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Politik

In diesem Video reden Politikerinnen über Sexismus im Bundestag

Sie habe den "schönsten Arsch im Gremium", hörte die eine. Und selbst Beatrix von Storch hat was zum Thema zu sagen.
Screenshot von Facebook

"Alles im Leben dreht sich um Sex, nur nicht der Sex. Der dreht sich um Macht", hat Oscar Wilde mal gesagt. Tatsächlich lässt sich Ähnliches auch über Sexismus sagen. Kein Wunder also, dass sexistische Diskriminierung und Ungleichbehandlung sehr oft da besonders prominent stattfinden, wo mächtige Menschen – größtenteils Männer – arbeiten. Und das trifft neben Hollywood vor allem auf einen Bereich zu: die Politik.

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Übergriffiges Verhalten, zudringliche Sprüche, Angebote, die man lieber nicht ablehnen sollte, wenn einem der eigene Job lieb ist – in den vergangenen Wochen häuften sich Berichte über solche Vorfälle in Washington D.C. oder London. Die Video-Reihe #Ungleichland soll jetzt beweisen: Sexuelle Belästigung und Sexismus gibt es auch im deutschen Bundestag. Die Verantwortlichen des neuen Doku-Formats Docupy haben dazu mit 45 weiblichen Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen über ungewollte Avancen, beleidigende Kommentare und den Wunsch nach Respekt gesprochen. Produziert wird das Format vom WDR und der bildundtonfabrik, die unter anderem für die ZDF-Sendungen Schulz & Böhmermann und Neo Magazin Royale verantwortlich ist. Das Ergebnis ist ebenso deprimierend wie aufschlussreich.

"So hässlich bist du doch gar nicht, dass du in die Politik gehen musstest", erinnert sich Ulla Schmidt von der SPD an ein vermeintliches Kompliment. "Warum hat man Frauen über Jahrtausende unterdrückt? Und dann kommt der Satz: Es hat sich bewährt", schiebt Elisabeth Motschmann von der CDU hinterher. Ein Kommentar, den der ein oder andere männliche Kollege wohl besonders witzig fand. Margit Stumpp von den Grünen durfte sich schon mehrfach anhören, nicht nur "bemerkenswert kompetent" zu sein, sondern auch noch "den schönsten Arsch im Gremium" zu haben. Wenn Linken-Politikerin Katja Kipping spricht, konzentrieren sich ihre Gesprächspartner teilweise lieber auf ihre Ohrringe als auf das, was sie sagt. Was nach stumpfen Anmachen klingt oder eher Sprüchen gleicht, die einem von angetrunkenen Männergruppen auf der Straße hinterhergegrölt werden, sind Aussagen deutscher Politiker.

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Egal ob konservativ oder liberal, Nachwuchspolitikerin oder ehemalige Bundesministerin – die Interviews zeigen, dass es in der Politik anscheinend keine Frau gibt, die nicht weiß, wie sich Ungleichbehandlung anfühlt. Keine, bis auf Beatrix von Storch. "Bei uns können Frauen alles werden und sie werden auch alles. Alles, sogar Bundeskanzlerin", sagt die stellvertretende Bundesvorsitzende der AfD. "Das ist alles möglich und das ist alles gut."

Was sie und andere Sexismus-Relativierer dabei verkennen: Nur weil die Geschlechter in der Theorie gleichgestellt sind, heißt das nicht, dass es nicht trotzdem noch Strukturen in Deutschland gibt, die Diskriminierung und Ungleichheit fördern. Auch wenn sich diskriminierende Kommentare stellenweise als Kompliment tarnen, haben sie nur eine Aufgabe: die Frau kleinzumachen. Ihr zu zeigen: Du bist niemand von uns, deswegen wirst du auch nicht wie einer von uns behandelt. Und nicht zuletzt auch: Wir sind Männer, wir sind kompetent und belastbar, und deswegen teilen wir die wichtigsten Posten auch ganz alleine unter uns auf.

"Wenn eine Frau das Gleiche oder das Gleiche besser gesagt hat, dann werden Sie es nicht erleben, dass sich die Männer auf die Frau beziehen, sondern auf den Mann", erklärt Elisabeth Motschmann und zeigt, wie subtil sich Männer gegenseitig unterstützen. Sei es nun unterbewusst oder mit voller Absicht. Der Effekt bleibt derselbe. Was uns dann auch wieder zu Oscar Wilde bringt. Sex, aber auch Sexismus und sexistische Diskriminierung haben mit Macht zu tun. Mit Machterhalt.

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