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Das Schaf im Wolfspelz

War Jakob Steiner von der Grellen Forelle früher Burschenschafter?

Im Rahmen der Audimax Besetzung gab es schon einige überaus witzige Youtube-Videos zu sehen. Unser ganz persönliches Highlight (hier zu sehen) hängt nicht wie vermutet mit wunderschön geformten StudentInnen Möpsen zusammen, sondern hat einen eher ernsten Hintergrund. Manfred Mainbach, Mitglied der Burschenschaft Hibernia ist mit seinem „Angebot zur Solidarisierung“ auf ganzer Linie abgelehnt worden. Weil seine eigentlichen Anliegen in den Buh-Rufen der Studenten untergegangen sind, haben wir ihn zum Interview  getroffen. Vice: Manfred, du schaust etwas abgekämpft aus. Die letzten Tage haben dich sicher mitgenommen. Aber bevor wir über deine Erlebnisse sprechen, erzähl uns ein bisschen was über dich.
Manfred Mainbach: Seit drei Jahren wohne ich hier und versuche mir nach und nach eine Oase der Ruhe und des Nachdenkens zu schaffen. Besonders schätze ich die Lage: Ich kann in 10 Minuten zu Fuß im Burgtheater sein, oder auch im aufregenden, gemischten Ottakring. Wohnen möchte ich jedoch weiter eher im Achten. Am liebsten esse ich Hausmannskost wie Grammelknödel und bin auch sonst kein Kind von Traurigkeit. Ich würde mich als ausgeglichenen Menschen bezeichnen, der nachmittags gern mit einer Cafe del Mar CD entspannt oder auch einfach mal Freunde spontan zu einem Video-Abend einlädt. Neben meinem Studium an der WU helfe ich ab und zu in einer Kanzlei aus. Wenn ich in meiner Heimatgemeinde bin, versuche ich sogar meine Freunde bezüglich Geldanlagen zu beraten. Zusammenhalt ist mir sehr wichtig, darum macht mich die Reaktion meiner Universitätskollegen umso trauriger. Die Flecken auf meiner Hose von den Farbattacken sieht man immer noch. Vermummte haben Farbbeutel nach mir geworfen, als ich das Audimax betreten wollte.

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Manfred Mainbach begrüßt uns in seiner Wohnung im 8. Bezirk und bereitet sein Lieblingsgericht Fleischknödel zu.

Du als Burschenschafter solidarisierst dich also mit den aktuellen Studentendemos?
Ja, es ist wichtig zu zeigen, dass alle Studenten etwas gemeinsam haben, egal welche geistige Gesinnung sie haben. Als Student hat eine links-marxisitsche Studentin, die zum Frühstück seit ihrem Bolivien-Aufenthalt nur noch Mate-Tee trinkt, mit mir durchaus viel gemeinsam. Man muss zeigen, dass die Entwicklung so nicht weitergehen kann und dass eine Volksgemeinschaft, die sich nicht selbst kritisiert, Probleme haben wird. Natürlich wäre es besser, bereits bei der Erziehung im Kindergarten etwas zu ändern, aber wenn wir als Kindergartenkinder protestieren würden, würde man uns ja noch weniger ernst nehmen.

Hast du damit gerechnet, dass deine Solidarisierung so hohe Wellen schlägt?
Nein, ich bin ziemlich traurig darüber, wie wenig pragmatisch die Studenten denken. Trotzdem bin ich dankbar für all die aufmunternden Zusprüche auch aus dem gegenüberliegenden politischen Lager, die sich teilweise für die Verbohrtheit Ihresgleichen schämen. Mit welchen Forderungen der Studierenden kannst du dich identifizieren?
„Gegen Sexismus“ ist ganz wichtig. Die Befreiung, auch die geistige, dauert ja immer sehr lange, wie bei den Schwarzen damals auch. Da müssen Komplexe aufgedeckt und verarbeitet werden. Deswegen muss man Freiräume schaffen, damit eine Frau weder nachdenken muss, ob sie fünf Kinder bekommen und nur zu Hause bleiben will, ohne etwas selbst entscheiden zu müssen, oder ihr Kind in die Kinderkrippe abgibt. Beides ist richtig, gemäß dem alten Burschenschafts-Motto „Die Gedanken sind frei“. Außerdem muss eine gewisse Individualität im Studiengang durch Freifächer gewährleistet werden. Man muss freisinnig bleiben und darf sich nicht gängeln lassen. Dafür sind Studentencorps seit ihrer Gründung immer eingestanden.

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Besorgt verfolgt Manfred die aktuellen Geschehnisse im Audimax via Lifestream und Twitter. Auf seiner Hose sind Farbflecken von einer Attacke vermummter Studenten zu sehen.

Wie hätten deine Mitstudenten deiner Meinung nach reagieren sollen?
Mit einer Einladung ins Plenum. Und vielleicht ein wenig Freude, dass man trotz ihres politischen Gebarens, davon ausgehen könnte, dass es kein komplett politisierter Widerstand sei. Am Ende geht es um Sachfragen! Du weißt aber schon, wie unbeliebt deine Leute gerade bei all jenen Studenten sind, die das Audimax besetzt halten. Wäre es nicht klüger gewesen, zum Beispiel nicht in Montur dort aufzutauchen?
Wer wenn nicht Studentencorps können Beziehungen in alle Richtungen nutzen und verfügen über hundertjährige Erfahrung gegen alte Eliten? Wenn die Dachdecker ihre Solidarität mit den Installateuren bekunden (und ich will hier anmerken, dass ich die Funktion meine und nicht ein bestimmtes Geschlecht), werden doch diese auch in der Montur ihrer Zunft erscheinen? Und ich komme ja als Manfred, Mitglied eines Studentencorps. Was ist aus der angekündigten Delegation geworden und hast du am nächsten Tag Prügel kassiert?
Ich bin gewaltsam an meinem Eintritt gehindert worden. Zum Teil von ausländisch aussehenden Miet-Securities. Schlimm wie bei uns Hilfesuchende von manchen Gruppierungen sofort vereinnahmt, bevormundet und missbraucht werden für unangenehme Aufgaben, die andere nicht ausführen wollen, wie eben Gewalt in diesem Fall. Außerdem ist von Mitgliedern des schwarzen Blocks im Internet eine Stimmung der Angst vor gewaltbereiten Burschenschaftern geschürt worden direkt nach meiner friedlichen Rede im Audimax.

Glaubst du, dass die stille Mehrheit gerne dein Statement zu Ende gehört hätte?
Die Mehrheit der Studenten schon. Die Anwesenden vielleicht nicht. Sie waren ja auch aufgestachelt worden von diversen Hobby-Trotzkisten die am liebsten mit Vermummung und Pfeife rauchend herumgegangen wären. Das ungewohnte, veganische Essen, was verteilt wurde, trägt sicher auch zur Frustration bei. Viele kommen ja aus reichen Schichten und sind Fleisch gewohnt, zumindest jeden Sonntag. Da steigt sicher die Frustration wenn man sich mit dieser Kost zufrieden gibt und sich über viele Tage hinweg seinen Mitstudenten gegenüber verstellen muss, indem man ihnen für die Tunke Komplimente machen muss. Da fragt sich doch jede Großmutter, für was sie sich abgemüht hat, ihren Enkeln den Geschmack der Heimat zu vermitteln. Wie viel Sinn haben die Demos?
Wenn sie so ablaufen, wie jetzt, gar keine. Wenn nicht zwei Hände, so sollte zumindest immer eine Hand ausgestreckt bleiben. Die alten Herren sind ja nicht unsere Feinde, sondern verstehen manchmal nicht so schnell worum es geht. Was hättest du gerne, dass sich ändert?
Mehr Pragmatik, mehr Offenheit, mehr Heimat, mehr Konsens, weniger Gewalt, weniger Vorurteile.

Welche Studenten sind dir zu wider?
Menschen mit zu viel Selbstmitleid und zu wenig Selbstironie. Also Studenten die totalitär denken.