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Die BassGang aus Friedrichshain

Wir haben beschlossen, völlig unrepräsentativ junge Menschen unter die Lupe zu nehmen, die keinen Bock auf die Normcore-Scheiße haben, die uns angeblich längst in ihren fiesen fetten Klauen gefangen hält. Den Anfang macht die BassGang aus Berlin...

Gofi und Minoto beim Auflegen im Magnet

Wir haben beschlossen, völlig unrepräsentativ junge Menschen unter die Lupe zu nehmen, die keinen Bock auf die Normcore-Scheiße haben, die uns angeblich längst in ihren fiesen fetten Klauen gefangen hält.

Den Anfang macht die BassGang aus Berlin-Friedrichshain. Wie man unschwer erkennt, leiten die Mitglieder ihren Dresscode vor allem aus der Grime- und UK-Bass-Szene ab und sind durch und durch von den 90ern geprägt (was vielleicht auch daran liegt, dass sie im Gegensatz zu uns alten Säcken damals noch gar nicht alt genug dafür waren).

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Die Gang wurde vor zwei Jahren von Minoto, Tuan:Anh und Gofi gegründet. Die Drei kennen sich schon seit ihrer Kindheit. Sie sind in Friedrichshain aufgewachsen und dort zusammen zur Schule gegangen. Nachmittags trafen sie sich, um zu tanzen, haben dann aber, als sie der Tanzphase entwachsen sind und ihnen die Berliner Partyszene zu inzestuös wurde, einfach ihre eigene Party gegründet. Sie wollten die Stadt um einen neuen Vibe bereichern und vor allem UK-Bass und Grime wieder aus der Versenkung holen. Das machen sie ihrer eigenen Aussage nach unter anderem auch, weil sie sich selbst als „New-Gs“ sehen und endlich die Alten, die OGs (steht an dieser Stelle für Old Generation, nicht Original Gangster) ablösen wollen.

Wir haben also die BassGang getroffen, mit ihnen Pizza gegessen, Eistee getrunken (zumindest manche Dinge ändern sich nie) und durften sogar einer Live-Performance im Wohnzimmer beiwohnen, als die MCs Freddy Kana und Mavie einfach losrappten.

Gofi mit den MCs Mavie und Freddy Kana

VICE: Was macht ihr so? Geht ihr zur Schule, studiert ihr?
BassGang: Viele von uns studieren. Wir studieren unterschiedliche Sachen, von Musikwirtschaft bis zu Medizin.

Was ist euer kultureller Background?
Black and Asians. Wir haben hier, wie du siehst, Blacks, Yellows und dann noch so Kanacken. Keiner von uns ist eigentlich komplett Deutsch. Die meisten bei uns sind Vietnamesen, dann haben wir ein paar Kongolaner, ein paar Amis, einen aus Kamerun, Elfenbeinküste und einen Halb-Franzosen. Also es ist ziemlich bunt bei uns.

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Und wie seid ihr dazu gekommen, die BassGang zu gründen?
Die Gang wurde von Minoto, Tuan:Anh und Gofi gegründet. Gofi und Tuan:Anh kannten sich schon aus der Grundschule, aber konkreter kennen wir Drei uns vom Tanzen. Wir haben früher zusammen in einer Crew in Friedrichshain getanzt und durchs Tanzen sind wird musikfixiert geworden. Wir haben fürs Tanzen neue musikalische Inspirationen gesucht und sind dadurch ganz natürlich in diese musikalische Schiene gekommen. Nichts war geplant, wir wollten einfach mit unseren Beats frischen Wind in die Berliner Szene bringen, weil wir von den HipHop- und Technopartys gelangweilt waren. Also sagten wir: „Lasst uns selber Mucke machen.“ Wir wollten den Shit spielen, den wir selber in den Clubs hören wollen und zu dem wir tanzen wollen. Wir hatten einfach das Gefühl, die Partys in Berlin sind musikalisch doch irgendwo hängengeblieben.

Minoto und eine bezaubernde BassGang Lady bei der Party im Magnet

Was hat euch an der Clubszene in Berlin genervt?
Die Leute stressen und ficken unseren Kopf. Die DJs ficken unseren Kopf. Eigentlich alle … [Gelächter] Deswegen sind wir in diese Bassszene abgerutscht. Die Clubs, in die wir normalerweise gegangen sind, auf die hatten wir gar keinen Bock mehr, besonders auf die Leute da. Es waren immer die gleichen Leute und alle paaren sich untereinander, so inzestmäßig. Wir sind nicht mal alle so die krassen Technoheads, aber das war der Grund, warum wir gesagt haben: „Lasst mal Techno feiern gehen, da sind wenigstens freshe Leute.“ Also sind wir mehr und mehr in diesen Technofilm reingekommen und irgendwann mochten wir den auch. Da wir uns aber Techno nicht mehr als fünf Stunden geben können, haben wir uns eine eigene Nische gemacht und so sind wir so ein bisschen in die Bassszene reingerutscht.

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Wir sehen in der Clubszene, dass die ganzen DJs, die jetzt noch Jobs kriegen, alle Old Generation sind, und es gibt niemanden in unserem Alter, der die ablöst. Die ganzen Old Gs sind alle so 30 bis 40. Dazwischen gibt’s nichts. Keine Jungen Leute, die auflegen. Wir haben auch das Gefühl, dass mit unserer Wave ganz viele Leute nachgezogen sind auf einmal. Davor gab’s halt nichts.

Die BassGang Party im Magnet. Es gab auch eine Live Performance mit den MCs.

Wer sind diese Leute, die in eure Fußstapfen treten?
Unsere NGs? Die New Generations? Ich weiß nicht, wie die auf uns kamen, aber auf einmal fingen die an, uns anzuschreiben, Beats zu schicken, und wir merkten, dass in Berlin noch mehr geht als nur wir. Wir waren eigentlich nur die Ersten, die damit angefangen haben, und jetzt fangen die Leute an, nach und nach nachzuziehen, weil wir diese Plattform geschaffen haben. Wenn man in andere Städte wie Amsterdam, London, Paris etc. schaut, gibt es solche Konstellationen, nur hier in Berlin gibt’s keine. Deswegen haben wir es auch geschafft, in zwei Jahren so einen enormen Step zu machen, weil’s niemanden gab, der das machte, was wir gemacht haben. Wir waren die einzigen, die sich was getraut haben. Wir haben einfach gemacht. Wir sind da gewesen.

Wo war eure erste Party?
Das war so ’ne Scheißparty in der Luka Bar. Das war das erste halbe Jahr, wo wir angefangen hatten, aufzulegen, und wir brauchten erstmal einen Ort, wo wir das Auflegen üben konnten. Das war eine Connection durch einen Kumpel und wir haben dort jedes Wochenende aufgelegt. Wir wurden vom Barbesitzer gezwungen, Commercial-Sachen, Charts etc. aufzulegen. Der Barbesitzer meinte dann zu uns: „Spielt mal’n bisschen David Guetta.“ Wir saßen den ganzen Abend da und haben Sync gedrückt. Haben uns Charts von 1 bis 100 heruntergeladen und Play gedrückt.Damit haben wir unseren Start finanziert, so 100-150€ pro Woche bekommen, und das hat uns für den Anfang sehr geholfen. Wir haben das nur wegen dem Geld gemacht. Und um das Auflegen besser zu lernen. Nach sechs Wochen Auflegen haben wir gesagt: „Lasst ’ne eigene Party machen.” Aber es war voll der Fail. Du musst dir das so vorstellen, da waren vier 18-Jährige und der Rest war unter 18 und der Barbesitzer hat einen Umsatz von so 2,50 Euro gemacht.Danach haben wir auch erstmal wieder gechillt, drei bis vier Monate. Und DANN hatten wir unsere erste richtige Party.

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Wie groß denkt ihr, ist die Grimekultur in Deutschland?
Minimal. Im Chester’s haben mal krasse Grimeheads aus London aufgelegt, da waren so 20 bis 30 Leute da, und die, die da waren, wussten auch nicht, wie man sich zu Grime bewegt. Grime ist halt eine Kultur, die noch sehr UK-bezogen ist und nur die Leute dort verstehen es. Es gibt zu wenig Leute, die diesen Style in Deutschland leben. Aber jetzt sind wir ja da.

Was meint ihr, wie viel Einfluss Social Media etc. hat. Ihr habt ja auch Instagram, Facebook … Denkt ihr, das hat euch weitergebracht?
Ich denke, Social Media ist eine ganz gute Plattform, um uns darzustellen. Um den Leuten einen Einblick in unseren Alltag zu geben, was wir machen, wie wir aussehen. Alle sind halt jeden Tag auf Facebook und wollen Bilder sehen, Videos sehen etc. Aber es ist eher Mundpropaganda, was unsere Partys ausmacht, und nicht Social Media. Das war so eine Hypesache.

Wie steht ihr zu Designern und Marken?
Eigentlich sind wir nicht richtig auf Designer fixiert. Wir tragen viele Sport- und Turnsachen. Keep it ghetto. Keep it street. Das Ding ist, man muss es auch gut mixen, man darf nicht zu viel von allem nehmen. Man muss die goldene Balance finden. Ich glaub, wir stehen alle gar nicht so auf Designer, wir sind echte Hoodjungs.

Habt ihr Stilikonen?
Pharrell auf jeden Fall. Der hat unsere Jugend geprägt. War bei jedem von uns so und 50 Cent auch. Sonst noch Michael Jackson und James Brown.

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Minoto und Tuan:Anh, die Gründer der BassGang

Wer ist eure Traumfrau? Venus X und alle Frauen, die exotisch aussehen. Kate Upton, M.I.A., Brandy, Aaliyah, Queen B, Lauren Hill und Queen Latifah.

Gibt’s in eurer Gang auch Frauen?
Es gibt eine BassGang-Lady: Ihr Name ist Chiara Noriko. Sonst hängen noch so vier bis fünf Mädchen mit uns ab, die sind u.a. Fotografinnen und Grafikerinnen.

Was macht ihr, wenn ihr nicht auflegt, studiert oder arbeitet?
Kiffen. Paffen, man. Wir chillen gut hart. Kucken Anime.

Wollt ihr in nächster Zeit etwas von euer Musik verlegen?
Wir lassen uns noch ein bisschen Zeit. Wir wollen 100% zufrieden sein. Unser Ziel ist auch, besonders den deutschen HipHop in Berlin wieder auf die Landkarte zu bringen. Auch musikalisch, was Beats angeht und so. Wir wollen mit was komplett Neuem kommen, deswegen lassen wir uns Zeit.

Rappt ihr auf Deutsch?
Auf Deutsch, ja. Chiara singt dann ab und zu mal über unsere Tracks, die ist Neo-Soul drauf und singt auf Englisch.

Wo seht ihr euch in zehn Jahren?
Erfolgreich und dass wir bis dahin viel gereist sind alle zusammen, damit wir so viel wie möglich unserer Jugend eine gute Zeit miteinander verbracht haben. Aber wir können uns ja noch mal in zehn Jahren treffen.