FYI.

This story is over 5 years old.

nba

Dennis Schröder und das verdammte dritte Jahr

Auch nach drei Jahren ist Dennis Schröder nur Backup-Point-Guard bei den Hawks. Sein Talent ist unbestritten, aber warum bleibt der Durchbruch aus?
Photo by Reinhold Matay-USA TODAY Sports

Die Atlanta Hawks wussten, dass Dennis Schröder ein langfristiges Projekt darstellen würde, als sie ihn 2013 als 17. Gesamt-Pick verpflichteten. Drei Jahre später ist er für die Hawks noch immer ein in Bau befindliches Projekt. Und zwar ein zunehmend unzufriedenes. Schröder, für sein Alter ein anständiger Backup-Point-Guard, hat nämlich im Oktober der Bild gesteckt, dass er sich schon bald nach einem neuen Verein umschauen könnte, wenn er diese Saison nicht zum Starter aufsteigen sollte. Um die Jahreswende musste er sogar zwei Partien—obwohl fit—komplett von außen zuschauen. Trotzdem legt der Braunschweiger ein Selbstvertrauen an den Tag, das sich nicht wirklich mit seiner aktuellen Form verträgt.

Anzeige

Wenn Schröder aktuell auf—oder wenigstens nahe am—Allstar-Niveau spielen würde, würde er Cheftrainer Mike Budenholzer dazu zwingen, sich zwischen ihm und dem letztjährigen All-Star Jeff Teague zu entscheiden. Das würde man dann wohl als Luxusproblem bezeichnen. Beide Verträge laufen erst mit Abschluss der Saison 2016/17 aus, was den Hawks genügend Überlegungszeit verschafft, ob sie einen oder beide traden möchten.

Auf Twitter werden dir die Hawks mitteilen, dass Schröder ihr Point-Guard der Zukunft ist, was man angesichts seiner Grundwaffen erstmal schwer widerlegen kann. Schröder ist pfeilschnell, hat eine beeindruckende Reichweite und ein gutes Gespür für die Point-Guard-Position. Die wichtigen und richtigen Komponenten sind also da, aber weiß er sie auch einzusetzen?

Lasst uns mit seiner Schnelligkeit beginnen, die für alles, was er in der Offense tut, maßgeblich ist. Mehr als 57 Prozent seiner Offensivspielzüge enden laut NBA.com mit einem Pick-and-roll. Er ist gut darin, den Ball haargenau an die Big Men seines Teams zu verteilen, doch auch selbst zu treffen, ist nicht wirklich seine Stärke. Schröder kommt zwar gut an Gegenspielern vorbei, die ihn zu eng verteidigen, doch ansonsten ist er nicht gerade ein gefürchteter Finisher. Die Tatsache, dass er unter 80 Kilo wiegt, hilft da auch nicht wirklich. Laut „Basketball-Reference" trifft er nur 48,9 Prozent seiner Würfe unter dem Korb. Dabei vermeidet er außerdem den Kontakt, sprich er zieht nur wenig Fouls.

Anzeige

Wenn du einen Fan ein Plakat hochhalten siehst, der dich als Starter fordert. Foto: Jason Getz/USA TODAY Sports

Wenn Schröder überhaupt so weit kommt. Er kann zwar gut mit dem Ball umgehen, hat aber nicht die Tricks eines Chris Paul oder Isaiah Thomas drauf, um die Verteidigung auszuhebeln. Sein Floater ist auch noch eine Baustelle, während seine Quote bei Pullup-Sprungwürfen aus drei Metern und mehr bei gerade mal 36,4 Prozent liegt.

Trotz aller Kritik: Schröder ist in seinem Angriffsspiel geduldiger geworden. Wenn er das Gefühl hat, dass die gegnerische Defense seine Big Men gut zugestellt hat und gleichzeitig auf einen Drive von ihm spekuliert, bricht er den Angriff immer häufiger ab. Mit anderen Worten: Er erzwingt weniger und hat als logische Konsequenz weniger Turnovers. Zwar lassen seine Pässe quer übers Feld (oder wenn er gedoppelt wird) noch vieles zu wünschen übrig. Doch sein Überblick und viele seiner Entscheidungen sind für einen 22-Jährigen dennoch beeindruckend. In 36 Minuten kommt er im Durchschnitt auf 7,8 Assists. Passen war aber noch nie sein Problem.

Werfen hingegen schon eher, und genau hier liegt auch das größte Fragezeichen hinter Dennis Schröder. Seine Dreierquote liegt bei 33,1 Prozent, was für Point-Guards nicht gerade überragend ist und sich im Vergleich zum letzten Jahr auch noch verschlechtert hat (35,1 Prozent). Darum zeigen sich die gegnerischen Defenses auch alles andere als eingeschüchtert, wenn Schröder zum Dreipunktewurf ansetzt.

Auch in dieser Szene deckt keiner den potentiellen Dreierschützen Schröder.

Anzeige

Aber die Offense ist ja nur die eine Hälfte des Spiels, und auf der anderen Seite des Courts brilliert Schröder. Wenn Schröder im Spiel ist, lassen die Hawks pro 100 Ballbesitze 7,1 Punkte weniger zu. Er ist zwar nicht der Art Spieler, der seinen Gegenüber komplett ausschalten kann, so wie etwa ein Patrick Beverley von den Rockets. Doch sein Verständnis des Hawks-Systems ist beinahe perfekt. Er ist die meiste Zeit über einfach zur richtigen Zeit am richtigen Platz und nutzt dabei seine Länge und seine Schnelligkeit, um ballführenden Gegenspielern den letzten Nerv zu rauben.

In den drei Spielen Mitte November, in denen Jeff Teague verletzungsbedingt zum Zuschauen verbannt war, haben die Hawks ausgezeichnet verteidigt. Zugegeben, die Gegner hießen Nets, Kings und Jazz, also nicht gerade die Crème de la Crème. Trotzdem wurde deutlich, dass sich Schröders Defense-Qualitäten klar verbessert haben. Er geht weniger Risiko ein, was zu weniger Fehlern führt. Und auch seine Screens sind besser geworden.

Hört sich nach einem glasklaren Fall an: Schröder scheint ein guter junger Guard zu sein, der immer besser wird. Der Haken an der Sache: Er ist im Vergleich zur letzten Saison schlechter geworden.

Den Schröder von Downtown muss man ja nicht SO konsequent verteidigen. Foto: Jason Getz-USA TODAY Sports

Ja, Schröder hat in einigen Bereichen, in denen er schon vorher gut war, noch zulegen können. Doch seine Werte bei Field-Goals, Dreiern und Freiwürfen haben sich allesamt verschlechtert. Dasselbe gilt für Field-Goals unter dem Korb. Obwohl er im Pick-and-roll-Spiel kontrollierter auftritt, macht er trotzdem viel zu wenig daraus, was bei seinem Talent schade ist. Schröders Größe und Ballbehandlung machen es schwer, ihm den Ball abzunehmen. Trotzdem sieht man ihn nur selten unter dem Korb, um den Ball durchzustecken oder nach außen für einen Dreier zu geben, wie es die meisten Elite-Point-Guards tun. Seine schmächtige Statur lässt jeden Kontakt in der Luft wie ein mögliches Flagrant Foul aussehen, trotzdem zieht er viel zu wenig Fouls. Und da haben wir noch nicht mal über seine unterirdische Leistung in den letztjährigen Playoffs gesprochen.

Was bedeutet das also für die Hawks? Der Kern ihrer Mannschaft—bestehend aus Teague, Kyle Korver, Paul Millsap und Al Horford—wird in dieser Form nicht ewig zusammenspielen. Korver zeigt schon erste Ermüdungserscheinungen, während Millsap bald 31 wird. Wenn Atlanta also mit diesem Team nicht über das Jahr 2017 hinaus planen sollte, wäre es zumindest verständlich, wenn sie den Spieler mit dem größten Entwicklungspotential an sich binden würden, sprich Schröder. Es gibt aber auch andere Überlegungen. So könnten die Hawks Schröder gegen einen erfahrenen Spieler eintauschen, um schneller zu einem potentiellen Contender zu werden. Alec Burks von den Utah Jazz oder Tyreke Evans von den New Orleans Pelicans wären mögliche Kandidaten.

Wenn sich Atlanta dazu entscheidet, auf Schröder als ihren zukünftigen Starter zu setzen, wird das Team wahrscheinlich versuchen, Teague in einen Trade einzubinden, um nicht einen All-Star umsonst in die Free Agency entlassen zu müssen. Natürlich würde das voraussetzen, dass sich Schröder wirklich zu einem guten Starter entwickelt. Andererseits: Teague wird 2017 gerade mal 29 sein. Und wenn Schröder bis dahin weiterhin nur ein guter Backup für Teague ist, werden sich die Hawks überlegen, ob sie nicht vielleicht doch beide behalten sollten. Am Ende könnte Schröder aber all diesen Überlegungen einen Strich durch die Rechnung machen, indem er am Ende der Saison wirklich zu einer anderen Mannschaft wechseln will.

Wir sind gespannt, wie sich die Causa Schröder/Hawks entwickelt.