Hangover-News, 13. März 2017
Foto: imago | Lars Berg

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Die Nachrichten nach dem Kater

Hangover-News, 13. März 2017

Was nach dem viralen Baby-BBC-Video passierte, wie ernst der Terror-Alarm in Essen war, warum keiner was vom NPD-Parteitag mitbekam und warum es in Berlin Tequila regnete.

Zwei Kleinkinder crashen eine TV-Liveschalte, die am Ende dafür sorgt, dass höchstens noch Grumpy Cat berühmter ist als der Politik-Prof Robert E. Kelly. Das Video vom BBC-Interview mit dem Korea-Experten landete seit Freitag so ziemlich in jeder Timeline. Und das ahnte auch Kelly recht schnell "Ist das so eine Sache, die viral geht und dann bizarr wird?", fragte er im Anschluss.

Millionen Klicks später wissen wir: Jap! Genau das!

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Der bereits in der Schalte sichtlich amüsierte Moderator James Menendez gibt bei Twitter zu:

Tom Hanks witzelte:

Ein unprominenter User brachte es schließlich auf den Punkt:

Aber nicht alles am Wochenende war komisch. In Essen gab es eine Terror-Warnung, in Saarbrücken marschierte die NPD auf. Schützenvereine erlauben nun schwule und muslimische Schützenkönige und Berliner Galeriebesucher wandern durch Regenwolken aus Tequila. Aber immerhin, eine fette Portion Hoffnung gibt es nun dank einer neuen Demo-Bewegung. Willkommen bei den Hangover-News.

NPD-Parteitag - und keiner kriegt es mit

Foto: Becker&Bredel

Was wir aus dem berechnenden Populismus der AfD lernen: Es ist nicht das Allerschlechteste, wenn eine rechte Partei wenig Aufmerksamkeit bekommt. So geschehen am Samstag, als die NPD in Saarbrücken zum Bundesparteitag zusammenkam. Es sollte ein neuer Vorsitzender gewählt werden und auch das Verbotsverfahren stand auf dem Programm - das daran gescheitert war, dass die Partei einfach zu unwichtig ist. Die Presse: ausgeladen. Die Konsequenz: Statt über die rechtsradikale Partei berichteten die Medien über Demonstranten und Sitzblockaden vor dem Parteitag. Laut Polizei gingen rund 4.000 Menschen auf die Straße. Was beim Parteitag drinnen rumkam: Die Partei setzte mit der Bestätigung des als gemäßigt geltenden (ob das bei der NPD überhaupt geht?) Frank Franz im Amt des Parteivorsitzenden kein eindeutiges Zeichen für eine noch härtere Gangart. Der Neonazi Thorsten Heise scheiterte als Herausforderer.

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Fun Fact zu dieser traurigen Veranstaltung: Da die Partei das Schloss Saarbrücken am Samstag nur bis 21:00 Uhr gemietet hatte, musste der Parteitag abgebrochen werden – die Wahlen dauerten zu lange. Vorausschauendes Handeln? In der NPD qua Parteiprogramm schon ausgeschlossen.

Geplanter Terror in Essen? Feststeht, dass wenig feststeht

Foto: imago | Revierfoto

Und es geht unerfreulich weiter, nämlich mit der Terrorwarnung in Essen. Am Samstag evakuierte die Polizei ein Shoppingcenter in der Pott-Metropole, den Behörden lagen "konkrete Hinweise auf einen möglichen Anschlag" vor. Nach den mutmaßlichen Hintermännern wird gefahndet, Verdächtige aus Oberhausen sind inzwischen wieder frei. Wie die Bild und die dpa berichten, soll ein deutscher IS-Kämpfer aus Syrien heraus den Auftrag zu dem Angriff per Messenger erteilt haben. Die Bild berichtete, er habe den potenziellen Komplizen Anleitungen zum Bau von Bomben übermittelt. Ein Teil der mutmaßlichen Tätergruppe soll sich in Deutschland befunden haben, ein anderer Teil sollte aus dem Ausland anreisen. Der Drahtzieher soll aus Oberhausen stammen und Mitglied der salafistischen Szene seinWarum er allerdings seine Anweisungen so offen kommunizierte, ist unklar. Gab es überhaupt einen Anschlagsplan? Wollte der Islamist nur Panik verbreiten? Der Innenminister von NRW, Ralf Jäger, sagte, die bisherigen Ermittlungen hätten keine Anzeichen dafür gebracht, "dass mit Umsetzung oder Vorbereitungen konkret begonnen wurde".

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It's raining Suff, Halleluja

Die Klappe aufgerissen haben am Wochenende "Kunstfreunde" in Berlin. In der Urban Spree Galerie gab es was zu holen, konkreter: zu saufen. Eine aufwändige Kunstinstallation simulierte eine Gewitterwolke – so richtig mit Blitzen und Regen. Der Clou: Der Regen war kein normaler Regen, die Wolke regnete Tequila. Kein Scherz.

Mit "Come and see AND DRINK from the first cloud that rains tequila" bewarb die Galerie das Event. Ausgedacht hat sich die Tequila-Cloud übrigens der mexikanische Tourismus-Verband.

Schwule Schützenkönige: ja. Und wo bleiben die Schützenköniginnen?

Auf der Bundesvertreterversammlung des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (wenn das mal nicht "weltoffen" schreit) in Leverkusen wurde am Sonntag beschlossen: Auch Muslime dürfen jetzt Schützenkönige werden. Und Schwule sogar auch. Zuvor erlaubten die Uralt-Regeln des Dachverbandes der Schützenvereine in Deutschland das nicht. Dass die Causa überhaupt zur Debatte stand, ist das Verdienst von Mithat Gedik, Muslim und Ex-Schützenkönig von Sönnern (Westfalen). Als dieser sich vor zweieinhalb Jahren ins Amt schoss, empörte sich der Dachverband: Gedik solle abdanken, seine Mitgliedschaft sei ein unerlaubtes Versehen, schließlich sehe das Statut des Dachverbandes nur Christen als Mitglieder und Schützenkönige vor.

Dies wurde nun auf der Tagung in Leverkusen geändert, auch die Diskriminierung homosexueller Männer wurde aus dem Statut gestrichen. Na dann ist ja alles gut – wollten wir gerade bilanzieren. Und dann schoss uns die Frage nach der Rolle der Frau im Schützenverein durch den Kopf: Meistens schmückendes Beiwerk statt Schützenschwester, längst nicht alle Schützenvereine lassen Frauen in ihren Reihen zu. Schützenköniginnen werden vom Schützenkönig auserwählt, als Thron-Deko. Aber selbst schießen? Fast immer Fehlanzeige.

Europabefürworter machen mobil

Foto: imago | IPON

Und zum Schluss noch einen positiven Rausschmeißer: Ende letzen Jahres hat sich so etwas wie eine Gegenbewegung zu Pegida gegründet. Wobei: "Gegen" ist die falsche Vorsilbe, denn die Demonstranten von "Pulse of Europe" gehen FÜR etwas auf die Straße: für die europäische Idee, für eine Gemeinschaft über Staatsgrenzen hinaus. Im November 2016 rief der Frankfurter Anwalt Daniel Röder zur ersten Kundgebung auf, mittlerweile gehen in über 40 Städten Europaanhänger jeden Sonntag auf die Straße. Jede Woche werden es mehr. Aus "Wir sind das Volk" wird so ein länderübergreifendes "Wir sind ein Volk". Nicht die schlechteste Botschaft, um in die neue Woche zu starten.

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