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die philippinische mamba

Die verrückte Welt des philippinischen Basketballs und ein Teenager namens Kobe

Dieser junge Basketballspieler aus den Philippinen könnte das halten, was sein prestigeträchtiger Name verspricht.

Die seit Ewigkeiten bestehende Verbindung zwischen den Philippinen und Basketball ist eine ganz besondere. Ein Verhältnis geprägt von tiefer Leidenschaft, eigentümlichem Kapitalismus und einer gehörigen Portion Verrücktheit. Und genau die wird in den kommenden Monaten, Jahren und vielleicht noch weit darüber hinaus deutlich an Fahrt aufnehmen—und das alles nur dank Kobe.

Nein, die Rede ist nicht von dem Kobe, sondern von Kobe Paras. Dessen Twitter-Name stellt zwar klar, dass der 17-Jährige im Schatten der legendären Black Mamba (nach der er auch benannt wurde) steht. Doch der zwei Meter große Kobe—den es nach der High School wohl an die UCLA ziehen wird und der aktuell noch auf die Cathedral High in L.A. geht—wirft trotz seines junges Alters selbst schon einen gehörigen Schatten. Und das nicht nur wegen seiner 100.000 Follower auf Instagram. Denn angesichts seines korbhungrigen kulturellen Backgrounds (sein Vater Benjie, mittlerweile ein berühmter philippinischer Schauspieler, zählt zu den 25 besten Spielern in der Geschichte des philippinischen Basketballs) spricht vieles dafür, dass Paras zum kommenden Aushängeschild seines Heimatlandes werden wird—eine jugendlich frische Mischung aus LeBron James, Manny Pacquiao und Jaden Smith.

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Paras' große Spezialität ist das Dunken—und zwar am liebsten dann, wenn sich ihm Hindernisse in den Weg stellen. Er hat sogar schon keinen Geringeren als LeBron James alt aussehen lassen und ist über drei seiner (zugegeben deutlich kleineren) Mitspieler sowie seinen Bruder André hinweggesprungen.

Und damit auch der Letzte einsieht, dass Kobes große Stärke das Dunken ist, ist er auch schon über ein stattliches Motorrad samt Fahrer gesprungen (bei Minute 0:35).

Paras' Talent, der Schwerkraft ein Schnippchen zu schlagen, hat in seiner Heimat für einen regelrechten Mediensturm gesorgt—was auch nur wenig überrascht, schließlich sind die Philippinen ein Land, wo Basketball fast so populär ist wie Reis. Denn für diejenigen, die es noch nicht wussten: Bei den Filipinos gilt die Maxime Rice is life.

Philippine Star—eine Tageszeitung mit einer Druckauflage von mehr als 400.000 Exemplaren und weit über 5 Millionen Online-Lesern pro Monat—berichtet ausführlich über Kobes Abenteuer. Ein kurzer Blick auf die Geschichten, die rund um Kobe gepostet werden, offenbart so ziemlich alles von halbwegs relevanten Informationen (sein Debüt im Staples Center) über triviale Kost (Rip Hamilton mag ihn auch, sagen einfach alle philippinischen Medien) bis hin zu fast schon zwanghafter Berichterstattung (er ist bereit, für seine High-School-Mitspieler eine seiner Spezialitäten zu kochen, aber es ist NICHT Salpicão nach dem Rezept seiner Großmutter). Und das Beste: Ihm liegt sogar der Weltfrieden am Herzen.

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Zu seiner Verteidigung sei aber gesagt, dass Paras anscheinend mehr als nur die philippinische Variante von Harold Miner ist (einen schönen Zusammenschnitt seiner Skills bietet dieses Video. Steve Alford, Trainer der Basketballmannschaft von UCLA, hatte nach nur einem Training von Paras genug gesehen und bot ihm umgehend ein Stipendium an.

Also stehen Paras jetzt alle Türen für die heiligen Hallen des Pauley Pavilion offen, wo er Alley-Oop-Vorlagen von Bryce Alford veredeln würde und so—gleich nach Manny Pacquiao—zum bekanntesten philippinischen Sportler aller Zeiten aufsteigen könnte. Außer natürlich, er pfeift auf die UCLA Bruins und bucht stattdessen lieber ein Oneway-Ticket nach Manila, um sich dort dem ganz normalen philippinischen Basketballwahnsinn hinzugeben.

Schließlich ist die philippinische Liebe für Basketball auch gut dokumentiert. Der Assist dafür geht übrigens an die frühere amerikanische Kolonialmacht, die den Ballsport dort Anfang des 20. Jahrhundert eingeführt hat. Auch wenn die Ursprünge—moralisch gesehen—durchaus holprig waren, hat sich die Sportart durchgesetzt. Heute nennen sich 81% aller in Städten wohnenden Filipinos Basketballfans, die Hälfte von ihnen sogar „leidenschaftliche".

Doch die Philippine Basketball Association (PBA)—übrigens die zweitälteste Basketballliga der Welt (und die einzige, in der Ausländer nicht größer als 1,98m sein dürfen)—ist auch für so einige Absurditäten bekannt. So spielen in der PBA ingesamt 12 Teams, die allesamt Eigentum von großen Unternehmen sind, dementsprechend auch so heißen und hinsichtlich ihrer Anhängerschaft nicht direkt mit bestimmten Städten in Verbindung stehen. Die San Miguel Beermen (kein Witz) sind mit ingesamt 19 Titeln Rekordmeister, während die Purefoods Star Hotshots und die Alaska Aces (das größte Molkereiunternehmen der Philippinen) auf jeweils 13 Titel kommen.

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Du denkst noch immer, die Amerikaner sind Weltmeister in verrückten Sponsorenverträgen? Dann solltest du wohl noch Kia Sorrento auschecken. Denn ja, hinter dem Namen steckt nicht nur ein Auto, sondern tatsächlich auch ein Basketballteam. Und das hat einen gewissen Manny Pacquiao als Head Coach. Und als Point Guard. Und als Kapitän. Im letzten Oktober feierte Pacquiao sein Spielerdebüt, das—so sah es zumindest der Kommentar—mit unfassbaren Highlights gespickt war. Böse (aber nur ganz böse) Zungen behaupten, Pacman sei dann doch besser im Boxsport aufgehoben gewesen.

Aber wohl nichts ist so absurd im philippinischen Basketball wie die unsägliche Tradition von Walk-outs in wichtigen Spielen. Darum geht's: Der Coach ist mit einer Entscheidung gegen sein Team alles andere als einverstanden und veranlasst, dass die gesamte Mannschaft aus Protest das Spielfeld verlässt. So geschehen bei der letztjährigen Finalserie der nationalen Meisterschaft. Laut Reglement haben schmollenden Spieler 15 Minuten Zeit, um sich wieder einzukriegen und zum Spielfeld zurückzukehren. Rain or Shine hat dafür nur 5 Minuten gebraucht. Geholfen hat es dennoch nicht: Die San Miguel Super Coffee Mixers konnten sich am Ende mit 93:87 durchsetzen.

Schon 1990 entschied ein Walk-out das Finale um den Philippine Cup. Auf dem Platz stand damals übrigens ein gewisser Benjie Paras. Was uns wiederum zurück zu seinem Filius und damit in die Gegenwart bringt. Denn will sich Kobe ähnlich traurige Basketballanekdoten ersparen, ist er gut beraten, in Zukunft für die Bruins die Korbstabilität auf die Probe zu stellen.

Und wer weiß, vielleicht ist er ja schon in wenigen Jahren ein gefeierter NBA-Star. Auf jeden Fall drückt ihm eine ganze Nation fleißig die Daumen.