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Eine ganz normale Woche

Eine ganz normale Woche in Deutschland: Hakenkreuze, Böller und Gewalt gegen Flüchtlinge

Während Deutschland sich vom Terror bedroht fühlt, werden Flüchtlinge von Deutschen bedroht. Eine Zusammenstellung.
Demo der NPD in Sachsen. Foto: imago/Paul Sander

Mittlerweile schaut kaum noch jemand hin, wenn alle zwei Wochen mal wieder gemeldet wird, dass die Gewalt gegen Flüchtlinge zugenommen hat. Stattdessen muss sich seit den Anschlägen von Paris auch der ein oder andere Politiker stark zusammenreißen, um die Flüchtlinge nicht als eine existentielle Bedrohung darzustellen. Gleichzeitig hat die reale Bedrohung für Asylbewerber auf deutschen Straßen zugenommen: Laut dem BKA gab es in den ersten drei Quartalen dieses Jahres bereits 461 Taten gegen Flüchtlingsunterkünfte, bei denen die Behörden von einem rechten Hintergrund ausgehen. Am Mittwoch erklärte der BKA-Präsident, dass die Behörde davon ausgeht, dass diese Angriffe zunehmen.

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Die Statistik ist unheimlich, aber eben auch irgendwie eine abstrakte Statistik. Die nackte Überlebensangst, die Schmerzen und die Traumata der einzelnen Opfer tauchen darin nicht auf. Um sich vorstellen zu können, was in Deutschland gerade wirklich passiert, muss man die Einzelheiten kennen.

Deshalb haben wir uns vorgenommen, jeden Freitag einen Überblick über die Gewalttaten gegen Flüchtlinge in den letzten sieben Tagen zu geben. Wir haben uns vor allem auf diese Zusammenstellung gestützt, aber Brandanschläge auf noch nicht bewohnte Unterkünfte und Demonstrationen von „Asylkritikern" nicht mit aufgenommen—das würde zuviel werden.

Eine ganz normale Woche eben, vom 13.11. bis zum 20.11.:

Mecklenburg-Vorpommern

Stralsund: Vier Unbekannte haben in der Nacht zum Sonntag einen 27-jährigen Flüchtling aus Syrien vor einem Club zusammengeschlagen. Einer der Verdächtigen konnte gefasst werden, die Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung. Der Syrer musste im Krankenhaus behandelt werden. Besonders charmant: Unter dem Bericht von n24 zu dem Vorfall fühlen sich 16 von 44 Lesern davon „belustigt":

Nordrhein-Westfalen

Solingen: Fünf Unbekannte haben am Samstagnachmittag einen Asylbewerber aus Bangladesch brutal zusammengeschlagen und -getreten. Der 35-Jährige ging gerade durch einen Fußgängertunnel, als die Täter ihn ohne Grund angriffen und zu Boden schlugen, wo sie weiter auf ihn eintraten. Das Opfer befindet sich im Krankenhaus. Ob die Tat aus fremdenfeindlichen Motiven heraus geschah, ist unklar, da eine Gruppe von fünf Männer vorher bereits an mehreren Orten der Gegend beim Randalieren beobachtet worden war.

Vlotho: Aus einem Auto haben Unbekannte am Samstagabend mit einer Schreckschusspistole auf eine Flüchtlingsunterkunft geschossen. Verletzt wurde niemand.

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Bielefeld: Fünf junge Männer griffen in der Nacht zum Samstag hintereinander zwei Unterkünfte an. Bei der ersten Unterkunft warfen sie einen Blumentopf durchs Fenster und zündeten mehrere Böller, bei der zweiten wurde ebenfalls ein Fenster eingeworfen und ein paar Lampen beschädigt. Die Polizei konnte die fünf Täter im Alter von 16 bis 22 Jahren stellen. Da die Männer ziemlich betrunken waren, geht die Polizei davon aus, dass die Taten „offensichtlich dem Zweck des Frustabbaus aufgrund privater Probleme gedient haben".

Bad Oeynhausen: In der Nacht zum Dienstag warfen Unbekannte eine Waschbetonplatte durch das Fenster eines Gebäudes, in dem sie womöglich Flüchtlinge vermuteten—jedenfalls hinterließen sie Flugblätter, auf denen sie „ihren Unmut gegen Flüchtlinge" äußerten. Allerdings hatten die Täter sich möglicherweise im Gebäude vertan—die Flüchtlinge wohnen in einem anderen Gebäude, circa 100 Meter weiter.

Sachsen

Pirna: Nach einer Demo der „Bürgerinitiative Heidenau" warfen Unbekannte mehrere Böller auf das Gelände einer von Asylsuchenden bewohnten Jugendherberge.

Berggießhübel: Auf ein von sechs Asylbewerbern bewohntes Haus wurden in der Nacht zum Sonntag zwei Hakenkreuze und das Wort „Raus" gesprüht.

Sachsen-Anhalt

Möckern: Zwei Flüchtlinge wurden am Sonntagnachmittag von zwei Unbekannten auf der Straße angegriffen und geschlagen, bis die Angreifer flüchteten. Die beiden Opfer mussten im Krankenhaus behandelt werden.