Am Donnerstagabend hat Kanye West sein neues Album in New York vorgestellt. 20.000 Fans, Kumpels und die Jenner-Kardashian-Familie fanden sich im Madison Square Garden ein, um The Life Of Pablo (mutmaßlich finaler Titel) erstmals in voller Länge zu hören. Eingebettet war das Ganze in einer Fashionshow, bei der Ye auch gleich noch seine neue Modekollektion Season 3 vorstellte. Die Kameramänner wurden an diesem Abend vom Streamingdienst Tidal bezahlt, der das eineinhalbstündige Event in eure Bude pumpte. Sofern ihr das wolltet. Ihr hättet aber auch in eines der Kinos rennen können, um euch genau dieselbe Nummer in x-mal größer anzugucken. Wir haben das gemacht. War ganz geil. War aber auch irgendwie verstörend. Und ein bisschen dumm. Dumm aber schlau oder so… Vielleicht war es typisch Kanye West. Ein Live-Not-Live-Ticker vom Morgen danach.
22:15: Geht los. Kino voll, Casper sitzt da auch irgendwo. Culcha Candela sind leider nicht gekommen. Schade irgendwie.
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22:16: Geht doch nicht los. Stattdessen gaffen wir 30 Minuten die Leinwand an. Wir sehen den Madison Square Garden in Nebel gehüllt. Graue Blöcke, graue Tücher. Irgendwas mit Kunst. Gib mal Haribo. Kollege macht Sekt auf. Sekt?
22:30: Geht los. Die Jenner-Kardashian-Gang läuft ein. Alle in weißem Pelz. Finden die gut, alles in weiß und so. Haben sie sich richtig Gedanken gemacht. Die Crowd im Garden applaudiert. Gähn…
22:35: Kanye kommt reingelatscht. Er hat kein Bock auf Weiß. Roter Pulli und Cap. Er hat sein MacBook dabei und stöpselt am Mischpult rum. Vier Minuten lang. Es knackt kurz laut. Der Tonmann, optisch ein Jim Jarmusch-Double, schaut streng zu Kanye rüber. Tonmänner finden sowas richtig scheiße.
22:39: Erster Song. Kein Sound im Kino. Gar nix. Keine Bassrolle reingerollt vorher. Im Madison Square Garden hat man dagegen Bass. Was die da feiern, kommt bei uns an wie eines dieser Musikvideos-Ohne-Sound-Youtube-Dinger. Leute lachen. Leute schreien “Lauter!”
22:35: Die Bühne wird enthüllt. Unter den Tüchern waren Models. Die stehen jetzt auf zwei Blöcken, sehen alle voll gut aus und haben alle Kanyes neue Klamotten an. Die sehen auch voll gut aus. Doch sofort schleicht sich die Ahnung ein, dass man selbst aussehen würde wie der letzte Mettwurstbauer in Yeezys neuen Gummistiefeln.
22:40: Die Kollegin neben mir flüstert mir irgendwas mit ästhetisch, voll schön und Vanessa Beecroft zu, die sich das alles ausgedacht hat. Da ist Pusha T! Er sieht aus wie ein Pirat! Wie ein saucooler Pirat!
23:00: Der Sound im Kino ist jetzt besser. Die neuen Songs sind richtig gut. Richtig! Gut! Kylie oder Kendall oder Kim, ich kann die alle nicht mehr auseinanderhalten, machen Selfies und tanzen.
23:05: Die Models gucken alle aus der Wäsche wie kurz vor der Hinrichtung. Langsam versteht man, worum es hier geht. Flüchtlinge und Unterdrückte, die Diskrepanz zwischen verbriefter Freiheit und tatsächlicher Unfreiheit. Die Sklaven damals, Sklaven heute. Kanye rappt in diesem Moment irgendwas von gebleichten Assholes. Kino lacht. Message fürn Arsch.
23:30 Naomi Campbell ist da! Sieht voll gut aus. Ist die nicht auch schon 50 oder sowas? Kommt Beyoncé noch? Wär geil, wenn Beyoncé auch da wäre. Und Jay-Z. Aber die kommen ja immer eher selten zu Kanyes Parties. Irgendwie verständlich. Aber Wale ist da und freut sich.
23:35: Gleich könnte es dann auch mal vorbei sein. Ist langsam gut. Ah, Kanye nimmt das Mikro. Bedankt sich. Zuerst bei Jay-Z, der doch da ist und schön zurückgenommen auf der Tribüne sitzt. Und bei Adidas, dann erst bei Kim. Findet Kim sicher voll okay. North ist übrigens auch ganz in Weiß. Gähn…
23:40: Kanye hat noch mehr zu sagen. Er redet von Schuhen, seinem Struggle und dann…Dann verkündet er, dass er demnächst ein Videospiel rausbringen will. Only One—The Game soll es heißen und einen Trailer hat er auch schon fertig. Ist „not regular“. Zeigt er auch gleich vor. Zwei Mal. Weil es voll viel Arbeit gekostet hat, das Ding zu bauen. Im Spiel geht es um Kanyes verstorbene Mama, die wir auch direkt sehen, wie sie mit Engelsflügeln auf einem Pegasuspferd in die Sonne reitet. Sein Ernst? Ja.
00:00: Das Videospiel-Ding hat der ganzen Veranstaltung ordentlich reingegrätscht. Jetzt ist irgendwie alles Slapstick. Ist Kanye aber bums. Er hat sogar Spaß dran. Aber trotzdem wäre Direktor werden bei der Über-Modemarke Hermès auch ganz geil, lässt er uns noch wissen.
00:05: Kanye will langsam nach Hause, die Halle feiert weiter. Jeder darf mal sein Handy anschließen, von Young Thug bis Vic Mensa. Wollen wir auch gehen? Ok, ja. War gut? Ja! Ich weiß es nicht! Nein! Immer das gleiche bei diesen Kanye-Dingern! Im anderen Saal kommen die Leute gerade aus Deadpool. Hätten wir nicht den gucken können? Mit Kanyes neuen Tracks dazu?
00:10: Nach Hause. Dusseliger Abend. Fette Platte, dusseliger Abend. Danke, Kanye! Oder sowas ähnliches…
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