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Die Nachrichten nach dem Kater

Hangover-News, 16.01.2017

Ein CDU-Politiker sieht das Ende des Kükenschredderns, ein Mann läuft mit Pistole und "Nazi-Uniform" durch Nürnberg und eine AfD-Seite instrumentalisiert Sophie Scholl.

"Ich hätte nie von Scotch auf Martini umsteigen sollen", soll der Legende nach Humphrey Bogarts letzter Satz gewesen sein, der Samstag vor 60 Jahren verstorben ist. Wir wissen nicht, was die letzten Worte waren, die Verschwörungstheoretiker und Journalist Udo Ulfkotte wählte. Ulfkotte erlag am Freitag im Alter von 56 Jahren einem Herzinfarkt. Seine letzten Tweets, die er einen Tag vor seinem Tod absendete, beschäftigten sich mit seinem Lieblingsthema: Ausländern, die angeblich Frauen belästigen und andere Verbrechen begehen.

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Früher noch für die FAZ tätig, war Ulfkotte in der jüngeren Vergangenheit vor allem für rechtspopulistische, islam- und ausländerfeindliche Veröffentlichungen bekannt geworden. Anfang 2015 sprach er bei Pegida in Dresden und auch die AfD lud ihn des Öfteren für Reden ein.

Neben dem Tod eines Rechtspopulisten und dem Jahrestag des "größten männlichen, amerikanischen Filmstars aller Zeiten" passierte am Wochenende noch mehr: Erika Steinbach dreht der CDU den Rücken zu, Facebook geht stärker gegen Fake-News vor, ein CDU-Politiker sieht das Ende des Kükenschredderns, ein Mann läuft mit Pistole und "Nazi-Uniform" durch Nürnberg und die AfD vergeht sich an Sophie Scholl—willkommen bei den Hangover-News.

Könnte 2017 das Kükenschreddern vorbei sein?

Bislang werden in Deutschland pro Jahr fast 50 Millionen männliche Küken direkt nach dem Schlüpfen vergast oder geschreddert. Für die Geflügelindustrie sind sie wenig lukrativ: Weder legen sie Eier, noch setzen sie schnell ausreichend Fleisch an. Doch dieser ethisch extrem fragwürdige Tötungsprozess soll laut Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt von der CSU schon in diesem Jahr gestoppt werden, da er ein neues Alternativverfahren als marktreif ansieht. Mittels Lasertechnologie soll schon vor dem Schlüpfen das Geschlecht der Embryonen festgestellt werden können: Eier mit männlichen Embryonen sollen damit von der Industrie direkt weiterverarbeitet werden können, während weibliche Embryonen wie gehabt ausgebrütet werden. Motherboard berichtete schon 2015 über diese Technologie. Damals war noch geplant, dass die Bundesregierung 2016 ein Ende des Kükensterbens umsetzt.

Und auch Grünen-Agrarexperte Friedrich Ostendorff sieht in der Ankündigung des CSU-Politikers, der sich das Jahr 2017 als Deadline gesetzt hat, erneut nur leere Versprechungen. Weder sei der Stopp des Kükenschredderns schon in diesem Jahr erreichbar, noch sieht Ostendorff das nötige politische Handeln für den Umstieg auf eine derartige Technologie. Eine Recherche der ZEIT hat zudem ergeben, dass das Verfahren erst 2019 flächendeckend eingesetzt werden könnte.

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"Putin von Berghain-Bouncern abgelehnt und Flüchtlinge zünden Kirche an" – Fake-News auf Facebook zu melden wird einfacher

So soll das neue Interface zur Bekämpfung von Fake-News in der mobilen Version künftig aussehen Illustration: Facebook

Ab heute soll es laut Facebook im sozialen Netzwerk anders ablaufen als zuvor: Nach Tests in den USA führt das Unternehmen auch in Deutschland ein neues System ein, um das Problem der Fake-News effizienter in den Griff zu bekommen und gefälschte Beiträge eher als solche zu identifizieren. So ist es jetzt durch einen simplen Klick auf die obere rechte Ecke eines Beitrags möglich, eine Mitteilung als Fake zu melden. Facebook arbeitet ab sofort auch mit den externen Faktenprüfern des Journalisten-Büros Correctiv zusammen, um schneller als bisher gemeldete Beiträge überprüfen zu können. In Zukunft erscheint ein Warnhinweis neben einem als unglaubwürdig eingestuften Beitrag, der diesen sofort entlarvt. Der Facebook-Algorithmus bewertet den Beitrag automatisch als weniger relevant und setzt ihn weiter nach unten in den Feeds der Nutzer—wer einen solchen Post dennoch teilen möchte, muss seine Entscheidung ein weiteres Mal bestätigen.

Erika Steinbach verlässt die CDU und lobt die AfD

Sie kann nur laut: Erika Steinbach, die Twitter-Furie der CDU und ehemalige Chefin des Bundes der Vertriebenen, tritt nach vier Jahrzehnten Mitgliedschaft aus ihrer Partei aus. Immer wieder stellte sie sich gegen Kanzlerin Merkel und deren Flüchtlingspolitik und sorgte vor allem via Twitter auch für den ein oder anderen Shitstorm. So stellte sie den Nationalsozialismus als linke Ideologie dar oder instrumentalisierte Zitate von Helmut Schmidt, um gegen Geflüchtete zu hetzen:

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In einem Interview mit der Welt am Sonntag sagte sie jetzt: "Würde ich aktuell CDU wählen? Nein. Würde ich heutzutage gar in die CDU eintreten? Nein. Daraus kann ich nur die ehrliche Schlussfolgerung ziehen, die CDU zu verlassen." Doch zu früh gefreut, wer denkt, dass sich Steinbach nun gänzlich aus der Politik zurückzieht: Ihr Bundestagsmandat möchte sie bis zur Bundestagswahl im Herbst behalten. Und für die AfD hat Steinbach freundliche Worte: "[…] ich hoffe, dass die AfD in den Bundestag einzieht, damit es dort endlich wieder eine Opposition gibt. Nur so bleibt die Demokratie lebendig."

Sie können es nicht lassen – AfD-Facebook-Seite instrumentalisiert schon wieder Sophie Scholl

Und jährlich grüßt die AfD mit einem Sophie-Scholl-Zitat—jedoch lernt sie anders als Bill Murray in Und täglich grüßt das Murmeltier nicht aus ihren Fehlern. Die Facebook-Seite "AfD Nürnberg-Süd/Schwabach" warb an diesem Wochenende mit einem Satz von Sophie Scholl für den Kampf gegen "die Herrscherclique". Ob damit die Bundesregierung, die Lügenpresse oder die komplette deutsche Bourgeoisie gemeint ist, sei dahingestellt.

Hans und Sophie Scholl stellten ihr komplettes Leben zum Kampf gegen die Nazi-Herrschaft. Als Mitglieder der Widerstandsgruppe Weiße Rose verteilten sie Flugblätter und wurden nicht müde, engagiert gegen die Verbrechen des NS-Regimes anzugehen—1943 wurden beide vom Regime hingerichtet.

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Auf der Facebook-Seite "AfD Nürnberg" distanziert sich die AfD hingegen von der Seite und vom Post:

"Aus gegebenem Anlass möchten wir ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir als AfD Nürnberg-Schwabach mit der Facebookseite einer 'AfD Nürnberg-Süd/Schwabach' nichts zu tun haben. Wir haben keinen Einfluss auf Veröffentlichungen dieser Seite."

Die AfD werde prüfen, ob sie rechtlich gegen diese Seite vorgehen kann. Außerdem halte man den Post für geschmacklos. Das Problem bei der Sache ist jedoch, dass die seit Montagmorgen gelöschte Facebook-Seite "AfD Nürnberg-Süd/Schwabach" auf der Website der AfD Bayern verlinkt ist.

Und so richtig überraschend war der Sophie-Scholl-Post allerdings nicht, denn schon 2015 und 2016 nutzte die Partei Fotos und Zitate der Geschwister Scholl für ihre Zwecke.

Außerdem zeigte bereits Beatrix von Storch 2016 ihr merkwürdiges Faible für die Scholls:

Ob der Post nun ein Fall für Facebooks neue Fake-News-Strategie ist oder doch nur wieder ein Mausrutscher ist, wird sich zeigen.

Betrunkener Nürnberger spaziert mit Pistole und Nazi-Uniform durch die Stadt

Eine Luger 08, die der Betrunkene bei sich trug | Foto: Wikimedia | Rama | CC BY-SA 2.0

Das hat Nürnberg lange nicht mehr gesehen: Am frühen Sonntagmorgen ging bei der Polizei ein Hinweis ein, dass sich ein in einer "Nazi-Uniform" mit deutlich erkennbarem Hakenkreuz gekleideter Mann in der Innenstadt aufhalte. Nach ersten Fahndungsmaßnahmen konnte der Unbekannte jedoch nicht lokalisiert werden, eine Streife entdeckte ihn nach einiger Zeit dann doch vor einem Nürnberger Club. Bei der anschließenden Durchsuchung des 27-Jährigen konnten ein Aufnäher mit Reichsadler und Hakenkreuz sowie eine Schusswaffe sichergestellt werden. Warum sich der junge Mann derart in braune Schale geworfen hat, der im übrigen auch zwei Promille intus hatte, ist bislang ungeklärt. Die Waffe stellte sich als unbrauchbar gemachtes Sammlerstück heraus.

Anstatt sich mit dem Zug zu besuchen, fliegen zwei Britinnen nach Malaga – weil es günstiger ist

Heute ab 50€ zu haben: ein Flug von Birmingham nach Malaga | Screenshot: Google Maps

Wir leben in Zeiten, in denen man für zehn Euro in andere Länder fliegen kann, während eine Bahnfahrt über kurze Wege schnell das Zehnfache kosten kann. Diesen Umstand machten sich zwei britische Freundinnen am vergangenen Wochenende zu Nutze, die 240 Kilometer entfernt voneinander in Birmingham und Newcastle leben. Da die Hin- und Rückfahrt mit der Bahn dort umgerechnet 120 Euro kostet, ein Hin- und Rückflug in das tropischere Malaga allerdings für 22 Euro von Newcastle und für etwa 63 Euro von Birmingham aus zu haben war, entschieden sie sich, 2.000 Kilometer Luftlinie zu überbrücken, um Geld zu sparen. Schöner Nebeneffekt für die beiden waren neben angenehmeren Temperaturen von 20 Grad und günstigen Hostelpreisen die Ersparnisse für Kost und Logis: Essen zu gehen und die Öffentlichen zu benutzen, ist in Spanien deutlich günstiger als in England—dem schlechten ökologischen Fußabdruck zum Trotz verbrachten beide so ein entspanntes Wochenende am Mittelmeer.

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