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Unter Umständen

Schwanger, Woche 7: AC/DC, die neue Nüchternheit und schlaue Ratschläge

Ja, das ist eine Baby-Kolumne. Nein, wir sind nicht verrückt geworden.

Seit ein paar Jahren kommt es in unserem Umfeld immer häufiger vor, dass wir Frauen, mit denen wir die schlimmsten Dinge der Welt angestellt haben, plötzlich etwas besseres vor haben, als mit uns Party zu machen. Das liegt daran, dass sie sich für den Familienminister oder den Fortbestand der Menschheit entschieden oder einfach nicht aufgepasst haben und keine Lust auf eine Abtreibung hatten. Wir begrüßen das auf der einen Seite, weil diese kleinen Menschen ziiiemlich cute aussehen, wenn sie gerade frisch geschlüpft sind und wir immer neue Generationen an VICE Leser brauchen, aber es macht uns natürlich auch ein bißchen Angst. Um uns, dir und allen anderen diese Angst vorm endgültigen Erwachsen werden zu nehmen, haben wir eine dieser oben erwähnten Frauen gebeten, ein Babytagebuch zu schreiben, dass etwas ehrlicher ist, als der ganze andere Mist, den ihr sonst zu diesem Thema zu hören bekommt. Der erste Beitrag, den ihr hier lesen könnt, ist eigentlich schon vor zwei Wochen verfasst worden, aber weil wir sicher gehen wollten, dass aus dem Zellhaufen tatsächlich ein Baby wird, haben wir noch ein bißchen mit der Veröffentlichung gewartet. Das ist auch der Grund, warum morgen schon die Geschichte aus der Woche 9 zu lesen sein wird.

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Schärfer wird’s leider nicht, der Kindsvater war wohl aufgeregt. Oder sein Handy.

Ich sitze am Klo und pinkle in einen AC/DC-Becher. Rock’n’Roll ist anders. Nach wenigen Sekunden: Zwei Kreise, zwei Striche. Fuck. Fuck, fuck, fuck. Nein, ich bin nicht 17, nein, es ist nicht aus heiterem Himmel passiert, aber trotzdem: Will ich das? Ich würde irrsinnig gern eine rauchen. Und dann noch eine. Und dann eine Flasche Wein trinken. Aber nein. Der Liebste freut sich. Ich umarme ihn innig und heule leise vor Angst. Er macht allen Ernstes ein Handy-Foto vom Schwangerschaftstest. Ich liebe ihn. „Du bist so deppert!“ sage ich.

Ich habe Glück. Ich muss drei Tage später beruflich ins Ausland. Kein rohes Fleisch, kein roher Fisch, kein Rohschinken, keine Salami, sagt die Hausärztin am Telefon. Auch sie freut sich, „das ist ein ganz natürlicher Vorgang“. Um Himmels Willen, greift im Umfeld einer Schwangeren verbale Verblödung um sich? Sie kennt jedenfalls französische Speisekarten nicht. Ich beschließe, dass an Rohschinken auch noch keine gestorben ist, und ignoriere die Ratschläge geflissentlich.
„Wenn Sie wiederkommen, machen wir eine Untersuchung. Vielleicht hören wir dann schon die Herztöne!“ heißt es bei der Frauenärztin. Die angedrohten Herztöne brauche ich jetzt gerade gar nicht. Zellhaufen gut, Herztöne: Angst.

Mein Busen zieht, tut weh und wird riesig. Ich kann nicht am Bauch schlafen und kaufe mir zum Trost einen saugeilen Bikini, damit das zumindest für irgendetwas gut ist. Wenn man sich seinen Ruf als Viel-Raucherin und Vieltrinkerin über lange Jahre hart erarbeitet hat, kann man übrigens genau zwei Stunden lang unkommentiert keinen Alkohol trinken. Seltsame Verdächtigungen werden mir an den Kopf geworfen. Ob ich leicht im Rausch was dermaßen Schlimmes angestellt hätte, dass ich nie mehr wieder trinken mag? Nach der dritten seltsamen Ansage schnauze ich meinen Kollegen an. „Ich bin schwanger, heast, ich würd eh viel lieber saufen, Himmelherrgott“. Es herrscht Ruhe.

Ich darf am Moped mitfahren. Als er mit dem Moped einmal zu schnell bremst, rufe ich mahnend „Aber das Ungeborene!“. Wir lachen laut. Schwanger sein heißt auch, dass jeder was dazu zu sagen hat. Die Kollegin erzählt mir betrunken von ihren Abtreibungen und rät mir, am Ende der Schwangerschaft nur mehr kleine Gute-Nacht-Öfen zu rauchen.

Ich bekomme ein SMS aus der Heimat vom Liebsten. „Der Schwangerschaftstest meint noch immer das gleiche“, smst er. Ach herrjeh.

Namensvorschläge: Imelda. Pol. Dschingis.
Monate bis zum nächsten Rausch: Geschätzt 14. Verdammt.
Neue Vorsätze: Ich. Google. Nicht.