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Über „Negermusik“, Kindergeld und NS-Kriegsverbrecher

Wenn es nach Ricarda Riefling von den Nationalen Frauen ginge, dann würden Frauen ohne Kinder benachteiligt, südländischen Ausländer sowieso und NS Verbrecher wie Erich Priebke mit Nachsehen behandelt. Ein Interview mit dem neuen weiblichen...

Schon seit ein paar Tagen ist unser aller Lieblingsseite Nationale Frauen sind sexy. ღ von Facebook verschwunden. Und seit gestern jetzt auch noch die Facebook-Seite des Bundesverbandes vom „Ring Nationaler Frauen“.

Hier hatte es zwar deutlich weniger Dekolleté gegeben, dafür aber umso mehr direkte Crosspostings mit der NPD, von der der Ring eine Unterorganisation ist. Der RNF hat sich dabei auf Frauenthemen mit einem rechten Twist spezialisiert: Auf der Website findet man Nachrichten über Veranstaltungen, Artikel zu „Brauchtum und Kultur“ (der RNF mag Adele) und Aufrufe, die Familien zu fördern, indem man die Zuwanderung beendet und Ausländer im Land benachteiligt.

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In einer Meldung wird die Wahl der neuen Landesvorsitzenden in Rheinland-Pfalz bekannt gegeben, die gerade mal 18 Jahre alt ist. Sie wird unterstützt von dem ehemaligen Mitglied des Bundesvorstands der NPD, Ricarda Riefling (29 Jahre).

Der „Ring Nationaler Frauen“ ist so etwas wie die Einstiegsdroge für rechtsorientierte Damen. Die Facebook-Seite des RNF Rheinland-Pfalz scheint zu großen Teilen von Ricarda Riefling bestückt zu werden, die über Kundgebungen informiert und für Beitritte wirbt („Wir schenken allen nationalen Frauen aus Rheinland-Pfalz den Mitgliedsbeitrag für 2013/2014, wenn sie jetzt Mitglied werden!“). Auf ihrer eigenen Seite geht es privater zu: Hier schimpft sie auch mal über „Negermusik“ oder postet Bilder von ihrem Besuch bei NS-Verbrecher Erich Priebke in Rom.

Um zu verstehen, welcher Gedanke eigentlich hinter der NPD-Frauenorganisation steht, habe ich Ricarda Riefling mal angerufen.

VICE: Hallo Frau Riefling, warum hat die NPD eigentlich eine extra Frauenorganisation?
Ricarda Riefling: Also, die NPD hat ja bislang den Ruf einer Männerbastion gehabt, und wir haben dann damals festgestellt, dass da, wo Frauen sind, auch andere Frauen hinkommen, und Frauen, die vielleicht noch Vorbehalte gegenüber der NPD haben, den sanften Einstieg finden.

Also, zum Ring Nationaler Frauen. Der RNF ist ja eine Unterorganisation der NPD. Heißt das, dass alle Mitglieder des RNF auch in der NPD sind?
Nein, man muss kein NPD-Mitglied sein. Aber Funktionsträgerinnen im RNF müssen NPD-Mitglied sein, normale Mitglieder nicht.

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Manchmal wird behauptet, der RNF sei nur eine hohle Geste, um von der Männerdominanz in der NPD abzulenken.
Ne, also die Frauen nehmen das schon alle sehr ernst. Das behandelt auch Themen, die von der NPD aufgenommen werden. Das NPD-Mütter-Gehalt ist aus dem Ring Nationaler Frauen heraus geboren. Der RNF ist also schon eine Organisation, die der NPD inhaltlich zuarbeitet, vor allem was Familienpolitik angeht.

Können Sie sich vorstellen, die deutsche Marine Le Pen zu werden?
Also ich persönlich würde mir das nicht zutrauen, aber ich könnte mir vorstellen, dass irgendwann mal eine Frau auch Parteivorsitzende wird.

Können sich das die meisten NPD-Mitglieder vorstellen?
Ich weiß nicht, ob sie dazu bereit sind, aber wenn das so kommt, dann ist das halt so. Ich habe zwar auch schon die Erfahrung gemacht, dass jemand ne merkwürdige Meinung über Frauen hat, davon ist die NPD auch nicht frei, aber ich würde das nach Leistung bemessen. Aber hat man noch nicht gewagt, hat keiner ausgetestet, wie es ist, wenn eine Frau für den Parteivorstand kandidiert.

Was ist denn eine „nationale Frau“?
Wir haben da verschiedene Typen von Frauen, das ist breit gefächert. Wir haben ja von der 8-fachen völkischen Mutter bis hin zur Jungaktivistin oder—für Sie dann wohl—,ganz normale Frauen‘ bei uns.

Was ist denn eine ,völkische Mutter‘?
Na ja, eine, die traditionsbewusster lebt … so kann man es, glaube ich, sagen.

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Mein Interesse an der „achtfachen völkischen Mutter“ war vielleicht übertrieben. Nur hat der Ausdruck in mir irgendwie Assoziationen von einem zentnerschweren, in einem Gestell unter der Decke hängenden Urmutterwesen geweckt, das unter animalischem Grunzen stündlich vollbewaffnete Säuglinge aus ihrem Unterleib schleimüberströmt in Richtung Stalingrad schleudert. Aber weiter im Text.

Was unterscheidet denn das Frauenbild des RNF von dem des Mainstream?
Wir sind natürlich erstmal Frauen, die sich zur Mutterschaft bekennen. Halt einfach so Natürlichkeit und sich zur Rolle der Frau bekennen. Also, wir lehnen ja Gender Mainstreaming ab, wir sehen Mann und Frau als gleichwertig an, sehen aber trotzdem die Unterschiede. Wir würden mehr in Familienförderung investieren. Wir würden ein Nettogehalt von 1000 Euro fordern, damit die Kinder wirklich zu Hause betreut werden bis zum dritten Jahr, weil wir die Krippenpolitik ablehnen. Und wir haben ja auch Familiensplitting, wir würden Begrüßungsgeld einführen, wir würden das Kindergeld höher ausfallen lassen. Einfach dass die, die Kinder bekommen, besser gestellt sind als die, die keine Kinder bekommen.

Und würden dann alle deutschen Staatsbürger mehr Kindergeld bekommen?
Also, das ist jetzt eine schwierige Frage, wie man das jetzt ausdrückt. Wir fordern das natürlich für Deutsche. Und weil ja die NPD, und da schließt sich der RNF auch an, für Rückführung von Ausländern steht. Für Ausländer, die hier leben, sollte es eine extra soziale Kasse geben, die sollen nicht gleich behandelt werden.

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Auf der RNF-Website wird häufig von „Überfremdung“ gesprochen und der Bedrohung, die von Immigranten für deutsche Frauen ausgeht. Können Sie das kurz erklären?
Ja. Also einmal kann man sich jetzt auf einen Radiobericht aus Schweden berufen, wo jede fünfte schwedische Frau von einem Moslem vergewaltigt wurde. Das Bild, was der Islam von Frauen hat, ist für europäische Frauen gefährlich, weil der Islam einfach frauenfeindlich ist—weil sich die Frauen dort verschleiern müssen, und weniger wert sind. Von den tausend Frauen in Schweden waren dreihundert Unter-15-Jährige.

Diese Nachricht schwirrt im Moment auf allen gängigen islamophoben Internetseiten herum. Ich habe keine Ahnung, wo sie die Zahlen herbekommen haben. Der ursprüngliche Bericht der schwedischen Behörde enthält kein Wort über die Herkunft der Täter in Vergewaltigungsfällen.

Wissen Sie denn, wie viele Vergewaltigungen es insgesamt in Schweden gab?
Ne, das weiß ich nicht. Das sind ja dann auch Statistiken, und Statistiken sind ja sowieso immer sehr schwammige Aussagen. Aber zum Beispiel hier in Rheinland-Pfalz ist ein Mädchen von Südländern bestialisch vergewaltigt worden. Da hat man nur eine Randbemerkung in der Zeitung gefunden. So wird das gemacht, sonst müsste man ja in der Presse zugeben, dass das gefährlich werden kann. Also, wir sehen das schon so, dass eine Gefahr ausgeht—nicht von Ausländern im Allgemeinen, aber vom Islam.

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Sie glauben, dass Muslime eher dazu neigen, gewaltsam gegenüber Frauen zu sein?
Ja. Stellt sich für uns so dar.

Sie ist der Meinung, der Islam sei eine inhärent frauenfeindliche Religion—wegen der Kopftücher, der minderjährigen Ehen, und weil muslimische Frauen nicht alleine ausgehen dürfen. Außerdem passe der Islam nicht nach Europa, wegen des Schächtens und der Sprache. Ich gab zu bedenken, der Islam sei ja nun schon in Europa, ob er nun passe oder nicht. Sie meinte, das sei nicht die Schuld der Deutschen, die hätte man nicht gefragt, bevor man die türkischen Gastarbeiter geholt hätte.

Schwetzingen darf nur mit deutscher Musik gerockt werden!

Warum postet man „Negermusik“? Das ist doch ein ziemlich belasteter Begriff. Das haben die Nazis zu Jazz gesagt.
Also, das war eine Provokation. Es gibt immer jemanden, dem man damit auf die Füße tritt. Also, wenn man da so steht, und man hält eine Rede, und dann wird so eine Musik laut aufgedreht, dann ist das eben eine Provokation. Dann gebe ich eben so was zurück. Es funktioniert ja, die Leute nehmen es ja wahr und sprechen drüber. Ich bin auch der festen Überzeugung, dass ein Großteil der Bevölkerung so denkt. Und die meinen es dann wahrscheinlich nicht als Provokation, sondern die meinen es vielleicht wirklich abwertend. Also, Sie haben das nicht abwertend gemeint.
Nein, eben als Provokation. Wie gesagt, ich finde mich eigentlich recht sozial und menschenfreundlich, ich werde ja auch in der Partei dem linken Flügel zugeschrieben. Ich habe ja nicht gesagt, die Musik ist scheiße, weil sie von Negern gemacht wird, sondern ich habe diese Musikrichtung als Negermusik bezeichnet. Aber das Wort „Negermusik“ ist doch schon in sich abwertend, sonst hätten Sie es doch nicht als Provokation nutzen können. Das impliziert schon immer „fremde, entartete“ Musik, die nicht nach Deutschland gehört.
Also für mich ist diese Musik auch befremdlich, muss ich ganz ehrlich zugeben.

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Jay-Z wird also wahrscheinlich nicht so bald in ihrem Heimatort Pirmasens auftreten. Laut Riefling ist man da auch an Ausländer nicht so gewöhnt (es ist noch nicht so "überfremdet"), was sie zu einer interessante Einschätzung der eigenen Wähler verleitet.

Ricarda bei Erich Priebke, kurz vor seinem Tod

Wie erklären Sie sich eigentlich, dass die NPD überall dort stärker ist, wo es weniger Ausländer gibt? Wo man also weniger mit Integrationsproblemen zu tun hat?
Vielleicht, weil das so bleiben soll? Hier bei uns in Pirmasens sitzen ja sowohl die NPD als auch die Republikaner. Es gibt hier bei unseren Kundgebungen auch nie Gegendemonstrationen, das gibt es hier nicht. Mitten in der Innenstadt gibt es ein Bürgerbüro von der NPD, was noch nie beschädigt wurde, was ja auch in anderen Städten undenkbar wäre. Ich glaube, das ist mehr so das Soziale, was da eine Rolle spielt, oder wenn die Leute halt Angst haben.

Also haben sie im Grunde Angst vor etwas, das sie gar nicht kennen.
Ja. Das kann sein, dass das so ist.

Ist das nicht ein komisches Prädikat für die NPD, die Partei zu sein für Leute, die Angst haben vor Dingen, die sie nicht kennen?
Ne, also, wenn man die NPD wählt, kann das ein Protest sein, oder halt Angst … also, auch wenn man es nicht kennt, kann man sich ja vorstellen, wie es ist, wenn plötzlich kein Geld mehr da sind und man sein Leben ändern muss.

Römische Zivilisten werden kurz vor dem Massaker in den Ardeatinischen Höhlen 1944 zusammengetrieben. Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-312-0983-03 / Koch / CC-BY-SA

Fazit: Auch wenn die neuen starken Frauen in der NPD vielleicht eine optische Veränderung bewirken, die Positionen und Vorurteile bleiben gleich. Praktisch jedem Problem Deutschlands, von der Rentenarmut bis zur Strompreiserhöhung, begegnen die Rechten mit „Ausländer raus“. Geendet haben wir mit ihrem Besuch beim SS-Massenmörder Erich Priebke, der für sie „einfach ein Mensch, den ich gern hatte“, war. Vom Ring Nationaler Frauen ist also kaum etwas zu erwarten, das man nicht schon von den Männern kennt.

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