Foto: David Marsh
Gerade dann, wenn einem der tägliche Arbeitstrott mal wieder auf die Nerven geht, fragt man sich doch oft: Warum tue ich mir das eigentlich an?Peter Fleming, Professor im Bereich Business and Society an der City University London, versucht in seinem Buch The Mythology of Work, genau diese Frage zu beantworten. Als ich mich mit ihm in einem überteuerten Café im Osten der englischen Hauptstadt traf, meinte er zu mir: „Bei der Arbeitsverweigerung geht es nicht um Faulheit oder ums Nichtstun. Wenn du Leuten dabei zusehen willst, wie sie tatsächlich nichts tun, dann musst du dich einfach nur in einem großen Unternehmen umschauen. Einige von uns haben das Glück, einer Arbeit nachzugehen, die sie wirklich mögen, aber das kommt nur relativ selten vor."Die allgemeine apathische Haltung zum Thema Arbeit lässt es noch viel komischer erscheinen, wenn Großstadtbewohner beim ersten Kennenlernen immer fragen, was man denn so machen würde. Fleming zufolge ist das etwas ganz Natürliches: „Die Arbeitsideologie hat alle anderen traditionellen Statusstrukturen zerstört, die sich auf Religion, künstlerisches Schaffen, Familie und andere Statussymbole innerhalb einer Gemeinschaft beziehen. So sehen wir uns mit einer Situation konfrontiert, bei der uns gesagt wird, dass nur die Arbeit bzw. der Job etwas zählt—und deswegen richten wir unser komplettes Leben danach aus. Das Ganze basiert auf der stetig fortschreitenden Individualisierung der Gesellschaft, die alteingesessene Gemeinschaften auseinandergetrieben hat."
Anzeige
Anzeige
Peter Fleming
Motherboard: Zu diesen Tageszeiten googeln die Deutschen ihre Suchbegriffe am liebsten
Anzeige
Anzeige
„Das Problem des Widerstands besteht darin, dass bei der Belegschaft immer weiter eingespart wird", erklärte mir Fleming. „Und um diese Einsparungen zu verwirklichen, individualisiert man alles: Jeder bekommt einen individuellen Vertrag oder wird als Freiberufler angestellt. 2013 berichtete man zum Beispiel davon, dass 70 Prozent der Ryanair-Piloten selbstständig waren. Deswegen mussten sie auch ihre Uniformen und Hotelaufenthalte selbst bezahlen. Wir müssen die Macht der Arbeiterschaft wiederentdecken und neu kollektivieren."Dafür wirft Fleming auch einige radikale Ideen in den Raum, über die man mal nachdenken sollte: ein höheres Grundeinkommen, verstaatlichte Industrien, eine Drei-Tage-Arbeitswoche und eine Entfetischisierung des Jobs.Als Erstes will er uns jedoch verdeutlichen, was falsch läuft und warum wir so viel arbeiten. Außerdem sollen wir uns seiner Meinung nach mit so vielen Leuten wie möglich zusammenschließen, denen es so ergeht wie uns. „Historisch gesehen handelte es sich bei Gesellschaften, in denen die Leute mehr als drei Tage die Woche arbeiten mussten, immer um typische Sklavengesellschaften. Wir brauchen wöchentlich nicht mehr als 20 Stunden auf der Arbeit zu verbringen."Na das ist doch mal ein ordentlicher Denkanstoß.