Katy Perrys Vorstellung von starken Frauen ist Disney-Prinzessinnen-Scheiß


Katy Perry beim Billboard Mittagstisch der Frauen aus der Musik. (Bild: Billboard).

Diese Woche auf dem alljährlichen vom Musikbranchen-Magazin Billboard organisierten Lunch der Frauen aus der Musik, bekam Katy Perry den begehrten „Frau des Jahres“-Award. In ihrer Dankesrede sprach sie unverblümt darüber, dass sie keine Feministin sei, „aber an die Stärke der Frau“ glaube.

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Ich versuche hier gerade, nicht völlig durchzudrehen.

Frauen wurden als Musikerinnen nicht immer ernst genommen. Seufz! Ich weiß, aber checkt mal das hier: Der legendäre Andrew Loog Oldham hat offen zugegeben, dass er Marianne Faithful ihren Vertrag nicht gegeben hat, weil sie so talentiert war, sondern weil sie „ein Engel mit Titten“ war. Wenn dich das nicht anpisst, versuche mal die gegensätzliche Perspektive. Stell dir vor, eine legendärer Plattenboss würde verkünden, dass er Death Grips signed, weil sie so große Schwänze haben (nebenbei bemerkt: das haben sie wahrscheinlich). Oder wenn Bono seine komplette Karriere lang als Nutte bezeichnet worden wäre.

Das ist alles nichts Neues. Selbst Julie Burchill, eine weibliche Journalistin, wurde einmal so zitiert; „Ich weiß, es ist sexistisch das zu sagen, aber Frauen sind einfach nicht so gut darin, Musik zu machen wie Männer, genau wie sie nicht so gut wie Männer im Football sind.“ Das war 1994.

Solche Aussagen wirken krank und unlogisch, weil sie es sind, selbst wenn du in Betracht ziehst, das sowohl Oldham als auch Burchill Briten sind. Aber das Level an Verrücktheit in Perrys Rede ist exakt genauso hoch. Perry leugnet, eine Feministin zu sein, glaubt aber an starke Frauen. Wo ist da der Unterschied? Und außerdem, was treibt diese Frau an, sich so brutal auf die Seite der nicht-feministischen Medienwelt zu schmeißen? Warum kann sie diese Bekanntmachung nicht einfach verschweigen? In diesem Fall richtet es viel mehr Schaden an zu sagen, was du nicht bist, als einfach gar nichts zu sagen.

Was mich zum nächsten Punkt bringt: Ich möchte wissen, was so verdammt schrecklich daran ist, sich eine Feministin zu nennen. Kann mir das jemand bitte sagen? Ich würde gern Frau Perrys Aufmerksamkeit auf diesen alten VICE-Artikel lenken, den Lesley Arfin und Amy Kellner vor etwa acht Milliarden Jahren geschrieben haben:

„Es macht uns stocksauer, wenn irgend so eine Tulpe sagt, dass sie keine Feministin ist. Wenn es für dich in Ordnung ist, vergewaltigt zu werden und im Leben keine anderen Optionen zu haben, als entweder eine Babymaschine oder eine Prostituierte zu werden, OK, dann bist du wahrscheinlich keine Feministin. Aber wenn du gern von Verhütungspillen Gebrauch machst und es bevorzugst, nicht von deinem Herren—ich meine Ehemann—verdroschen zu werden, dann bist du eigentlich schon eine und kannst gleich damit aufhören, dir die Beine zu rasieren. War nur ein Scherz. Der Feminismus hat irgendwann einen schlechten Ruf bekommen, aber er bedeutet nicht, dass du eine humorlose Jungfer sein musst und keine ironischen Zeitungsbeiträge voller alberner Geschlechterklischees verfassen darfst. Feminismus heißt einfach nur, dass du dich selbst respektieren sollst.

Respektierst du dich selbst, Katy, hmm? Tust du das? Wirklich? Ja … ich meine, bist du sicher?


Katy Perry kämpft für die gute Seite.

Katy Perry ist nicht „Frau des Jahres“ geworden, weil sie irgendwelche Fortschritte für ihr Geschlecht bewirkt hätte, oder weil sie ihre Position in der Populärkultur hinterfragt hätte, oder weil sie die dominanten sozialen Strukturen in ihrem Leben angefochten hätte. Sie wurde zur „Frau des Jahres“, weil sie in allen Punkten das genaue Gegenteil tat. Sie war ruhig, zufrieden und hübsch. Und sie hat für ihre Managern und Bosse Millionen von Dollars in den letzten Jahren verdient. Sie verkörpert die Art von „Frau“, die die Industrie von ihr verlangt—also faktisch das komplette Gegenteil eines gesunden Vorbilds für junge Mädchen.

Das ist alles irgendein Disney-Prinzessinnen-Scheiß, und ich glaube nicht, dass irgendwer mehr oder weniger von ihr verlangt … Und das ist an sich das Schlimmste.

Es ist schon verstörend genug, dass wir auf Frauen fixierte Musikpreise brauchen, damit irgendwelche Idioten Frauen Aufmerksamkeit schenken. Oftmals wirkt das wie die Paralympics der Musik. Wenn wir also in einer Welt leben wollen, die Frauen als „Bürger zweiter Klasse“ wahrnimmt (Kim Gordons Worte, nicht meine), dann werde ich meine Weiblichkeit jedem ins Gesicht klatschen, der gerade guckt. Jeder lässt mich das wissen, warum nicht den Spieß umdrehen?

Am Ende des Tages gibt es wohl einen Grund, warum ich hier bin und Katy dort ist, wo sie ist, auf der Bühne bei einem schicken Bankett in ihrer Spanx-Strumpfhose und ihrem Designerkleid: Sie folgt den Regeln des Berühmtseins. Die Regeln des Berühmtseins sind in erster Linie scheiße, wenn eine weibliche Künstlerin als „Frau des Jahres“ ausgezeichnet wird und sie dem Publikum klarmachen muss, dass sie definitiv keine Feministin ist.

#micdrop

(Anm. des Redakteurs: Als Mish ihren Text veröffentlicht hat, hat Amanda Hess diesen Text für Slate.com geschrieben, wo sie Perrys Denunzierung von Feminismus verteidigt. Hess‘ Argument ging ungefähr so: „Ich lobe Katy Perrys Stellungnahme gegen Feminismus, weil jedes Mal, wenn eine Frau auf Feminismus scheißt, sie als Idiotin des weiblichen Medien-Establishments angesehen wird. Ergo, Katy Perry ist mutig.“ Das ist eines dieser Wenn-du-sie-nicht-schlagen-kannst-Argumente, und es hat weder Hand noch Fuß. Was Hess, und letztendlich Perry, nicht verstehen, ist, dass die Probleme der Frauen komplex sind, und wenn du zu viel Angst hast, sie zu bekämpfen, dann solltest du keine öffentlichen Stellungnahmen bei Preisverleihungen, in einem Blog, oder sonst wo machen.)

Mish ist Teil der Band White Lung, und ihr solltet ihr bei Twitter folgen: @myszkaway

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