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Botswanas Bitcoin-Botschafterin

Wir haben mit der Frau gesprochen, die durch die Kryptowährung persönliche Tragödien und soziale Ungleichheit in ihrer Heimat bekämpfen will.

Alakanani Itireleng, 36, glaubt an Bitcoin: „Ich liebe die Perspektiven und Chancen, die Bitcoin Laien wie mir bietet", erzählt sie mir. Alakania ist die selbsternannte Bitcoin Botschafterin Botswanas, und soweit sie weiß, ist sie die erste Bitcoin-Nutzerin in dem Land im Süden Afrikas mit knapp über zwei Millionen Menschen.

Sie ist nicht gerade der typische Krypto-Fan. ADSL gibt es in ihrem Heimatland erst seit 2006 und bis zum letzten Jahr hatten nur 11,5 Prozent des Landes überhaupt einen Zugang Internet, wie die ITU berichtet. Alakanani hat zwar einen Breitbandzugang zu Hause, wählt sich aber lieber über ihr Handy ein, weil es „praktischer ist. So kann ich es zu jeder Zeit und überall nutzen."

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Eigentlich hatten wir uns schon früher für unser Gespräch verabredet, aber sie hatte Probleme mit der Internetverbindung. „Endlich funktioniert es," sagt sie. „Ich verwende ein Modem. In der Regel funktioniert das ganz gut, nur manchmal hakt es ein bisschen."

In der heutigen Bitcoin-Welt ist sie als Frau immer noch durchaus eine Ausnahme: „Ich glaube, ich bin eine Dame, die außerhalb der Küche denkt," antwortete Alakanani als ich ihr von meiner Erfahrungen eines unangenehmen Männerüberschuss in der Welt der Kryptowährungen erzählte.

Alakanani Enthusiasmus für Bitcoin speist sich aus ihrem Glauben an die Chancen der Selbstermächtigung durch vereinfachte Selbstregulierung. Sie sagte, dass Bitcoin ihr und den Menschen in Botswana ein Gefühl von Kontrolle vermittelt und sie sieht zahlreiche Parallelen zwischen ihren Online-Erfahrungen und der echten Welt. Überall bestehen Risiken, erklärte sie: „Ich musste feststellen, dass man bei anderen Online-Programmen oft betrogen wird," sagte sie. „Du hast nicht die Kontrolle. Du weißt nicht, was die andere Person am Ende wirklich mit ihren Programm vorhat. Das macht es manchmal schwierig."

Reich ist Alakanani durch Bitcoin nicht geworden. Momentan unterrichtet sie Religionsunterricht für Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren. Nebenbei macht sie ihren Master in BWL an der Universität Amity mit einem E-Learning-Programm. „Die technische Seite von Bitcoin habe ich mir selber beigebracht," sagt sie. Anders als einige Early Adopters, die bei der Bitcoin-Achterbahnfahrt in spekulative Höhen dabei waren, spricht Alakanani mit einer Art evangelischem Glauben von Bitcoin als einem System für den Wandel—ähnlich wie „Bitcoin-Jesus" Roger Ver.

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Zunächst veröffentlichte sie eine kurze Ode an Bitcoin auf YouTube. „Das Video hat keine besonders gute Qualität und vielleicht lachen mich die Leute auch nur aus. Ich wollte aber zeigen, wie viel Bitcoin mir bedeutet," sagte sie. „Es hat mein Leben verändert. Aber ich war zu schüchtern mein Gesicht zu zeigen." Sie hat aber auch eine Facebook-Gruppe namens „Bit Crazy" erstellt, in der sie Nachrichten und Unterrichtsmateriallien für Gleichgesinnte „Bitcoin-Botschafter" teilt.

Als ich sie bat noch ein Video zu machen, in welchem man sie dann auch wirklich sehen könnte, stimmte sie dem glücklich zu. Ein weiterer Versuch, das Evangelium zu verbreiten. „Viele sind noch nicht davon überzeugt," sagte sie. „Die sehen meinen Traum als unrealistisch an. Als wäre es nur etwas für Menschen außerhalb Afrikas. Aber ich werde die erste weibliche botswanische Besitzerin von Bitcoins sein und das Leben vieler Menschen verändern."

„Natürlich habe ich ein Bankkonto," sagte sie. „Ich glaube, aber mit Bitcoin ist es etwas anderes. Bitcoins können das Leben vieler Menschen verändern, denn die Regierung ist nicht dafür zuständig zu bestimmen, wie viele Bitcoins jemand machen kann. Die Aussichten, die Kryptowährungen mit sich bringen, transformiert die Art unserer Online-Erledigungen."

„Eine Bank kann nachfragen, warum ich einen bestimmten Betrag auf meinem Konto habe. Es gibt eine ganze Bürokratie, die dahinter steckt," fuhr sie fort. „Mit Bitcoin liegt die Kontrolle bei mir. Ich muss zwar noch lernen, wie das mit dem ‚Mining' funktioniert, aber von der Idee bin ich vollkommen überzeugt." Als ich ihr ein kleines Kompliment bezüglich ihrer Affinität und ihres Interesses für neue Technologien mache, schiebt sie ihr Engagement vor allem auf eine persönliche Tragödien. Für Alakanani ist das Internet zu einem Symbol der Hoffnung geworden—und zwar bedauerlicherweise auch im ganz wortwörtlichen Sinne einer verzweifelt gesuchten Chance für ein besseres Leben.

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„Ich war schon immer jemand, der von der Idee fasziniert war, sich ein Online-Leben zu kreieren," sagte sie. „Aber so richtig habe ich damit erst angefangen, als ich Geld brauchte, weil mein Sohn Probleme mit dem Herzen hatte." Fortschrittliche medizinische Versorgung ist zwar in Alakananis Heimat Gaborone, der Hauptstadt und größten Stadt Botswanas, vorhanden, doch die durchschnittlichen Einwohner können sich die meisten Behandlungen schlicht nicht leisten.

In den lokalen Kliniken fehlte es aber auch an der spezifischen Ausstattung, um ihren Sohn zu therapieren, weshalb sie im Internet nach medizinischen Informationen und Möglichkeiten suchte, wie man an Geld kommen kann, um ihren ältesten Sohn zu retten.

Pako Junior

„Als unser Sohn krank war, machte das auch uns zu finanziellen Krüppeln," sagte sie. „Das Krankenhaus in Gaborone ist nicht gut genug und wir waren auf unseren Nachbarn Südafrika angewiesen, aber der Zustand meines Sohnes machte alles äußerst kompliziert. In manchen Kliniken, in die wir mit unserem Sohn fuhren, wussten sie nicht einmal, was das Noonan Syndrom und Hypertrophe Kardiomyopathie sind, bis ich es ihnen erklärt hatte."

„Ich habe alles getan, was in meiner Macht stand, aber am Ende habe ich nichts erreicht," sagte sie mir. Pako Junio verstarb im vergangenen Jahr. Er war erst vier Jahre alt. Er hinterlässt seinen jüngeren Bruder, Bakang Kgosi, der vor kurzem zwei wurde, und Alakanani Ehemann, Anderson, von dem seine Frau lachend zugibt, dass er eine „Technik-Phobie" hat.

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Damit ist er nicht allein, sagte Alakanani. „Länder wie die USA sind immer bereit für Veränderungen und auch für die Risiken, die diese Veränderungen mit sich bringen, aber hier in Botswana sind die Menschen viel zu zurückhaltend und ängstlich," sagte sie.

„Ein Mann, mit dem ich sprach, erzählte mir, dass er Bitcoin verfolgt, aber er ‚diesen Technik-Typen' nicht vertraue." Alakanani setzt ihre Hoffnung in andere Entwicklungsländern und zeigt ein beeindruckendes Wissen über die rasante, internationale Bitcoin-Expansion, über die sich sich täglich mit Online-Nachrichten zu Kryptowährungen informiert. „Länder wie Indien zum Beispiel haben Bitcoin bereits willkommen geheißen, auch wenn sie scheinbar, die ein oder andere Herausforderung bezwingen mussten. Und ich habe auch gelesen, dass es in China bereits Bitcoin-Millionäre gibt, auch wenn das Land einst die Anwendung verboten hat."

Das wichtigste ist ihr aber, dass das Bitcoin-Fieber auch Afrika erreicht und sich mit dem allgemeinen Technologieoptimismus, wie er zum Beispiel in Kenia vorherrscht, verbindet. „Dort werden Bitcoins von M-Pesa durch ihr Kipoch Wallet akzeptiert," sagte sie. Südafrika, unser Nachbarland, steht total auf Bitcoin, und ich selbst habe einige ihrer Facebook-Seiten abonniert, nur um davon zu lernen."

Auf ihrer Mission mehr Bewusstsein für die Kryptowährung zu schaffen, ist Alakanani Bildung selbstverständlich besonders wichtig. Aber—wie das nun mal so ist bei den Early Adopters, Evangelisten und Bitcoin-Spekulanten—spielt auch das Geld keine unerhebliche Rolle. „Ich habe es mit Affiliate-Marketing versucht, und bin einer Menge Programme beigetreten, die versprachen mir beim Geld verdienen zu helfen, aber das hat nie funktioniert," sagt sie. „Der einzige Ort, wo ich es geschafft habe, Kasse zu machen, war beim F5M Millionaires Club."

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Als sie mir das erzählte, warf ich natürlich gleich mal einen Blick auf die F5M-Website und wie erwartet, erschien das ganze etwas fragwürdig mit dem Versprechen, dass „jeder sein eigenes Home Internet Business" gründen könnte: Mit „null Erfahrung" kannst du „SOFORT Geld verdienen".

Schließlich brachten sie all dies Vorerfahrungen zu Bitcoin, wo sie bisher aber auch ausgesprochen gemischte Erlebnisse hatte. „Es war ein langer, steiniger Weg," sagte sie. „Als ich mit Bitcoin anfing, trat ich einer Seite bei, wo ich Mitglieder werben musste, um 0.01 Bitcoins zu verdienen. Der Auszahlungsbetrag ist ein Bitcoin, also arbeitete ich hart und sammelte 1,34 Bitcoins. Als ich aber versuchte, mir das Geld auszahlen zu lassen, funktionierte das nicht, weil ich erst eine Umfrage ausfüllen musste, die aber in meinem Land nicht verfügbar war."

„Momentan besuche ich Webseiten wie FreeBitco.in, BitVisitor.com und all die Orte, wo ein Website-Aufruf genügt, um Bitcoins und Satoshi und so zu verdienen," fuhr sie fort „Ich bin weit von einem Bitcoin entfernt. Das Beste, was ich bisher habe, sind 0.00019121BTC. Und auch hier weiß ich nicht, ob ich an das Geld kommen werde, wenn ich mein gewünschtes Level erreicht habe."

Von diesen Unsicherheiten lässt sie sich aber nicht aufhalten. „Ich gebe nicht auf," sagt Alakanani. „Ich habe einen Traum und ich glaube, dass ich es schaffen werde. Ich werde diesen Traum eines Tages erreichen und ich möchte meine Landsleute überzeugen, die im Moment so skeptisch sind, nachdem sie von einem Schneeballsystem nach dem anderen reingelegt wurden. Es ist schwer ihnen klar zu machen, worum es bei Bitcoin geht, vor allem weil ich nichts in der Hand habe, um sie zu überzeugen. Aber eines Tages werde ich sie überzeugen, dass Bitcoins existieren und eine echte Chance sind."

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Ich erzähle ihr, dass ihre Betrugserfahrungen mich an eine Art umgekehrten nigerianischen Internet-Betrug erinnern—eine Gefahr, der sie sich sehr wohl bewusst ist: „Ich glaube, dass einige dieser Seiten, so wie die von der ich rede, einfach die naive Begeisterung der Menschen und den Hype darum auszunutzen, indem sie viel Traffic erzeugen und dann nichts liefern" räumte sie ein.

Botswanas Wirtschaft ist maßgeblich um den Bergbau herum aufgebaut. Die Orpapa Mine ist die größte der Welt und produzierte 2013 Diamanten im Wert von 1,6 Millionen Euro.

Seit das Land 1966 die Unabhängigkeit von Großbritannien erreichte, als das BIP pro Kopf 50 Euro betrug, entwickelte es sich von einem der ärmsten Gesellschaften Afrikas hin zu einem Lebensstandard, der mit Mexiko oder der Türkei vergleichbar ist. Botswana zählt heute zu den Ländern Afrikas mit der höchsten wirtschaftlichen Freiheit, welches von solider Haushaltspolitik und einem wettbewerbsfähigen Bankensystem unterstützt wird.

Aber „wettbewerbsfähig" ist ein dehnbarer Begriff und, ähnlich wie im Gesundheitswesen, herrscht Ungleichheit. Das Land hat einen Gini-Koeffizienten von 63, was es laut den vorliegenden CIA-Daten zur Gesellschaft mit weltweit dritthöchsten sozialen Ungleichheit macht, direkt hinter Südafrika und Lesotho. Die individuelle Erfahrung des ökonomischen Fortschritts kann also durchaus variieren. Und strengere wirtschaftliche Vorschriften können ein Indikator für die Weiterentwicklung Botswanas sein, aber genauso die Sorgen des kleinen Mannes verstärken und eine Gelegenheit für den Missbrauch durch lokale Beamte bieten.

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"Es ist schwer den Menschen klar zu machen, worum es bei Bitcoin geht, vor allem weil ich nichts in der Hand habe, um sie zu überzeugen. Aber eines Tages werde ich beweisen, dass Bitcoins existieren und eine echte Chance darstellen."

„Ich habe mich einmal für ein Darlehen beworben und hatte ein paar tausend Pulas auf meinem Konto. Doch bevor sie mir etwas gutschreiben können, musste ich die Quelle meines Geldes angeben." sagte sie. „Das Geld auf meinem Konto fühlt sich nicht an, als sei es meines, sondern gehörte ihnen."

„Du weißt ja, wie das mit Banken ist. Was soll man da noch sagen," fuhr sie fort. „Wir müssen unser Geld aber zur Bank bringen, weil es zu Hause nicht sicher ist. Ständig hören wir Geschichten von Menschen, wie Geld von ihren Konten geheimnisvoll verschwindet und es dauert ewig, bis sie das Geld zurück bekommen." Für Alakanani sind Bitcoins und Krytpo-Währungen die offensichtliche Lösung.

„Bei Bitcoin wird es meins sein," sagte sie, auch wenn ihr die inhärenten Sicherheitsbedenken des Modells durchaus bekannt sind. „Nachdem was ich gelesen habe, gibt es bei Bitcoin kaum Schwund. Außer diesem einen Typen, der Bitcoins im Wert von Millionen geklaut haben soll. Das einzige Problem, dass man bei Bitcoin vielleicht hat, wäre das Hacken. Aber ich glaube, je mehr Menschen und Länder mitmachen, desto mehr wird auf Sicherheit geachtet. Für mich ist Bitcoin einfach genial."

„Ehrlich gesagt scheint es für die Menschen schwer zu sein, die Idee von Bitcoin anzunehmen. Aber ich bin eine Träumerin", sagte sie. „Ich will nicht aufgeben. Wenn ich nur danach gehen würde, wir oft ich schon betrogen wurde, im wahren Leben und online, dann könnte ich doch gar keine Bitcoins besitzen."

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„Aber für mich schlummert hier ein großes Potential." sagte sie und zeigt einmal mehr, dass sie auf dem neuesten Stand der Kryptoszene ist. „Eine Menge Münzen werden entstehen. Ich habe gelesen, dass es schon eine Coinye West gibt. Wir leben in einer Welt von Gadgets und Technik. In die Richtung wird die Welt gehen. Ich bete dafür, dass ich mitmachen kann."

Das macht aus Alakanani etwas, was man vielleicht eine Technik-Utopistin nennen würde, die Mühe hat, ihre Begeisterung für das zu verstecken, was sie als grenzenloses Potential der Technologie empfindet. Kaum verhüllt schlummert hier der Traum vom Tellerwäscher zum Millionär. Bitcoin bedeutet also Hoffnung.

„Ich finde, wir sollten keine Angst vor Bitcoin haben," sagte sie. „Stell dir mal vor, dass mein Land mit seiner hohen Arbeitslosigkeit hat, durch dieses Phänomen Millionäre schaffen könnte. Das bedeutet, dass diese Menschen Industrien aufbauen können und Arbeitsplätze schaffen werden."

Noch ist Alakanani zufrieden damit, einfach nur das Evangelium zu verbreiten, von den Erfahrungen der Nachbarländer zu lernen und für staatliche zu werben. Sie hofft auf die Entwicklung von dringend benötigter Infrastruktur, sowie Einrichtungen, um Bitcoins in Pulas zu konvertieren, und Unternehmen, wo die Menschen ihre neues digitales Bargeld ausgeben können.

„Ich habe auch schon mit ein paar Freunden gesprochen und die sind bereit, es auszuprobieren," sagte sie. „Ich will mit einem der führenden Mitglieder in meiner Gegend reden, um mir ihre Meinung anhören und vielleicht ein paar Ökonomen aufsuchen."

„Wenn ich ein paar Kryptomünzen habe, wird das erste sein, was ich tue, mich mit unserem Nachbarn Südafrika zu verbinden, wo es Orte gibt, wo man Bitcoins nutzen kann. So kann ich dann von denen lernen, wie sie es schafften, dass Bitcoin in ihrem Land akzeptiert und genutzt wurde," fuhr sie fort. „Wir werden Seiten wie Mt. Gox brauchen, um sie in Dollar und Pulas zu konvertieren. Unternehmen wie PayPal könnten auch nützlich sein."

Vor allem aber verspricht sie, dass sie selbst mit gutem Beispiel vorangehen wird.

„Wenn die Menschen sehen, dass sich in deinem Leben etwas verändert hat, werden sie nachfragen, wie du das angestellt hast," sagte sie. „Und wenn ich dann Bitcoin sage, werden sie natürlich mehr wissen wollen. Manche Menschen glauben halt nur, was sie gesehen haben."

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