Ein zerstörter Toilettenraum. In den Toilettenräumen von Christian Webner fand wahrscheinlich eine Fetisch-Party statt
So sahen die Toiletten von Christian Wegner nicht aus, zumindest wahrscheinlich. Es ist jedenfalls ein Symbolbild. Zumindest wahrscheinlich | Foto: IMAGO / YAY Images
Menschen

Ein Unternehmer über die Fetisch-Party in seiner Start-up-Toilette

"Wenn bei dir zu Hause einer einbricht, hast du ein Scheißgefühl, selbst wenn er nichts klaut. Das ist auch ein Schock für die Kolleginnen, die da aufs Klo gehen."

Manche Party ist wild. Andere sind zu wild. Und wieder andere können gar nicht wild genug sein. Die Party, die in der Nacht vom 2. auf den 3. Januar in den Räumen des Start-ups von Christian Wegner stattfand, war womöglich eine solche.

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Die Party in Birkenwerder wurde zwar noch nachts von der Polizei aufgelöst. Birkenwerder ist ein beschauliches Kaff irgendwo weit vor den Toren Berlins. Doch Wegner – der Gründer von Wisemarkt, einem Anbieter, an den Menschen Gebrauchtwaren verkaufen, die dieser dann weiterverkauft – erfuhr erst am nächsten Morgen davon. 

Was da genau los war und was er sich von dem Veranstalter der illegalen Party in seinen Räumen gewünscht hätte, erzählt er ein paar Tage später gut gelaunt im Videocall.


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VICE: Anfang der Woche haben fremde Leute in euren Räumen eine Party gefeiert. Was war da los?
Christian Wegner:
Es war Montagmorgen. Zwei Frauen, die bei uns arbeiten, gingen aufs Klo und kamen ziemlich geschockt zurück. 

Was haben sie da vorgefunden?
Die Toiletten sahen aus wie Sau. Es stank wie die Pest. Wir hatten die gerade für knapp 7.000 Euro renoviert, die Elektrik erneuert, neue Klobrillen, neue Lampen angebracht, Handtücher, alles sauber gemacht. Die Handtücher waren weg, die Klobrillen fehlten, und die Lampen waren ersetzt worden durch sanft leuchtende, grün-gelb-blau blinkende Lichter. Und alles war klitschnass.

Eine Schmuddelparty – in Birkenwerder?
Wir haben da eine Logistikfläche angemietet. 1.500 Quadratmeter von einer gigantischen Halle, die insgesamt 10.000 Quadratmeter groß ist. Unter der Halle sind so Katakomben, ein Kellergewölbe, das an einen Berliner Club erinnert. Und da sind auch die Toilettenräume.

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Warum hat es gerade eure Räume getroffen?
Diese riesige Halle steht seit mehreren Jahren leer, und wir sind einfach die ersten Mieter. Ich vermute, dass das nicht die erste Party da unten war. Die Klos waren sicher nicht ohne Grund renovierungsbedürftig. Vielleicht war es jetzt nur das erste Mal, dass es aufgeflogen ist. 

Wie ist es denn aufgeflogen?
Nachbarn hatten nachts Leute auf dem Gelände gesehen, hielten sie für Einbrecher und haben die Polizei gerufen. 

Es waren doch Einbrecher, oder?
Das dachten wir zuerst. Mittlerweile wissen wir aber, wer verantwortlich war. Unser Standortchef ist am Montagmorgen nämlich selbst gucken gegangen, was da los war. Dabei hat er zwei Leute getroffen, die gerade leere Getränkekisten in ein Auto geladen haben. 

Die Einbrecher.
Er hat sie jedenfalls gefragt, was da los sei. Sie haben ihm dann die Nummer von einem Typ gegeben, der angeblich verantwortlich für die Party war. Der ist auch rangegangen und meinte: "Ja, sorry, ich habe da eine kleine Party veranstaltet." Er versprach, am nächsten Tag vorbeizukommen und alles zu klären. 

Hat euch das beruhigt?
Immerhin wussten wir jetzt, wer das war. Und dass wir seine Nummer hatten, hat uns ein besseres Gefühl gegeben. Auch wenn wir noch keine Ahnung hatten, was genau passiert war.

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Wie habt ihr das herausgefunden?
Am nächsten Tag schickte ein Kollege einen Artikel aus der Lokalpresse rum: "Fetischparty in Birkenwerder". Ich habe dann selbst noch mal geguckt und dabei auch andere Artikel gefunden, das hatte richtig die Runde gemacht. Mal war von einer Fetischparty mit 150 Leuten die Rede, mal von einer 200-Leute-Party mit Berliner Studierenden aus 30 Nationen. 

Macht das für dich einen Unterschied?
Ich will beides nicht auf den Toiletten unseres Lagers haben, egal ob da Leute in Lack und Leder rumlaufen, oder ein paar liebe brave Studenten Schach spielen. Wenn bei dir zu Hause einer einbricht, hast du ein Scheißgefühl, selbst wenn er nichts klaut. Das ist auch ein Schock für die Kolleginnen, die da aufs Klo gehen. 

Wirkten die Klos denn, als habe eine Fetisch-Party stattgefunden?
Schwer zu sagen. Es hat vor allem unangenehm gerochen. Der Geruch war eklig, so verschiedenste Sachen gemischt, jede einzelne undefinierbar, weil man sie nicht mehr so wirklich trennen konnte.

Viel Mensch?
Auch viel Mensch. Und der Boden war halt klitschnass. Da hat offensichtlich jemand versucht, mit extrem viel Wasser das Gröbste zu beseitigen.

Kam der Typ dann am nächsten Tag?
Ja. Und er hat alles entschärft. Er und die Partygäste hatten auch nur Zugang zu den Katakomben, nicht zu unserer Lagerfläche. Alle unsere Artikel waren sicher.

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Hat er aufgeklärt, ob Fetisch- oder Studi-Party?
Nein, bisher nicht. 

Wärst du gerne eingeladen worden?
Als ich das in der Zeitung gelesen habe, dachte ich: "Naja, grundsätzlich – wenn man die Pandemie mal außen vor lässt – verstehe ich junge Leute, die gerne Party machen wollen." Zu meiner Zeit, in den 90er und 00er Jahren, wurden in Berlin ja auch Partys gefeiert. Schon der Vorgängerclub vom Berghain war bekannt für viel Nacktheit. 

Das heißt, nächstes Mal muss der Typ dich nur anrufen, und du feierst selbst mit?
Nein, ich gehe normalerweise zwar gerne feiern, aber ich wäre natürlich nicht auf eine Party gegangen, die in den Räumen stattfindet, die ich gerade teuer renoviert habe. Während Corona schon gar nicht. Wobei ich mich noch an Zeiten erinnere, als es cool war, auf Partys Masken zu tragen – aber echte Gasmasken. Und nach Birkenwerder wäre ich dafür wohl auch eher nicht gefahren. 

Ist die Sache für dich jetzt mit der Entschuldigung gegessen?
Unsere Waren waren ja nie in Gefahr, das ist für uns das Wichtigste. Und Partys wird der Typ auch nicht mehr dort veranstalten. Erstens hat er vermutlich genug Ärger mit der Polizei und zweitens wird er aufräumen und den Schaden beseitigen. Wir werden dann ein paar Duftbäume in die Toilettenräume hängen, und in ein paar Wochen ist das vergessen. 

Um auf Roberts Partys zu kommen, müsst ihr nirgendwo einbrechen. Sie sind aber auch lange nicht so wild. Einladungen gibt’s auf Twitter und Instagram, oder auch nicht. Folgt VICE auf Facebook, Instagram, YouTube und Snapchat.