Wenn sich der moderne Mensch eine Camo-Jacke überwirft, zieht er damit in den seltensten Fällen los, um in einem deutschen Wald durch den Farn zu kriechen. Seit die Modeindustrie die Tarnmuster des Militärs gekapert hat, turnt auf jeder Fashion Week mindestens ein Influencer im Kriegs-Look herum. Manche kritisieren das als Militarisierung des Alltags. Andere empfinden es echten Soldaten gegenüber als unpassend. So auch eine Kundin, die ihre Kritik am Freitag auf der Facebook-Seite von Peek & Cloppenburg gepostet hat. Über einem Foto von Bundeswehr-Jacken mit Regenbogen-Aufnähern schrieb sie: “Menschen haben für Deutschland schon ihr Leben gelassen und haben diese Uniform getragen!” Es sei respektlos, gegenüber deutschen Soldaten, die Jacken zu verkaufen.
Peek & Cloppenburg hat bisher nicht auf den Beitrag reagiert und war auch am Montag nicht erreichbar. Die Jacken stammen von dem Frankfurter Label “Soniush”, das sich die “Verschönerung” von Bundeswehr-Wear zum Ziel gesetzt hat: mit Rüschen, Lippenstiften oder “Stay Cute”-Sprüchen. Soniush schreibt, seine Klamotten ziehen “Celebrities, Blogger und Influencer magisch an.” Nun verkauft Peek & Cloppenburg sie in ihrem Sortiment. Ob so ein Bundeswehr-Look gut aussieht – darüber kann man sich streiten. Darüber, ob Menschen unbedingt im Militär-Outfit durch die deutschen Dörfer und Städte ziehen müssen, auch.
Videos by VICE
Der Beitrag wurde mittlerweile fast 700 Mal geteilt. Die Meinungen sind unterschiedlich: “Die gefallenen Soldaten drehen sich im Grabe um”, schreibt einer. Ein anderer findet, “sowas” müsse verboten werden. Allerdings haben unterdessen auch zahlreiche, laut eigenen Angaben, aktuelle und ehemalige Soldaten den Beitrag kommentiert. Und die finden alles halb so wild: “Wer dafür 129 Euro ausgibt, ist selbst schuld.” Und: “Solche Jacken gibt es auf jedem Flohmarkt.” Tarnmuster seien schon in den 70ern mit der Hippie-Bewegung in der Alltagsmode angekommen – viel zu spät, um sich heute noch darüber aufzuregen. Außerdem würden ohnehin keine Soldaten mehr für Deutschland fallen. Tatsächlich sind seit 1992 bei Auslandseinsätzen 108 Soldaten gestorben. Davon kamen 37 Soldaten durch Fremdeinwirkung ums Leben.
More
From VICE
-
Timothy Norris/ Contributor/Getty Images -
-
Bob Dylan in 1966. (Photo by Fiona Adams/Redferns)