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Das Who's Who der ukrainischen Oligarchen

Wer sich eine Armee aufbaut, wer fragwürdige Deals eingeht und wer alles verlieren wird.

Foto: Komul | Wikimedia | CC BY-SA 3.0

Das ist der erste Teil des VICE Guides zu ukrainischen Oligarchen.

Haifischbecken, Schwimmbäder im Keller, Luxusautos, den Premierminister von Katar in der Nachbarschaft und mit Diamanten handelnde Mafia-Freunde aus Russland; ukrainische Oligarchen, bekannt für ihre zwielichtigen Geschäfte und kriminellen Verbündeten, sind zähe Burschen. Sie gingen aus den Ruinen der ehemaligen Sowjetunion hervor und wissen einfach, wie man in Saus und Braus lebt. Da sich die Ukraine zurzeit aber inmitten eines geopolitischen Tauziehens zwischen dem Osten und dem Westen befindet, muss sich die Elite des Landes jetzt ihrer bisher größten Herausforderung stellen: Die Krise zu überstehen, ohne dabei Geld zu verlieren. Unser Who's Who der ukrainischen Oligarchen liefert euch die relevanten Informationen darüber, wer sich eine Privatarmee aufbaut, wer schmierige Hinterzimmer-Deals eingeht und wer wohl alles verlieren wird.

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Name: Rinat Leonidowytsch Achmetow
Geburtsdatum: 21. September 1966 in Donezk
Reinvermögen: 9,6 Milliarden Euro*

Werdegang und Geschäftsbeziehungen:
Rinat Achmetow stammt aus bescheidenen Verhältnissen und ist jetzt der Besitzer von Londons teuerster Penthouse-Wohnung (Wert: 155 Million Euro). Seine Mutter war eine einfache Verkäuferin und sein Vater ein Minenarbeiter. Die Beiden waren muslimische Tataren, eine ethnische Minderheit in der Ukraine.

Der medienscheue Multimilliardär begann mit der Anhäufung seines Reichtums während den frühen 90er-Jahren, als es noch keine wirklichen Gesetze gab und die Unternehmer eifrig damit beschäftigt waren, aus den Ruinen der ehemaligen Sowjetunion eine neue Finanzordnung zu schaffen. Trotz der Ellenbogen-Gangsterkultur von damals, behauptet Achmetow, dass er nur durch sein glückliches Händchen zu Geld kam. „Meine erste Million habe ich mit dem Kohle- und Koks-Handel verdient und dann in Anlagen investiert, die niemand wollte. Ich ging ein Risiko ein, das sich schließlich auszahlte", sagte er den ukrainischen Medien.

Es wird allerdings auch behauptet, dass der Durchbruch des Oligarchen mit einem Vorfall im Jahr 1995 zusammenhängt, bei dem sein Mentor Akhat Bragin zusammen mit sechs seiner Bodyguards bei einem mysteriösen Bombenanschlag getötet wurde. 2005 wurde der Donezker Polizeichef Viacheslav Synenko für den Mord an Bragin verurteilt. Er gestand die Tat und die Zusammenarbeit mit einer rivalisierenden Mafia-Bande. Im Gefängnis beteuerte der Gesetzeshüter allerdings  ​seine​ Unschuld. Angeblich fiel Achmetow dadurch das riesiges Finanzimperium seines toten Geschäftspartners und vermeintlichen Gangsters in die Hände. Dazu gehörte auch die Fußballmannschaft Schachtjor Donezk. Der Stahl- und Kohle-Magnat ließ für die Fußball-Europameisterschaft 2012 auch das Stadion der Stadt renovieren.

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Unter der Regierung von Viktor Janukowitsch, dem korrupten, pro-russischen Präsidenten, der durch die Demonstrationen vom Februar 2014 abgesetzt wurde, florierten Achmetows Geschäfte exponentiell. Der Milliardär ist selbst Mitglied von Janukowitsches Partei der Regionen und war von 2001 bis 2006 Teil des Parlaments. Es wird berichtet, dass er sich die Vetternwirtschaft zu Nutze machte, um seinen Einfluss auf mehrere Abgeordnete der Regierung zu verstärken. Laut  ​Bloomberg half Achmetow 2010 bei der Finanzierung von Janukowitschs Wahlkampf und gewann danach mehrere staatliche Auktionen, wodurch er die Kontrolle über den Großteil des Energiesystems der Ukraine erlangte. So wuchs sein Vermögen innerhalb von einem halben Jahr um 2,3 Milliarden Euro an.

Ukrainische Enthüllungsjournalisten haben Achmetow  ​immer wieder mit der kriminellen Unterwelt und zwielichtigen Hinterzimmer-Deals in Verbindung gebracht. Der Oligarch hat solche Anschuldigungen aber immer verneint und sogar dagegen geklagt. In​ einem Bericht des ukrainischen Innenministeriums aus dem Jahre 1999 bezeichnet man den Milliardär als potenzielles Mitglied eines Verbrechersyndikats. Dieses Syndikat wurde mit Geldwäsche, Finanzbetrug und mehreren Scheinfirmen in Verbindung gebracht. Später merkt man aber an, dass es nicht möglich war, einen direkten Zusammenhang zwischen Achmetow und dem Ring herzustellen. In einem ​2006 aufgetauchten Telegramm nannte John Herbst, der damalige US-Botschafter in der Ukraine, die Partei der Regionen ein „Sammelbecken für Gangster und Oligarchen aus Donezk." Achmetow sei dabei der „Pate" des Clans.

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Nach der Orangenen Revolution von 2004 floh der Oligarch  ​Berichten zufolge von der Ukraine nach Monaco. Er wollte den neu aufgerollten Ermittlungen bezüglich seiner angeblichen Verstrickung in das organisierte Verbrechen und Mordfälle entgehen. Alle Anklagepunkte wurden jedoch wieder fallengelassen und er kehrte zurück.

Seine Rolle im jetzigen Konflikt:
Vor dem Ausbruch der Ukrainekrise war Achmetow der unangefochtene König der Ostukraine. Er hatte in der lukrativen Bergbauindustrie der Region die Fäden in der Hand und dominierte die politische Welt durch seine Verbindungen zu Janukowitschs Partei der Regionen. Da sich seine Komplizen jetzt bedeckt halten müssen oder sich in Russland verstecken und seine Vermittlungsversuche zwischen den Separatisten und der östlichen Regierung gescheitert sind, lebt der Oligarch selbst im Exil in Kiew. Seine Geschäftsinteressen sind bedroht und Freunde in der Hauptstadt sind rar gesät.

Am Anfang der Krise forderte Achmetow „Ruhe" und einen „Kompromiss." Hinter den Kulissen führte er mit den Anführern der Separatisten-Bewegung Verhandlungen, um die Unruhen zu beenden. Das Scheitern der Gespräche auf dem Weg zur Präsidentschaftswahl zwangen den ehemals mächtigsten Mann von Donezk dazu, aus seiner Hochburg zu fliehen. Zusätzlich wurde sein Luxus-Anwesen am Stadtrand von bewaffneten Männern und Separatisten umstellt.

Nachdem er vertrieben wurde, schlug sich der Kohle-Magnat der Ostukraine mit seinem Geld ganz auf Kiews Seite und forderte eine vereinte Ukraine. Er bezichtigte die Separatisten sogar eines „Genozids" im Krisengebiet. Achmetow gab zwar noch sehr viel Geld für mehr als 2000 Tonnen Hilfsmittel für die von den Kämpfen betroffenen Menschen aus, aber seine Finanzierung der ukrainischen Militäroperationen wurden plötzlich eingestellt.

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Die Kritiker nahmen Achmetows Bekenntnis zu einer vereinten Ukraine mit  ​gemischten Gefühlen auf. Einige sagen, dass die halbherzigen Bemühungen des angeschlagenen Oligarchen zur Unterdrückung der Rebellion im besten Falle zu schwach waren und zu spät kamen. Im schlimmsten Fall weisen sie auf ein doppeltes Spiel hin; Achmetow will die Separatisten gegen Kiew ausspielen, um seinen Einfluss auf die neue Regierung zu vergrößern.

Anders als bei Sergey Taruta, Gouverneur der Oblast Donezk und weiterer Oligarch, wurde Achmetows Grundstück von den Rebellen nicht geplündert. Es wurde wohl irgendein Deal ausgehandelt. Die Gerüchte über eine Zusammenarbeit des Milliardärs mit den Rebellen wurden weiter angeheizt, als Pavel Gubarev, der Anführer der Separatisten, in einer  ​russischen Zeitung behauptete, dass Achmetow bei der Finanzierung des Aufstands half. Der Kohle-Tycoon antwortete darauf jedoch, dass er den Rebellen keinen „Cent" gegeben hätte und das ganze eine Hetzkampagne sei.

Achmetows scheinbare Empörung kann vielleicht auch durch seine Geschäftsinvestitionen erklärt werden. Zwar kam der Großteil seines Reichtums durch die Kohle und den Stahl in der Ostukraine zustande, aber er ist auch stark abhängig von seinen lukrativen Eisenerz-Anteilen im Westen des Landes. Wenn sich Achmetow zu sehr auf die Seite von Kiew und der westlichen Verbündeten schlägt, zieht er den Zorn Russlands und der Behörden der sogenannten „Donetsk People's Republic" auf sich. Diese haben vor kurzem damit gedroht, seine Anteile zu verstaatlichen. Wenn er den Separatisten jedoch freie Hand lässt, sind seine geschäftlichen Interessen ebenfalls in Gefahr. Seine Anteile könnten sich dann nämlich letztendlich in einer gesetzlosen und gefährlichen Gegend befinden oder sogar von den mächtigeren und reicheren russischen Oligarchen einverleibt werden.

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Fazit: Achmetow befindet sich auf ganz dünnem Eis.

#489717859 / gettyimages.com

Name: Dmytro Wassylowytsch Firtasch
Geburtsdatum: 2. Mai 1965 in Dnipropetrowsk
Reinvermögen: 392 Millionen Euro**

Werdegang und Geschäftsbeziehungen:
Multimillionär und Gas-Tycoon Dmytro Firtasch besitzt in London, in der Nähe von Harrods, ein Grundstück, ausgestattet mit Schwimmbad und jeder Menge Luxusautos. Der protzige Lebensstil des Oligarchen-der ​laut Berichten auch Beziehungen zu Semion Moglivech pflegt, ein mit Diamanten handelnder, russischer Mafiosi auf der Most Wanted-Liste des FBI; unterscheidet sich allerdings deutlich von seinen Anfängen. In jungen Jahren ging er noch auf ein Eisenbahn-Technikum und lernte, wie man Kohle in einen Kessel schaufelt und eine Dampflok fährt.

Wie die meisten Männer seiner Generation leistete Firtasch danach seinen Wehrdienst ab und fand dann eine Anstellung als Feuerwehrmann. Als die Sowjetunion jedoch zusammenbrach, gab der junge Geschäftsmann seine gefährliche Karriere im Feuer-Business auf und widmete sich den neuen Möglichkeiten als Zwischenhändler.

Vom  ​Hotel Rossija in Moskau aus handelte er mit allen möglichen Dingen, von Bettlaken bis hin zu Trockenobst. Mit 24 machte er ein hunderttausende Euro schweres Geschäft, als er in Usbekistan Trockenmilch und Konserven gegen Baumwolle eintauschte. Doch schon bald mauserte sich der fleißige, junge Geschäftsmann vom einfachen Warenhändler zu einer Schlüsselfigur der länderübergreifenden Erdgasversorgung. Nach der Jahrtausendwende übernahm Firtasch urplötzlich die Leitung des fragwürdigen Unternehmens Eural Trans Gas. Man vermutete, dass es sich dabei um eine Strohfirma des vom Staat kontrollierten, russischen Gas-Riesen Gazprom handelte. Das damals in Ungarn ansässige Unternehmen unterzeichnete bereits 24 Stunden nach Gründung einen Vertrag, der es zum Zwischenhändler des Transports von Erdgas im Wert von knapp 785 Millionen Euro von Turkmenistan in die Ukraine machte.

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In einem Interview mit  ​The Globe and Mail weißt Firtasch auf ein vorheriges Tauschgeschäft mit der Regierung von Turkmenistan hin; ihm wurde Zugang zu Gas gewährt, im Gegenzug erließ er ihnen längst überfällige Mehl- und Öl-Schulden. Es wird jedoch von Vielen vermutet, dass der Oligarch nicht alleine handelte. Er fungierte als Strohmann für den Gangsterboss Semion Moglivech. Dessen Gang wurde schon mit Prostitutionsringen, dem Schmuggel von atomaren Waffen, Geldwäsche und dem Handel von kostbaren Edelsteinen in Verbindung gebracht.

2004 wurde Eural Trans Gas von RosUkrEnergo ersetzt. Dieses Unternehmen wurde bei einem Deal zwischen Lenoid Kutschma, dem damaligen Premierminister der Ukraine, und seinem russischen Gegenpart Wladimir Putin gegründet. Wie schon sein Vorgänger befand sich RosUkrEnergo durch Gazprom quasi halb im Besitz des Kremls und schloss schon bald lukrative Erdgas-Geschäfte ab. Das Unternehmen sicherte sich einen exklusiven Deal und war dadurch der einzige Zwischenhändler beim Transport des Rohstoffs in die Ukraine. Ausgangsland war aber diesmal nicht nur Turkmenistan, sondern auch Russland und weitere Nationen in Zentralasien.

Moskau bestritt mehrmals zu wissen, wer die anderen Hälfte von RosUkrEnergo besitzt. In seiner Hochzeit war das Unternehmen jährlich rund 630 Millionen Euro wert.  ​Nachforschungen brachten allerdings bekannte Gesichter zum Vorschein. Mittels der in Österreich ansässigen, privaten Dachgesellschaft CentraGas Holding befanden sich 50 Prozent des Unternehmens im Besitz von zwei ukrainischen Geschäftsmännern: Dmytro Firtasch (45 Prozent) und Ivan Fursin (5 Prozent).

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2009 wurde RosUkrEnergos Gaslieferungs-Monopol in die Ukraine schlagartig beendet. Die damalige Premierministerin Julija Tymoschenko beendete eine Gaskrise (Russland drehte mitten im Winter den Hahn zu), indem sie zusammen mit Alexei Miller, Gazproms Vorsitzenden in der Ukraine, einen neuen Vertrag schloss. Firtasch wurde als Zwischenhändler nicht mehr berücksichtigt.

Das markierte den Anfang einer erbitterten Rivalität zwischen den beiden Oligarchen. 2011 wurde Tymoschenko unter Janukowytsches pro-russischer Regierung (zu der Firtasch  ​enge B​eziehungen unterhielt) zu 7 Jahren Haft verurteilt, weil sie in den Deal involviert war. Im Westen wurden die Verhandlungen als „politisch motiviert" beschrieben.

Neben seinen zwielichtigen Gasgeschäften besitzt Firtasch auch noch 61 Prozent der Inter Mediengruppe. Der Zuschaueranteil des Fernsehsenders liegt bei 18 Prozent.

Seine Rolle im jetzigen Konflikt:
Nur gut zwei Wochen nach dem Sturz von Janukowytsch wurde der Gas-Oligarch in Österreich aufgrund eines FBI-Haftbefehls festgenommen. Dorthin ist er geflohen, als die pro-russische Regierung zu bröckeln begann. Laut dem US-Justizministerium (DoJ) ist die Anklage im Bezug auf Bestechung und Verschwörung bei einem indischen Titan-Geschäft das Ergebnis einer achtjährigen Ermittlung. ​Die Verhaftung fand kurz vor der illegalen Volksabstimmung zur Abspaltung der Halbinsel Krim statt. Diese Abstimmung veranlasste die USA und die EU dazu, Sanktionen gegen 30 russische und pro-russische Geschäftsmänner zu erlassen. Trotzdem behauptet das DoJ, dass die Festnahme Firtaschs „nichts mit den aktuellen Geschehnissen in der Ukraine zu tun hat."

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Einige Beobachter  ​vermuteten, dass der Fall Firtasch nicht nur eine Warnung an andere Oligarchen sein sollte. Zusätzlich sollen auch die USA Druck auf ihn ausgeübt haben wollen, um so an Insider-Informationen über die undurchsichtigen Finanzgeschäfte von Putins engsten Vertrauten zu gelangen.

Trotzdem war der Oligarch noch nicht am Ende. Er ist mit über 100.000 Angestellten immerhin einer der größten Arbeitgeber der Ukraine. Daran erinnert Firtasch, der auch der Präsident des Arbeitgeberverbands ist, die neue, quasi mittellose Regierung des Landes nur allzu gerne.

Während viele von Firtaschs alten Verbündeten der Partei der Regionen entweder die Ukraine verlassen haben oder sich bedeckt halten, hat der Gas-Magnat schon während der Haft seine politische Loyalität neu ausgerichtet. Laut  ​New York Times bezahlte der russische Oligarch Vasily Anisimov eine Rekord-Kaution von 125 Millionen Euro.

Nur wenige Tage nach seiner Freilassung organisierte Firtasch ein Treffen in einem Wiener Luxushotel. Dabei anwesend waren Petro Poroschenko, der sogenannte Schokoladenkönig der Ukraine, und Vitali Klitschko. Bei diesen nicht öffentlichen Gesprächen half der Oligarch dabei, ein neues politisches Bündnis zwischen Poroschenko und Klitschko zu schaffen. Poroschenko ist inzwischen der ukrainische Präsident und Klitschko der Bürgermeister von Kiew. Firtasch bot auch an, den Wahlkampf der Beiden durch positive Berichte und Beiträge bei seinem Fernsehsender zu unterstützen.

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Die ehemaligen Verbündeten des Gas-Millionärs kommen ebenfalls wieder auf die Beine. Mehrere seiner Freunde haben sich für die anstehende Parlamentswahl für den Oppositionsblock aufstellen lassen. Die Nummer Eins auf der Parteiliste ist dabei niemand geringeres als Firtaschs alter Freund Jurij Bojko, der ehemalige ukrainische Vizepräsident und Vorsitzende des Energiekonzerns Naftogaz.

Fazit: Firtasch ist angeschlagen, aber noch nicht KO.

Name: Ihor Walerijowytsch Kolomojskyj
Geburtsdatum: 16. Februar 1963 in Dnipropetrowsk
Reinvermögen: 1,3 Milliarden Euro*

Werdegang und Geschäftsbeziehungen:
Wegen seiner frappierenden Ähnlichkeit zum Hauptcharakter eines sowjetischen Zeichentrickfilms über einen Zirkuslöwen, wurde dem jüdischen Oligarchen Kolomojskyj der Spitzname Bonifatius gegeben. Dazu ist er noch Mitbegründer und Hauptteilhaber der ukrainischen PrivatBank, die viel in die Ölindustrie investiert hat.

Der Öl- und Bank-Tycoon unterhielt lange Zeit eine Quasi-Privatarmee zur Durchsetzung seiner zwielichtigen Abmachungen und hält in seinem Privatbüro angeblich Haie als Haustiere. Er ist bekannt für seine rauen Geschäftsmethoden. Kurz nach der Jahrtausendwende handelten sich Kolomojskyj und sein Geschäftspartner (und weiterer Mitbegründer der PrivatBank) Gennadiy Bogolyubovden Ruf als Gangster ein.

Schuld daran waren eine Reihe von feindlichen Übernahmen, die den Beiden auch den Spitznamen „The Raiders" einbrachte. Möglich gemacht wurden diese geschäftlichen Schachzüge allerdings nicht nur durch taktisches Kalkül, sondern auch durch körperliche Gewalt. Laut  ​Forbes halfen bezahlte Schläger mit Baseballschlägern, Eisenstangen, Kettensägen und Gummigeschossen dem Oligarchen-Duo bei der Übernahme eines Stahlwerks. Zu den anderen fragwürdigen Methoden des Teams zählen gefälschte Gerichtsbeschlüsse, Bestechung von Richtern und brutales Vorgehen beim Auswechseln von Vorstandsmitgliedern.

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Als sie diese Praktiken auch im Ausland durchsetzen wollten, gab es allerdings Probleme. Während einer Gerichtsverhandlung in London zur einer versuchten feindlichen Übernahme eines Ölkonzerns  ​beschrieb ein britischer Richter Kolomojskyj folgendermaßen: Man sagt, dass er gerne die Kontrolle über andere Unternehmen „mit vorgehaltener Waffe" an sich reisst. Der Richter war auch der Meinung, dass es „guten Grund gibt, an seiner Ehrlichkeit zu zweifeln."

Kolomojskyj war nie wirklich offen politisch, aber in letzter Zeit wurde der Oligarch mit mehreren einflussreichen Personen und Gruppierungen in Verbindung gebracht-darunter  ​„Unsere Ukraine", die Partei von Viktor Juschtschenko, und Julija Tymoschenko, der sogenannten ​Gasprinzessin. Es kamen sogar Gerüchte über eine Beteiligung am Wahlkampf von Vitali Klitschkos Partei UDAR auf. Diese Berichte wurden von der Partei jedoch ​dementiert.

Durch seine Investitionen in Medienunternehmen übt Kolomojskyj weiteren politischen Einfluss aus. Dazu zählt auch die 1+1 Media Group, die über acht ukrainische Fernsehsender verfügt und 11 Prozent Marktanteil besitzt.

Als wäre das noch nicht genug, hat Kolomojskyj  ​zugegeben, drei Pässe zu besitzen und somit das Gesetz zu umgehen, das für Ukrainer eine doppelte Staatsbürgerschaft verbietet. Er ist zugleich israelischer, zypriotischer und ukrainischer Staatsbürger.

Seine Rolle im jetzigen Konflikt:
Kolomojskyj beschreibt sich selbst als ​„eingeschworenen Europäer" und sein Kampf gegen Moskau beschränkt sich nicht nur auf Worte. Mit seiner Privatarmee und der Finanzierung von sogenannten Freiwilligen-Bataillons hat der jüdische Milliardär nicht nur jegliche pro-russische Stimmung in seiner Stadt mit eiserner Faust zerschmettert, er hat auch die Rekrutierung und Bewaffnung von tausenden jungen Patrioten für eine vereinte Ukraine bezahlt. Dazu gehört auch das mindestens 2000 Mann starke ​Bataillon Dnipro.

Der Öl-Oligarch gründete vor Kurzem einen neuen Fernsehsender namens Ukraine Today, um damit der russischen Propaganda entgegenwirken zu können. Zusätzlich setzte er ein  ​Kopfgeld von 10.000 Dollar auf gefangene pro-russische Aktivisten und eine Belohnung von 1500 Dollar für jedes beschlagnahmte AK-47-Sturmgewehr aus. Kolomojskyj hat außerdem angekündigt, einen knapp 2000 Kilometer langen Elektrozaun entlang der ukrainisch-russischen Grenze zu errichten. Dieser Plan muss jedoch erst noch in die Tat umgesetzt werden.

In einem Land, in dem Geld und Politik Hand in Hand gehen, handelt der raubeinige Oligarch wohl kaum aus reiner Nächstenliebe. Die PrivatBank schwächelt bereits  ​seit längerem und das Geld, das vom Internationalen Währungsfond und der Weltbank in die ukrainische Wirtschaft gepumpt wird, kommt ihm dabei gerade recht. Die Kredite sind in der Tat abhängig von der Stabilisierung des Landes und einem Ausbleiben der Einflussnahme Russlands. Durch seine Armee von treuen Gefolgsleuten kann Kolomojskyj auch ziemlich viel Druck auf die Regierung in Kiew ausüben. Die steht sowieso tief in seiner Schuld: Seine Finanzspritzen für die Kriegsbemühungen der Ukraine werden auf sage und schreibe 8 Millionen Euro im Monat geschätzt.

Fazit: Kolomojskyj hat seine neue Berufung als Warlord gefunden.

*Reinvermögen laut der Echtzeit-Milliardärs-Skala von Forbes zum Zeitpunkt, an dem der Artikel geschrieben wurde

**Reinvermögen laut ​Forbes