch von Wiederkäuern, die meistens mit Hilfe von Enzymen aus Tiermägen und anderen Bakterien hergestellt wird und auch mal mit Milben und Maden vor sich hinreift.

Die entscheidende Zutat von Schmelzkäse ist emulgierendes Salz; entweder ein Vertreter der Gruppe der Phosphate oder Natriumcitrat, das aus Zitronensäure gewonnen wird. Kurz gesagt (vielleicht ein bisschen zu kurz), emulgierende Salze helfen, Fette, Eiweiß und Wasser im Käse zu binden, wodurch er zu einer glatten Substanz verschmilzt, ohne sich dabei in Öl und Milcheiweiß zu trennen. Außerdem helfen Phosphate, den Käse vor Bakterien zu schützen, die Botulismus verursachen können.

Bei industriell verarbeitetem Käse handelt es sich also nicht um irgendeine teuflische Alchemie, er basiert auf einer ziemlich alten Erkenntnis. Wie Harold McGee in seinem Standardwerk On Food and Cooking anmerkt, funktioniert Fondue genau nach dem gleichen Prinzip und macht sich die Wein- und Zitronensäure, die natürlich in Wein und Zitronensaft vorkommen, zunutze, damit die Käsesauce nicht bricht.

Zurück zum brennenden Käse. Wenn emulgierendes Salz den Käse geschmeidiger schmelzen lässt, sollten dann diese einzeln abgepackten Käsescheiben über einer offenen Flamme nicht einfach so dahinschmelzen? Nein, nicht wirklich. Käse—ob weiterverarbeitet oder nicht—sollte bei viel geringeren Temperaturen als die einer offenen Flamme geschmolzen werden.

Lebensmittelwissenschaftler von Kraft ließen sich dazu hinreißen, das Ganze letzten Monat auf YouTube zu erklären. Das war aber scheinbar nicht überzeugend genug für die, die schon Rot sehen, wenn sie nur das Wort „Emulgatoren" hören.

Tja, wenn du deine Finger lieber von den Käsescheiben vom Fließband lassen möchtest, aber trotzdem nicht auf die seidig glatte Konsistenz des Käses auf deinem Cheeseburger verzichten willst, kannst du deinen geliebten Schmelzkäse auch selbst herstellen. Du brauchst nur Natriumcitrat und einen Schuss Milch deiner Wahl.